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Mit den Augen rollend klettert eben Gerufener gerade vom Dach runter. Einfach nichts darauf erwidern und darauf achten, nicht in den Tot zu stürzen. Seine Hände sind mittlerweile voller  blutiger Risse und Schnitte, doch der Schmerz betäubt seine geschundenen Finger, deren Nägel nacheinander einreißen.

Nächstes Mal Handschuhe mitnehmen. Vielleicht hat ja die kleine Hexe noch ein Paar. Um sie das sofort zu fragen, schwingt er sich durch das offene Fenster und landet keuchend vor den beiden Mädchen im Schlafzimmer. Lyra sieht ihn nur emotionslos an und meint, >> Also als Liebhaber würdest du nichts taugen. So wirst du noch das ganze Haus aufwecken. << Und darauf kann Felina nichts anderes tun, als zu lachen. Schmollend die Arme verschränkend, bleibt er für ein paar wenige Minuten so stehen, bis sie widererwarten zu ihm kommt und ihn küsst. Der Plan und all die schrecklichen Möglichkeiten des Weltuntergangs gehen in diesem einen Kuss unter.

>> Ich werde dich nicht teilen. << Ihr Raunen an seinen Lippen lässt ihn grinsen. Wie von selbst wandern seine Hände ihren Rücken nach unten. >> Was für ein Glück, dass ich nicht vorhabe von dir wegzukommen. <<

Hinter ihnen, wer kann es sich denken? gibt Lyra Würggeräusche von sich. >> Der Plan Leute. Euch gegenseitig besteigen könnt ihr heute Nacht. Hast du es geschafft eine Blüte der Blume an Cora anzubringen, ja oder nein? << Und er nickt nur als Bestätigung. Mit einer Blüte zu schießen ist zwar alles andere als einfach, doch er hat es geschafft das feuerrote Blütenblatt in ihren Haaren zu versenken. Für einen Moment hat Cora ihn angesehen und genickt und so schnell sie konnte die Blüte unter ihre Haare geschoben. Sie sah nicht ängstlich aus, nicht so wie die meisten seiner Ziele. Trotz der kurzen Zeit, die sie einander kennen, hat sie ihn hoffnungsvoll angesehen, ehe sie von Aaron aufgefangen wurde. Nino hatte ihr nur noch kurz zugenickt, ehe sie aus seinem Sichtfeld verschwunden ist. So weit er gesehen hat, geht es ihr gut.

>> Wir finden sie wieder, solange du die Blume nicht verlierst. << Zärtlich küsst er seine Freundin auf die Wange und sieht Lyra ernst an. Ohne zu antworten, holt sie die glänzende Schatulle aus einer der Taschen und öffnet sie. Das strahlende Rot der Blume erleuchtet ihr Gesicht und lässt es beinahe gesund aussehen. >> Ich verliere sie nicht, also mach dir darum keine Sorgen. Esst etwas, ich bin für eine halbe Stunde weg. << Die Hexe drückt Felina die Schatulle in die Hand und schwingt sich zurück in den Sattel und steigt hinauf zu den Wolken.

Dorthin kann sie die beiden nicht mitnehmen. Es wäre einfach zu gefährlich, immerhin geht es um das Wohl von Terrasen und um ihr eigenes. Ihre Freundin damit zu belasten kommt ihr nicht einmal im Traum in Frage. Sie muss davon nichts erfahren. Das Ziel der Gestaltwandlerin soll gleich bleiben. Die Rettung von Cora ist wichtig. Sie trägt Brannons Flamme in sich, ein Überbleibsel von Malas Feuer. Die Götter sind zwar schon lange weg, doch ihre Mächte wirken in den Erben der Helden weiter. Und einen davon wird sie jetzt suchen. Lorcans Sohn Grayson. Er ist mit seiner Familie immer noch in Perranth, er als rechtmäßiger Erbe soll ja immerhin lernen was er zu tun hat, wenn beide nicht mehr da sind.

Und trotzdem ist er genauso nervig wie sein Vater, aber er hört auf sie. Und diese Treue braucht sie jetzt. Das Gefühl, dass sie immer noch alles in der Hand hat, braucht sie jetzt, selbst wenn um sie herum alles zusammenzubrechen droht. Nino und Felina schaffen das schon, auch ohne sie. Versunken in ihren Gedanken bemerkt sie zu spät, dass Blue bereits in den Landeanflug gewechselt hat und hält sich gerade noch fest, als er senkrecht nach unten schießt. Sein amüsiertes Brüllen lässt sie widerwillig lächeln. Wie hundert Mal geprobt, legt sie sich fast auf seinen Hals und zieht die Zügel straffer.

Drei...

Zwei...

Eins...

