Die Chroniken der Gilde (2/3)

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Akt 2: Verbesserung des Betriebsklimas

Sonntag
1. November
Am gleichen Ort

Gesagt, getan: Kaum war der nächste Morgen angebrochen und der Happy Reformationstag offiziell vorbei, machte Steinbeck sich auf den Weg, um mit Hawthorne zu reden.

Er fand ihn in seinem Zimmer, anders als alle anderen Gildenmitglieder, die sich am Vortag noch mit Messewein besoffen hatten und nun komatös im Gemeinschaftsraum schliefen. Alle außer Margaret, die lag wirklich im Koma. Außerdem hatte Mark Twain das Weihwasser geraucht, aber darüber musste man sich nun wirklich keine Gedanken mehr machen.

Hawthorne war gerade damit beschäftigt, seinen Bleistift zu spitzen und war demnach schockiert, als sein Raum einfach so betreten wurde, weil er den Müll noch nicht weggeräumt hatte, aber der junge Bauer störte sich nicht daran.

„Nathaniel, ich finde, wir sollten reden", fing er mit erstem Blick an und setzte sich neben Hawthorne auf seine Jesus-is-with-you-Bettdecke. Der Priester sagte zunächst nichts, er war noch vollkommen sprachlos.

„Ich weiß, ich weiß, du machst hier auch nur deinen Job und ich finde es wirklich gut, dass du mit so viel Überzeugung dabei bist", hob Steinbeck nun nach einem Moment peinlicher Stille an. Hawthorne packte seinen Stift zurück ins Federmäppchen. „Aber... ich bin mir einfach nicht sicher, ob du auch alle Kollegen gleich behandelst, weißt du", versuchte der Bauer derweil sein Problem auf den Punkt zu bringen, „Wie du weißt, ist Howard mein bester Kumpelfreund. Wir sind nicht zusammen. Aber jetzt, wo du den Boden des Gemeinschaftsraumes geheilt hast, kann er ihn nicht mehr betreten. Er kann nicht mehr in sein Schlafzimmer."

Bei diesen Worten warf er einen thetralischen Blick aus dem Fenster, von dem aus man einen guten Blick auf Lovecraft hatte, der vor der Tür eingerollt in eine warme Flauschdecke mit Traubenmotiven in Fötusstellung vor sich hindöste.

„Außerdem kann er zukünftig dann wohl nicht mehr an unseren gemeinsamen Brettspielabenden teilnehmen, und ich finde, dass ist sowohl für uns als auch für ihn ein großer Verlust."

Nun doch in Erwartung einer Antwort wandte Steinbeck den Kopf wieder herum.

Hawthorne zuckte mit den Schultern.

„Nun, ich denke, du bist dir im Klaren darüber, was Lovecraft für eine Kreatur ist", meinte er als Gegenargument und rieb fanatisch seinen Kreuzanhänger, „Dass du dich mit einem solchen Monster anfreundest, klingt mir ziemlich stark nach deinem Problem. Und außerdem habe ich schon seit drei Jahren einen Petition am Laufen, unsere Brettspielabende durch ein feierliches Abendmahl zu ersetzten." Er unterstrich seine Worte mit einem Nicken.

„Aber er ist mein allerbester, unromantischer Freund!" Steinbeck standen die Tränen in den Augen. „Würdest du ihn näher kennen, dann würdest du auch so denken! Du verachtest Howard für das, was er ist, ohne zu wissen, wer er ist!"

Obwohl Hawthorne sich mit allen Gliedmaßen, die ihm zur Verfügung standen – was leider weniger waren als bei Lovecraft – dagegen gewehrt hatte, stimmte Gildenführer Fitzgerald Steinbeck in diesem Punkt zu. Die zusammengewürfelte Argumentation „Wir müssen das Betriebsklima verbessern" überzeugte zwar nur halb, aber dennoch ließ er sich nicht davon abhalten, Hawthorne und Lovecraft ein gemeinsam sportliches Event zu sponsern: Minigolf.

Zwar waren auf dem Platz offiziell keine göttlichen Wesen erlaubt, aber Fitzgerald hatte kurzerhand die Anlage gekauft und die Regel abgeschafft. Jetzt musste leider Geld gespart werden.

Das Golfen an sich stellte sich interessant heraus, zumindest so lange, bis Lovecraft entdeckte, dass es in keinen Regeln verboten war, den Ball mit Tentakeln ins Ziel zu legen. So meisterte er jede Bahn mit einem Schlag und wurde nur noch von Hawthorne überholt, weil dieser sich ab der Hälfte weigerte, weiterzuspielen und für die restlichen Bahnen null Punkte eingetragen bekam. Lovecraft war der Meinung, dass sei ein faires, schönes Minigolf gewesen.

Nicht schön aber seltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt