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Ihr rasender Herzschlag verrät sie, doch Rhys wird nichts sagen. Sie kann reinkommen, wann auch immer sie sich bereit dazu fühlt.

Der Mensch fühlt sich als erstes fähig sich aufzurichten und ihn anzusehen. >> Ist sie gefährlich? Du als Fae kannst sie besser einschätzen, als ich. << Und trotzdem erlaubt er sich ein Urteil. Das kann Rhys weder an den Fae, noch an den Menschen leiden. Alle meinen, sie müssen sich über jeden ein Urteil bilden, ohne zu wissen, was in ihnen vorgeht. Das hat schon viele Freunde zu Feinden werden lassen. >> Nein ist sie nicht! << Diesmal ist es nicht Lyra, die ihrer Freundin zu Hilfe eilt, sondern Felina selbst. Aus ihrer Starre herausgerissen, stellt sie sich vor Nino, legt ihm eine Hand an die Wange und zwingt ihn sie anzusehen. Tränen schimmern in ihren Augen, als sie sanft über seine Haut streicht. >> Du kennst sie nicht so wie ich Nino. Sie... sie würde für jeden von uns sterben, sich auslöschen, damit wir sicher sind. << Felina legt seine Hand auf ihren Bauch und alle sehen weg, um ihnen wenigstens den Anschein von Privatsphäre zu gönnen. Doch ihr Schniefen gibt genug preis um zu wissen, dass sie weiter aus dem Fenster starren sollten. >> Cora hat unser Baby gerettet, also bitte hör auf sie dafür fertig zu machen. <<

Seine angespannte Miene lockert sich ein wenig und auch er beginnt damit über ihre Wange zu streichen. Ihm ist nur zu sehr bewusst, dass alle anderen genau mithören, was er noch zu sagen hat. Und auch wenn er ihr gerne sagen würde, dass sie wirklich gefährlich ist, bringt er es nicht über sich. Vielleicht hat sie Recht. Möglicherweise hat sie immer zehn Waffen bei sich, die sie auf dem Rückweg eingesammelt haben. Aber seine wenige Erfahrung reicht aus um ihn unruhig zu machen. Die ganze Nacht über rauft er sich seine Haare und sieht Felina beim Schlafen, Essen und Baden zu. Sie ist genauso kaputt wie die anderen. Doch sie ist schwanger, mit seinem Baby und das lässt ihn noch vorsichtiger werden, als er ohnehin wäre. >> Bist du dir sicher? << Es kostet ihn alles seine Stimme ruhig klingen zu lassen, als er ihr eine Träne von der Wange wischt und diese Stelle sanft mit seinen Lippen berührt. >> Ja Nino, also bitte schrei sie jetzt nicht an, ok? << Wie... jetzt? Aber sie ist doch gar nicht hier. Zur Sicherheit sieht er sich noch einmal um und dann geht die Tür auf und Cora tritt ein, würdigt ihn keines Blickes, sondern steuert direkt auf Rhys zu, dem sie die Arme um die Taille schlingt und sich eng an ihn drückt. Nino wagt es nur eine Augenbraue zu heben, doch selbst das tadelt Felina mit einem Stoß in die Rippen.

>> Alles gut? << Rhys mustert ihre nackten Arme und fragt sich, wo ihre Uniform geblieben ist. Doch dann sieht er einen braunen Haufen neben der Tür liegen und spart sich diese Frage. Viel mehr interessieren ihn die Schürfwunden an ihren Beinen. Feyre, Darling, hol mir bitte ein paar Verbände und bring Az mit. Sie wird sich sicher freuen ihn wiederzusehen.

Ich suche ihn schon. Lass sie einfach nicht los.

Niemals.

Immerhin hat er selbst eine Tochter. Eine, die er immer beschützen würde. Sie und ihr Bruder sind seit gestern am Sommerhof, beschützt von alten Freunden. Er will sie hier definitiv nicht haben.

>> Hast du Hunger, Kleine? << Sein leises Flüstern scheint bei ihr nicht anzukommen. Ihre Arme umklammern seinen Oberkörper nur noch fester, doch es hält ihren Körper nicht davon ab zu zittern. Es wäre besser, sie holen Aaron da schnell wieder raus. >> Az bringt dir sicher etwas zu Essen mit. <<

Macht noch einen Abstecher in die Küche.

Sind gerade dort Rhys. Ich dachte mir schon, dass sie vielleicht etwas essen will. Man muss Az fast zwingen nicht sofort raufzulaufen.

Lass ihn.