Galant wie immer kommen sie mit nur zwei weiteren Schritten zum Stehen. Die Wachen, die den Turm bewachen, schockiert das schon gar nicht mehr. In den letzten Monaten hat sie die Lochan Familie öfter besucht, als ihr lieb ist. Mit freundlichem Nicken wird die Prinzessin von Adarlan begrüßt und ihr Wyvern wird in Empfang genommen. >> Der Prinz ist im Moment nicht im Schloss Eure Hoheit. << Natürlich nicht, wieso sollte er auch da sein, wenn sie seine Hilfe braucht? Aber es an den Wächtern auszulassen wäre nicht hilfreich und trotzdem weichen sie einen Schritt zurück, als sie von Blue absteigt und leidgeprüft seufzt. >> Wann wird er wieder hier sein? <<

>> Wen suchst du denn? << Und jeder sagt, sie sei ein Schatten. Dieser Kerl, versteckt sich einfach tagelang vor seiner eigenen Familie und jeder denkt, er ist außer Lande. Eine wirklich nervige Eigenschaft, mit der sie wohl umgehen muss. >> Ich suche dich baldiger Lord von Perranth. << Neugierig klettert er die Zinnen des Turms hinunter um sich vor sie zu stellen. Er überragt sie um einen Kopf und genießt es auf sie herabzusehen. Es erfordert eine Menge Geduld und Zurückhaltung ihm nicht hier und jetzt das Gesicht zu zerkratzen. In seiner Nähe wird sie einfach wahnsinnig.

>> Was brauchst du Prinzessin? Jemanden, der dir beim Tragen hilft? << Als sie nickt, verschwindet sein Grinsen schlagartig aus seinem hübschen Gesicht und er wirkt geschockt. Früher haben sie Phrasen vereinbart wenn etwas passiert ist. Simple Sätze, die niemand anderer versteht, die aber genug Bedeutung haben um sie in Angst und Schrecken zu versetzen. Grayson wendet sich von ihr ab und blickt einem Wachen ins Gesicht. >> Lasst uns alleine, ich will, dass niemand diesen Turm betritt, außer ich erlaube es ausdrücklich. << Die Wache nickt und verschwindet sofort mit drei der Kollegen. Erst als die Tür wieder schwer in ihre Angeln fällt, dreht sich der junge Lord wieder zu ihr um. Sein Gesicht so ernst wie das Jüngste Gericht, doch er wartet darauf, was sie ihm sagt.

>> Es geht um Maeve. Sie hat es geschafft weitere Valg in unserer Welt zu setzen. Sie befallen bereits Menschen. << Frustriert fährt er sich durch die dunklen Strähnen, bis sie zu allen Seiten abstehen und sie ihm bedeutungsschwer in die Augen fallen. Das dunkle Schwarz seiner Haare verbergen seine Augen gänzlich. Wenn man es nicht genau wüsste, würde man ihn für einen Valg halten. Mit so einer Aussage hat sich schon der eine oder andere  eine Tracht Prügel eingehandelt. Sein Hass gegenüber den Valg grenzt beinahe an Wahnsinn, doch deshalb hatte er sich damals ihr angeschlossen und seitdem sind sie ein gutes Team. >> Weiß es Aelin schon? << Lyra schüttelt den Kopf und dreht den Kopf in Richtung Orynth.

>> Sie weiß von den Schwankungen zwischen den Welten, doch dass Maeve noch lebt, hat Hayden ihr nicht erzählt. Er ist gerade auf dem Weg hierher. << Verstehend nickt Grayson und stellt sich neben sie an die Zinnen und lässt den Blick über das Dorf unter ihnen schweifen.

>> Wir sollten auf die Jungs warten. Wie läuft die Rettungsmission? << Grummelnd klaut sie ihm ein Bonbon, das er immer in seiner Tasche hat und steckt es sich in den Mund. >> Schleppend. Aaron will sie nicht hergeben. <<

>> Beeilt euch. Uns läuft die Zeit davon. << Als ob sie das nicht wüsste. Nichts anderes schwirrt ihr im Kopf herum. Es geht nicht nur um Cora. Wenn Aaron Schlimmeres plant, als ihre Kräfte zu benutzen, dann stecken sie alle in Schwierigkeiten.

Die einzige Zeit, wo er etwas Großes vollbringen kann, ist dieser Vollmond und der ist in einer Woche. Ein unglaublich kurzes Zeitfenster. >> Fang ihren Bruder ab und triff dich mit meinem. Wir werden jede Unterstützung brauchen, die wir auftreiben können. << Er gibt ihm drei Briefe mit und verabschiedet sich kurz von ihm, ehe sie den Rückflug antritt. Sie brauchen Zeit, etwas, das sie nicht einfach kaufen können. Denn egal ob Maeve tot ist oder nicht, die Spinnen verfolgen sie so oder so. Sie sind schon auf dem Weg, schon seit einer Weile. Der Höflichkeitsbesuch im Wald ist nur deswegen glimpflich ausgegangen, weil Cora solche Panik hatte. Und das mit dem Dolch ist viel zu einfach gewesen. Was planen sie?

Beinahe hätte sie ihre Freunde übersehen, die ihr schon zuwinken und ihren Namen rufen und so zerrt sie an Blues Zügeln, der beleidigt brüllt. >> Tut mir Leid, Kleiner. << Sie tätschelt seinen Hals und rast im Sinkflug zurück zur Villa des Bastards. Hoffentlich haben sie sich ausgeruht, denn sie werden sofort weiterfliegen, sobald sie etwas gegessen hat. Lyra würde sterben für ein schönes Stück Fleisch. Hoffentlich hat der Fae wenigstens das in seiner gottverdammten Villa. Notdürftig bindet sie Blue an den nächsten Baum und marschiert in die halbwegs gut ausgestattete Küche und macht sich etwas zu Essen. Ein Stück Fleisch über Feuer zu braten ist nicht schwer, aber es dauert zum Glück ihrer Freundin noch ein klein wenig.

Princess of Fire and Darkness ToG FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt