05| C A M E R O N

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Ich fuhr gegen Abend zurück zum Campus und parkte mein Auto auf dem Parkplatz hinter meinem Hochhaus. Aber anstatt in meine Wohnung zu gehen, ging ich in Richtung der Wohnheime und steuerte das von Hailee und Audrey an. Ich zog die Tür auf, da es noch nicht spät genug war, dass sie für Außenstehende geschlossen wurde und ich stiefelte die Stufen nach oben. Ich klopfte gegen die Tür und Hailee öffnete mir mit wilden Dutt auf dem Kopf einer Leggings und einem Tanktop. „Hey", sie war überrascht. „Hey ich bin eben nach Hause gekommen und da ist mir eingefallen, dass du einen Wäschenotfall hast", erinnerte ich mit einem schiefen Grinsen. „Ja aber doch nicht heute. Die Wäsche kann bis morgen warten", erklärte sie doch ich schüttelte den Kopf. „Nein Quatsch ich wäre nicht hier, wenn ich nicht hier sein wollte. Alles ist okay Hales", sie trat ein Stück zur Seite und ließ mich herein. Audrey kam mit nassen Haaren und Jogginganzug aus dem Bad. „Oh hoher Besuch", sie lächelte, aber auch in ihren Augen saß ich diesen Blick. Den die Menschen haben, die wissen, dass mein Tod ist. Es ist schwer richtig zu reagieren für Menschen die es nicht betrifft, das verstehe ich gut. Mittlerweile verstehe ich es, aber damals waren diese Blicke beinahe unerträglich.

„Ich bin hier um euren Haushalt zu retten", sagte ich und Audrey wirkte erleichtert. „Gott sei Dank" sie flitzte wieder ins Badezimmer und kam mit zwei Wäschekörben zurück. Einer gehörte wohl Hailee und gemeinsam gingen wir nach unten in den Wäschekeller. Ich erklärte den Damen die Waschmaschine und den Trockner und sie begannen bereits die Wäsche zu sortieren, wobei ich natürlich weg sah, als Unterwäsche ins Spiel kam. Wir saßen zusammen in der Sitzecke im Wäschekeller und unterhielten uns über Gott und die Welt. Es war so entspannend hier zu sein und da sah Audrey auf ihr Handy und verzog das Gesicht. „Alles okay?", fragte Hailee besorgt und ihre beste Freundin wirkte verunsichert. Beinahe panisch wurde ihr Blick, als Hailee sie ansprach. „Ja nur ein nerviger Typ" und stand auf, „ich bin sofort wieder da", sagte sie und verschwand die Treppe nach oben. Hailee sah ihr nach. „Manchmal verhält sie sich wirklich komisch", Hailees Schultern sackten nach unten. „Sie wird schon zu dir kommen, wenn sie drüber reden möchte", merkte ich an und nun lag ihr Blick auf mir. „So wie du auf Jess wartest?", er widert sie und ich zuckte mit den Schultern. „Denke nicht. Wer weiß was in seinem Kopf vor sich geht, aber ich höre mir das nicht mehr an. Soll er reden und ich werde ihm aus dem Weg gehen. Und dann am Ende des Semesters mir wieder einen Wohnheimplatz suchen oder eine neue WG", ich leckte mir über die Unterlippe. Sie griff nach meiner Hand. „Es tut mir leid. Seine Laune ist wirklich unerträglich und du hast das nicht verdient". „Du genauso wenig Hales", erwiderte ich nur und wir beide starrten einander in die Augen. Keiner sah weg, es war wie einem eingefrorenen Moment. Es waren kräftige Blicke mit Emotionen die unterschiedlicher in sein konnten. Es war Selbstmitleid, Besorgnis, Wut aber auch Verständnis. Wir verstanden einander und diese verwirrenden Gefühle, die im Raum standen. Die Wut gegen über Jess, das Mitleid dass gegen sich richtet, da sich machtlos fühlt, die Besorgnis dass es dem jeweils anderen gut geht, aber auch das Verständnis, dass wir einander das lautlos kommunizieren konnten. Und für eine seltene Sekunde war Jess aus meinem Kopf verschwunden. Es gab hier nur Hailee und mich, die meine Hand hielt und ich ein Ziehen in meinem Bauch fühlte, was vorher nie da gewesen ist. Obwohl es gab ein Gefühl im Bauch, seitdem sie hier auf dem Campus ist. Seitdem wir zusammen arbeiten und sie scheu wird wenn ich mich umziehe im Mitarbeiterraum, wenn wir gemeinsam etwas unternahmen, da war es auch da gewesen. Ein flaues Gefühl in der Magengegend, aber jetzt war da ein kräftiges Ziehen. Einnehmend und stark. Waren wir näher zueinander gerutscht? War sie die ganze Zeit schon mir so nahe gewesen? Ich kann mich nicht erinnern. Aber sie war da, dicht vor mir. Ich nahm ihren Augenaufschlag deutlicher war, ihren Duft der mir in der Nase schwebte. Ihr warmer Atem, der mein Gesicht striff. Sie öffnete leicht ihre Lippen und ich glaubte etwas würde sich anbahnen, doch da kehrte Audrey zurück.

„Hallo", sie scannte die Situation und ich musste husten. Ich hatte mich an meiner eigenen Spucke verschluckt und musste aufstehen, „störe ich?", fragte sie beinahe süffisant. „Nein wieso?", das war Hailee die sich an die Waschmaschinen zurückgezogen hat und den Timer begutachtete. „Ja na dann", Audrey klopfte mir auf den Rücken und ich versuchte mich zu beruhigen.

Nachdem die Wäsche gewaschen war und die Mädels sie nun in ihrem Badezimmer aufhängen wollten, zumindest den Teil der Wäsche den sie nicht in den Trockner gestopft hatten, ging ich nun auch wieder nach Hause. Hatte das wirklich stattgefunden? Gab es diesen lodernden Blick zwischen mir und Hailee? Hat sich da wirklich irgendwie ein Kuss angebahnt? Zwischen mir und Hailee. Hailee und mir. Jess kleine Schwester. Das Mädchen mit dem ich aufgewachsen bin. Die Stiefschwester meines besten Freundes. Ich muss mir das eingebildet haben, ich muss mir ihre Blicke eingebildet haben. 

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