Sanft streicht Rhysand ihr weiter über den Rücken und küsst ihre Stirn. Ihm ist bewusst, dass er es nicht sollte, aber weder Aaron noch ihre Eltern sind in diesem Haus. Erstere sind in einer anderen Welt. Da darf er das wohl, besonders, da er es verstehen kann. Er kennt diesen zerreißenden Schmerz und die alles verzehrende Leere, die immer mehr wird. Diese Dinge haben ihn fünfzig Jahre verfolgt. >> Ich habe ein Buch bekommen. << Leise flüsternd löst sie sich etwas von ihm und zeigt ihm das kleine Paket, das sie unter ihrem Hemd hervorholt. Funkelnd wie tausend Sterne leuchtet das seidige Papier, als sie es dreht und langsam beginnt auszupacken. Nichts reißt, sie macht es absolut vorsichtig und dann zeigt sie es ihm. Sternenfeuer prangt auf dem abgewetzten Ledereinband. Ihm kommt dieser Band sehr bekannt vor.

Sein Blick schweift zu den anderen, die ruhig zuhören. Sie haben nicht vor sich einzumischen.

>> Von wem? << Langsam nickend, streicht sie sich eine Strähne aus dem Gesicht, verklebt mit Dreck und Regenwasser. Blond ist sie schon lange nicht mehr. >> Von Phillip, dem Bibliothekar. << Ah, daher kennt er dieses Buch. Für gewöhnlich fügt er es dem Sortiment zu um die Weihnachtszeit. Eine Geschichte von Liebe, Hass und Freundschaft. Wie aus Feinden Freunde werden können. Rhys hat es gelesen, mehr als einmal und auch seine Tochter hat es gelesen. Ihn wundert es manchmal wie passend solche Geschichten manchmal sind. Wie perfekt sie das Leben einer realen Person wiedergeben können. >> Sehr nett von ihm. << Az kommt gerade hoch und sein Blick verfinstert sich, als er sieht in welchem Zustand sie sich befindet und dieser richtet sich auf ihre Freunde, doch als er bei Rhys ankommt, deutet der High Lord ihm ruhig zu bleiben. Bemüht tief durchatmend macht er sich langsam bemerkbar, verstärkt seine Schritte, sodass sie zu hören sind. Cora dreht sich zu ihm um und lächelt. Vorsichtig legt sie das Buch auf einen Couchtisch und umarmt auch den Schattensänger.

>> Wie lange wollt ihr hier noch stehen und zusehen? << Aura beobachtet sie schon eine Weile. Die ganze Gruppe mit ihren beiden Freundinnen, dem Menschen und die drei Illyrianern. Feyre sitzt bei Cora und redet leise mit ihr, eigentlich redet nur sie. Cora hört nur zu. Sie ist nicht mehr so angespannt. Es scheint, als hätte sie ihre Impulsivität, ihr Feuer, fast komplett gelöscht. Nicht gut.

Felina seufzt und dreht sich zu Aura um. Die Lady wirkt müde. Sofort fällt der Blick der Hexe auf ihren Bauch und sie hört das Leben darin. Spürt die aufkommende Magie. Dem Baby geht es gut. >> Was sollen wir sonst tun? <<

>> Redet mit ihr. Tut nicht so, als wäre all das nicht passiert, sondern, als wäre sie noch da. Als wäre das nicht alles eine Farce, sondern Ernst. << Es ist nötig, dass sie es verstehen. Sie müssen es verstehen. Dringend.

Bestimmt geht sie näher an die Lady heran, ignoriert den stechenden Blick ihres Partners und bleibt Zentimeter vor ihr stehen. Der heiße Atem der Gestaltwandlerin trifft auf ihren Hals, als sie auf die Kleinere herabblickt.

>> Versteht wer sie ist und urteilt nicht nach der Fassade, die sie aufgebaut hat. Ihr kennt sie, also behandelt sie wie eure Freundin und nicht wie ein fragiles Püppchen. << In Rage geraten faucht sie die letzten Worte nur noch in die Luft zwischen ihnen und beobachtet amüsiert wie eine jagende Katze wie sie zurückweicht und gegen Nino prallt.

Sie sollten es verstanden haben. Aura blickt zu Lyra und erhält ein Nicken. Ihr Auftrag ist erledigt. Zeit für ihre etwas... andere Mission. Mit einer kurzen Verbeugung verabschiedet sie sich von ihrer Prinzessin und macht sich auf dem Weg zu ihren Hexen. 

Princess of Fire and Darkness ToG FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt