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"Ich hoffe du hast recht. Es ist gerade alles viel zu viel, niemand weiß, ob oder wann sie wieder aufwachen oder wen es sonst noch treffen wird. Jedes mal, wenn wir schlafen gehen, habe ich diese unsagbare Angst, dass wieder jemand nicht aufwacht und dann bist da noch du... ich will dich nicht sterben sehen... ich bete so sehr, dass du dich nicht angesteckt hast." seine Stimme wurde mit jedem Satz brüchiger, bis er einfach nur noch gegen meine Schulter schluchzte. Ihn so zerbrechlich zu sehen, trieb auch mir die Tränen in die Augen und so weinten wir beide und hielten uns im Arm, bis er sich etwas beruhigt hatte. 

"Komm essen, bevor es ganz kalt ist." forderte ich ihn auf und er ließ sich widerstandslos von mir mitziehen. Im Wohnzimmer saß schon Wooyoung, der auch wieder zurück war und wartete auf uns. Er sah unsere rotgeweinten Augen und stellte keine Fragen, lächelte den Älteren nur aufmunternd an. Wir aßen in Stille, nur das TV Gerät machte leise Hintergrundgeräusche, während irgend ein Drama lief, keiner von uns konnte momentan die Nachrichten verkraften. Nach dem Essen lehnte ich mich auf dem Sofa nach hinten und schloss etwas die Augen, da ich Kopfschmerzen hatte. Erst dachte ich, sie kämen vom weinen, doch dann wurde es immer stärker und meine Wangen fühlten sich warm an. Wooyoung, der sich neben mich gesetzt hatte, um mit mir zu kuscheln, setzte sich plötzlich wieder alarmiert auf und hielt mir eine Hand an die Stirn.

"Hyung, hol das Fieberthermometer sie fühlt sich total warm an." rief er leicht panisch und Seonghwa sprang geschockt auf, lief ins Bad und kam genauso schnell wieder zurück, wie er gegangen war. Er hielt es mir ans Ohr und als es piepte, schauten mich beide mit purem Entsetzen im Gesicht an.

"38.3" verkündete Seonghwa mit leiser Stimme und Wooyoung zog mich sofort auf seinen Schoß, umschlang mich mit seinen Armen und weinte. Seonghwa saß neben uns und starrte uns nur an, unfähig noch etwas zu sagen und schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf.

"Nein, nein, das darf nicht passieren, das kann nicht wahr sein... das ist nicht wahr... oh Gott lass es nicht war sein." seine erst noch gemurmelten Worte, wurden immer verzweifelter und stumme Tränen rannen ihm die Wangen hinunter. Er stand wieder auf und kam mit dem Fiebersaft zurück, der wahrscheinlich nichts an meiner Temperatur ändern würde, aber mir zumindest die Kopfschmerzen etwas nehmen. Tief drinnen hatten wir es doch eh gewusst, dass das passieren würde... Ich war nicht geimpft und hatte zu zwei erkrankten engen Kontakt gehabt, es hätte schon ein Wunder passieren müssen, dass ich gesund bleiben würde, aber Wunder waren leider keine zu erwarten in so einer Zeit.

Wooyoung stand mit mir zusammen auf und trug mich zu seinem Bett, wo wir wohl zwar eine heiße Nacht verbringen würden, aber leider ganz anders, als wir uns das vorgestellt hatten. 

"Ich bleib bei dir, Noona, egal wie lange du noch hast, ich weiche dir nicht mehr von der Seite." flüsterte er mir unter Schniefen ins Ohr, als er mich sanft auf seiner Matratze ablegte und sich dann an mich kuschelte. Seonghwa war uns gefolgt und setzte sich mit ans Bett, hatte alles für Wadenwickel dabei und begann damit, sie mir anzulegen, als Wooyoung sich wieder aufsetzte. 

"Lass ruhig, ich mache das bei ihr... schließlich ist sie meine Freundin..." sagte er wieder etwas gefestigter und Seonghwa sah ihn überrascht an.

"Was? Wie... sie ist deine Freundin? Seit wann denn das?" sichtlich irritiert und überfordert sah er zwischen Wooyoung und mir hin und her.

"Gerade erst, welch Ironie... ich gestehe ihr nach zwei Jahren endlich meine Liebe und dann wird sie mir direkt wieder genommen..." erzählte er leise und direkt flossen die Tränen wieder.

"Immerhin hast du ihr deine Liebe gestanden..." erwiderte Seonghwa tonlos und stand auf, um uns alleine zu lassen. Ihr ganzes Gespräch hatte ich nur so halb wahrgenommen, da ich durch das Fieber ziemlich benommen war. Die Müdigkeit nahm Überhand und das letzte was ich spürte, waren Wooyoungs Arme, die mich fest an ihn gedrückt hielten und die letzten Worte, die ich hörte waren das sanft geflüsterte "Ich liebe dich." ehe ich die Augen schloss.

"Hatschiiiiiiii." von meinem eigenen Niesen wurde ich wach und setzte mich verschlafen auf, es war dunkel und neben mir nahm ich nur Wooyoungs ruhiges atmen wahr. Ich fühlte mich so richtig Scheiße, meine Nase lief, die Augen tränten, die Kopfschmerzen waren wieder da und mein Hals kratzte furchtbar, aber noch etwas war anders, mir war nicht mehr so heiß. der nächste Nieser brachte mir dann die Erkenntnis. Ich hatte nicht DAS Fieber, ich hatte die Grippe... Erleichtert atmete ich auf, die Grippe war unangenehm und eklig, aber umbringen würde sie mich nicht. Sanft rüttelte ich an Wooyoungs Schulter um ihm die gute Neuigkeit mitzuteilen, doch er rührte sich nicht. Ich versuchte es mit sanften Küssen auf seinem Gesicht, doch er bewegte sich kein Stück. Immer panischer, versuchte ich ihn zu wecken, schlug ihm sogar total verzweifelt ins Gesicht, ehe ich weinend auf ihm zusammenbrach, da ich merkte, dass es nichts nutzen würde. Er lag im Koma...

Dornröschen-SyndromWo Geschichten leben. Entdecke jetzt