Love at first sight

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"Gehst du morgen zu der Zeremonie der Wintersonnenwende im Palast? Ich habe gehört, dass jeder eingeladen ist, der kommen möchte." Maer sah mich erwartungsvoll an während wir durch die Straßen liefen.
Es herrschte reger Betrieb. Jeder bereitete sich oder seine Waren auf den morgigen Tag vor. Natürlich wusste ich, dass jeder eingeladen war, doch anders als die meisten teilte ich die Euphorie das Königshaus betreffend nicht.
"Du wirst gehen.", antwortete ich meiner besten Freundin daher ausweichend. Für sie gab es nichts spannenderes. Sie war total verknallt in den Kronprinzen Thor, würde es aber niemals zugeben.
"Natürlich. Und du solltest auch mal unter Leute kommen mein Freund." Ich schüttelte den Kopf.
"Du weißt wie sehr ich die Ruhe und Einsamkeit schätze. Ein stilles Plätzchen und ein gutes Buch sind wir mehr wert als Massen von geifernden Asen." Niemals würde ich mich freiwillig auf ein solches Fest begeben.
"Ach komm schon Carr, so schlimm ist es nicht." Sie knuffte mir mit ihrem Ellbogen in die Seite und schenkte mir ein provokantes Lächeln. "Vielleicht findest du dann auch endlich mal eine Freundin."
Ich verzog das Gesicht. Maer wusste es nicht. Vermutlich wusste es niemand.
"Du weist doch, dass mich dieses Thema nicht interessiert."
"Jaja, du willst als ewige Jungfrau sterben." Mit offenem Mund starrte ich das so unschuldig wirkende Mädchen an.
"Was denn?"
"Das stimmt nicht."
"Dann beweis mir das Gegenteil."
Wir waren stehen geblieben und Maer stemmte ihre Hände in die Hüfte.
"Ich wette du schaffst es nicht morgen auf dem Fest jemanden anzusprechen und auf ein Essen einzuladen."
"Wetten doch?", ging ich auf ihre Provokation ein.
"Das werden wir noch sehen. Morgen Nachmittag. Sei pünktlich und zieh dir was Vernünftiges an." Ich nickte zustimmend und auf ihrem Gesicht erschien ein siegessicheres Grinsen. Dann raffte sie ihren Rock und stolzierte davon.
"Wir sehen uns dann!", rief sie mir noch zu bevor sie um eine Ecke bog und ich sie aus den Augen verlor.
Auf was hatte ich mich da nur eingelassen.

Unschlüssig stand ich vor meinem Spiegel und sah an mir auf und ab. Ich hatte mich für ein weites weißes Hemd entschieden, dass vorne durch einige Schleifen geschlossen war. Dazu Trug ich eine braune wollene Hose. Diese Entscheidung war mir nicht schwer gefallen.
Schwierig wurde es bei den beiden Westen die ich in den Händen hielt.
Die eine war rot und aus einem wunderbar weichen Stoff. Schon ewig hatte ich sie nicht getragen. gab es doch keinen Anlass dafür.
Die andere war braun grün und hatte meinen Vater gehört. Sie war nicht wirklich geeignet für ein solch großes Fest, aber ich fühlte mich immer wohl darin.
"Carr!", hörte ich Maers Stimme von draußen rufen. "Beeil dich, sonst kommen wir zu spät!"
Ein letztes Mal betrachtete ich beide Stücke und entschied mich für das Erbstück.
"Carr!" Maer klang äußerst ungeduldig.
"Ich komme!", antwortete ich also schnell und schloss die Messingknöpfe der Weste auf den Weg nach draußen.
"Da bist du ja endlich.", war ihre Begrüßung als ich die Tür hinter wir zuzog. Ich wohnte nicht sonderlich weit entfernt vom Palast, da ich dort als Bote tätig war. Daher verstand ich auch nicht, weshalb sie so hetzte.
Kritisch betrachtete Maer mich.
"Ich weiß nicht, wie du das immer machst, dass alles an dir zusammenpasst. Ich wünschte ich hätte ein Auge dafür wenn es um meine Kleidung geht."
"Du siehst toll aus. Egal was du anhast."
Ihr herzförmiges Gesicht wurde stets von honigblonden Locken umrahmt und ihren blauen Augen konnte kein Mann etwas abschlagen. Ihre Kleidung wurde dadurch meistens eher zur Nebensache. Heute hatte sie sich für ein dunkelblaues gerafftes Kleid entschieden, dass an einer Schulter durch eine silberne Spange gehalten wurde.
Eine leichte Röte zierte ihre Wangen und ich konnte deutlich ihre Nervosität spüren. Dabei müsste ich es sein, der sich vor dem Abend fürchtete.
Doch noch war ich erstaunlich ruhig.
Die Sonne senkte sich und tauchte der gesamten Palast in goldenes Licht. Es sah wunderschön aus.
"Ich bin neugierig.", brach ich schließlich das angenehme Schweigen zwischen uns.
"Worauf? Du bist doch so oft dort." Da musste ich ihr zustimmen. Jeden Tag betrat ich die goldenen Tore.
"Auf die königliche Familie. Ich traf immer nur Odin. Die anderen habe ich nie gesehen."
Maer schmunzelte. Sie ging auf jedes Fest, dass im Palast ausgetragen wurde. Ihr Vater war ein Adliger, weshalb sie immer eingeladen war.
"Sie sind ein stattlicher Anblick. Odin, Frigga und Thor ganz in gold. Loki ist speziell. Er passt nicht in das Bild mit seinen schwarzen Haaren und seiner zurückhaltenden Art. Du wirst schon sehen."
Wir schlossen uns der Reihe der Gäste am Tor an und konnten nach kurzer Zeit den Palast betreten.
Maers Stellung erlaubte ihr einen Platz aus einer der höheren Logen und damit näher an der königlichen Familie. Mich zog sie einfach mit sich, weshalb niemand Fragen stellte.

Loki - Love at first sight (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt