Früh morgens, die Sonne hat den Himmeln noch nicht einmal erobert, steht Cora bereits am Fenster. Hier und jetzt kommen die ersten Hexen an. Auf Besen oder Wyvern. Sie fliegen in absoluter Perfektion. Manon hat ihr auch einmal beigebracht auf einem Besen zu fliegen. Bis jetzt hat sie diese Fähigkeit nicht genutzt. Doch es wird an der Zeit die Hexen zu begrüßen. Mit größter Sorgfalt zieht sie sich eine der Ledermonturen an, die Manon für sie hat anfertigen lassen. Die sind wesentlich bequemer, als all die pompösen Festkleider, die man ihr bei Banketten aufzwingt.Trotzdem kämmt sie ihr Haar und flechtet es zu einem lockeren Zopf zusammen. Auf Schmuck verzichtet sie völlig. Es würde den falschen Eindruck hinterlassen. Einer, der auf Bequemlichkeit hinweist. Also entscheidet sie sich für einen blutroten Mantel und zieht sich die Kapuze tief ins Gesicht. Ein letztes Mal blickt sie in den Spiegel, analysiert was andere in ihr sehen werden.
Goldblonde Strähnen, die aus der Kapuze herausfallen. Eine fast zu bleiche Haut. Dunkelgrüne, müde Augen und ihr ureigenes Feuer, das darin lodert. Sie sieht krank aus. Das sollte sie ändern. Einmal in drei Monaten greift sie nach den Mittelchen ihrer Mum um ihren Wangen wenigstens ein bisschen Farbe zu geben und um die Augenringe loszuwerden, die viele schlaflose Nächte bezeugen.
>> Prinzessin. << Aura bemerkt Cora zuerst und verbeugt sich in höflicher Manier und die zwei Dutzend Hexen machen es ihr nach, Elody direkt hinter ihr. >> Schön dich zu sehen Aura. << Die Hexen nehmen das als Aufforderung sich wieder ihren Tätigkeiten zu widmen und so herrscht bald geschäftiges Treiben. Reiter versorgen ihre Wyvern und die anderen Hexen stellen ihre Besen in den freigeräumten Schuppen. Wohl eher ein kleines Haus, aber Aura will sich nicht beschweren.
>> Danke, dass ihr gekommen seid. << Da sie immer noch keine Anstalten macht sich die Kapuze vom Kopf zu ziehen, übernimmt Aura das. Umso schneller sie das hinter sich bringt, umso eher können sie sich um das eigentliche Problem kümmern. >> Gehen wir ein Stück Prinzessin? << Sie sieht müder aus, als beim letzten Mal. Was gar nicht gut ist. Ihre Augen stumpf, ihre Haltung fast erzwungen gestrafft und ihr ganzer Körper angespannt. Etwas hat sich verändert und deshalb packt sie das junge Mädchen an der Schulter und zwingt sie beinahe mit ihr mitzugehen. Erst nachdem sie das provisorische Hexenlager verlassen haben und sie ihrer Zweiten befohlen hat auf Elody aufzupassen, entspannt sich das blonde Mädchen ein Wenig. >> Ist es so offensichtlich? << Sie steuern einen der Gärten an, dessen Rosen besprenkelt sind mit den Tropfen des nächtlichen Regens. Und genau vor einem Rosenstock, dessen Blüten in einem satten Violett erstrahlen, bleibt sie stehen. >> Ja, es ist sehr offensichtlich Cora. Wieso tun die anderen nichts dagegen? << Aura betrachtet eine Blume, dessen Stängel mehr Dornen hat, als die anderen und fährt ihre Eisennägel aus. Keine zwei Sekunden ist die Blume ab und sie hält sie Cora hin. Eine Weile sieht die Prinzessin die Blüte einfach nur an und sie hätte schwören können, dass ein sanftes Lächeln um ihre Lippen spielt, doch dann ist es wieder weg.
>> Danke. << Sie befreit den Stängel nicht von den spitzen Dornen als sie ihn einfach in ihr Haar schiebt, direkt über ihrem Ohr. Ein kleines Rinnsal Blut läuft über ihre Schläfe, doch sie ignoriert das geflissentlich. >> Sie tun nichts dagegen, weil sie selbst genügend Probleme haben. Nino ist weg, Aaron ist weg. Die Valg sind wieder da und von Maeve will ich gar nicht erst anfangen. << Müde seufzend, reibt sie sich die Augen und verschmiert das Mittelchen, was ihre schwarzen Augenringe deutlich zum Vorschein bringen. >> Sich um mich auch noch zu kümmern wäre eine Zumutung, auch wenn Felina es versucht, aber... << Cora schüttelt den Kopf und streicht geistesabwesend über eine noch geschlossene Knospe zwischen vielen bereits geöffneten Blüten.
