Kapitel 2

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Da waren Empfindungen.
Er sah nichts, er hörte nichts, aber er konnte spüren.
Er spürte Vibrierungen und Bewegungen, die wie Wellen auf ihn trafen.
Er spürte ein lautes stetiges Klopfen.
Es beruhigte ihn.

Wie viel Zeit verging konnte er nicht sagen, aber plötzlich begann er etwas zu hören.
Es war alles sehr undeutlich.
Mal schienen die Geräusche von weit entfernt zu kommen, mal konnte er sie in jeder Zelle spüren, so nah waren sie. Langsam begann er Muster zu erkennen.
Das laute Geräusch war das einer Stimme.
Weiblich wenn er es richtig zugeordnete.
Wenn er sich konzentrierte, konnte er auch aus den weiter entfernten Tönen Stimmen heraushören.
Immer öfter erkannte er welche wieder.

Er hatte auch begonnen zu sehen.
Es war dunkel um ihn herum, aber seine empfindsamen Sinne nahmen jeden kleinsten strahlen Licht war, der zu ihm drang.
Sein Verstand begann auch wieder zu arbeiten.
Dem was er seiner Umgebung entnehmen konnte, befand er sich an einem seltsamen, engen Ort.
Dann kamen seine Erinnerungen zurück.

Wieso war er nicht tot?
Als überzeugter Atheist war er sich sicher gewesen, dass danach nichts mehr kam!
Wo war er hier nur?
Gedanklich verglich er die Informationen die er hatte mit seinen Erinnerungen.
Da wurde es ihm klar.
Er war wieder ein Baby!
Und noch dazu noch nicht einmal geboren.
Was bedeutete, dass er sich gerade im Bauch einer Frau befand.
In einem anderen Menschen!

Alex brauchte erst einmal eine Weile um das zu verdauen.
Dann entschloss er sich dazu noch mehr Informationen zu sammeln.
Die Stimmen waren zu undeutlich um ihnen Worte zu entnehmen, aber von den anderen Geräuschen aus der Außenwelt erschloss er sich, dass sie sich wohl in einer Stadt befinden mussten.

Sein Zeitgefühl wurde auch wieder besser.
Wenn das Herz langsam und ruhig schlug und es um ihn herum still wurde, war es Nacht.
Dann ruhte auch er sich aus.
Untertags lauschte er allem was geschah und versuchte sich so viele Eindrücke von draußen wie möglich zu verschaffen.
So verflog die Zeit.

Eines Tages fühlte er den starken Wunsch sich zu drehen.
Zuvor hatte er sich nie wirklich bewegt, aus Angst seiner neuen Mutter wehzutun, doch jetzt war das Bedürfnis so übermächtig, dass er ihm letztendlich nachgeben musste.
Wie er dann dort war, mit dem Köpfchen nach unten wurde ihm bewusst, dass wohl bald seine Geburt Anstand.
Er sollte Recht behalten.

Sein neuer Name war Felix Ried.
Seine Mutter Stefanie Ried und sein Vater Adam Ried waren beide noch relativ jung und erst seit knapp zwei Jahren verheiratet.
Sie wohnten in einer Wohnung in Augsburg, einer Stadt in Deutschland. Felix freute sich auf sein neues Leben.
In seinem Kinderwagen würde er sich das erste Mal seit vielen Jahren frei bewegen können.
Er würde keine Angst haben müssen erkannt zu werden.
Niemand der seine Worte und die kleinsten Veränderungen in Mimik und Gestik überinterpretieren und seine Taten im Internet die kleinsten Bestandteile zerlegen und ermitteln könnte.
Keiner würde mehr irgendwelche Erwartungen an ihn haben und allein würde er ja auch nicht mehr sein.

Seine neue Familie war wie ein Traum.

Ein ganz normaler Alltag, wenn auch als Baby.
An diesen großen Verlust von Selbstständigkeit musste er sich auch erstmal gewöhnen.
Sein neuer Körper war schwer und seine Muskeln schwach.
Seine Blase zu kontrollieren war so gut wie unmöglich und als er das erste Mal in die Windel machte, wäre er vor Scham am liebsten im Boden versunken.
Aber er weinte nicht.
Er hatte seiner Meinung nach in seinem letzten Leben schon genug Tränen vergossen.

Felix fand eh, dass er das friedlichste Baby in der Geschichte sein musste.
Er schrie nie und war immer kooperativ.
Er wollte es seinen Eltern nicht unnötig schwer machen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 08, 2021 ⏰

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