>> Sie hat es gestern versucht und ist zusammengebrochen. Ich kann ihnen das nicht erneut aufbürden, also erzähl niemandem davon. << Das ist ein Befehl und deshalb nickt Aura verstehend. Niemand wird etwas von ihr erfahren, auch Lyra nicht. Sie gehört zwar zu ihren Hexen, doch ihre anfängliche Heimat bleibt Terrasen. Und somit ist sie auch Cora und Aelin treu ergeben. >> Ich verrate niemandem etwas. Wenn du willst, können wir öfter spazieren gehen. << Und wieder ein Nicken. Für eine ganze Weile ist jede von ihnen still. Aura überlegt wie sie ihren Zustand am besten nutzen kann. Sie ist nicht gebrochen oder bereits innerlich tot. Dieses Mädchen erleidet einen Verlust, den normale Menschen nicht einmal im Geringsten verstehen. >> Wenn ihr etwas braucht, wendet euch direkt an mich. Wir werden am späten Abend abreisen, damit ihr euch noch ausruhen könnt. << Aura verbeugt sich vor der Prinzessin, die diese Geste nur mit einer hochgezogenen Augenbraue kommentiert, was die Hexe nur grinsen lässt. Damit aufzuhören kommt nicht in Frage. Ihr gebührt der Respekt, auch wenn sie ihn nicht will. Sie wird Vorbereitungen treffen müssen, ihre Hexen informieren und sich ausruhen. Ob dafür genügend Zeit bleibt ist fraglich.
>> Guten Morgen. << Mit einem sanften Lächeln begrüßt Cora ihre Köchin Molli, die bereits in regem Treiben das Frühstück für alle vorbereitet. Und trotzdem schenkt sie ihr ein warmes Lächeln und setzt sofort Tee für sie auf. >> Konntest du wenigstens ein paar Stunden schlafen Prinzessin? <<
>> Drei, wenn ich genau gerechnet habe. << In trägen Bewegungen, die sie sich nur hier leisten kann, lässt sie sich auf einen abgewetzten Hocker fallen und wartet auf das vertraute Zischen des Teekessels. Dazu kommt eine Schüssel Haferbrei mit Schokoladenraspeln und Apfelstücken. All das verfeinert mit einer Prise Zimt. >> Danke Molli. << Erst nach den ersten fünf Löffeln und ein paar Schlucken ihres Ingwertees meldet sich Molli zu Wort. Mit dem Holzlöffel auf ihre Schulter klopfend, sieht sie ihr in die Augen. >> Du musst mehr schlafen Kind. Das ist nicht gesund für Mädchen in deinem Alter, ihr wachst ja noch und in wenigen Jahren ist der Übergang in die Unsterblichkeit. << Ja, das weiß sie. Wenn sie vorher nicht stirbt, wird sie noch mehrere hundert Jahre leben und Felina irgendwann begraben müssen, während sie noch ewig weiterlebt. >> Ich weiß Molli, ich weiß. Ist nur gerade mehr als kompliziert. <<
Ohne wirklich etwas zu schmecken, schaufelt sie sich den Rest ihres heißen Haferbreis in den Mund und spült den Rest mit dem lauwarmen Tee hinunter. Immerhin muss sie sich noch umziehen für die offizielle Begrüßung. >> Ach Kindchen, deine Mutter hat auch immer gesagt, dass es furchtbar kompliziert ist, was sie tut. << Was es auch ist. Zumindest die meisten Angelegenheiten ihrer Mum sind unglaublich kompliziert. Sie hat die Kunst alles zu verkomplizieren verfeinert und das ist wohl auf sie übergegangen. Und trotzdem schenkt sie ihr ein kleines Lächeln als sie aufsteht.
>> Danke fürs Frühstück Molli, ich muss los. << Kurz umarmt sie die Köchin, die sie liebevoll an ihre Brust drückt. Als Kind wollte sie hier gar nicht mehr weg. Diese Frau hört einfach nur zu und gibt Ratschläge, aber sie verurteilt einen nicht. Und das brauchen adelige Kinder wohl am meisten. >> Gern Kindchen. <<
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Princess of Fire and Darkness ToG FF
FantasiAelin rettete die Welt, sorgte für Frieden und Wohlstand und auch ihre Tochter wuchs behütet mit Lysandras und Manons Tochter auf. Doch die tiefen Schatten der Nacht hatten ihre Haustiere entlassen und sie wollen spielen und sie fürchten nur die Erb...