Hawkins-Labor // Teil I

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Ich drehte mich um. Es war mitten in der Nacht. Erst vor ein paar Minuten war ich aufgewacht. Etwas stimmte nicht, dass konnte ich spüren.

Langsam setzte ich mich auf. Ich konnte nun Max, El und Leila schlafend auf dem Bett sehen. Ich schlief auf einer Matratze neben dem Bett. Eigentlich wollten die drei, dass ich bei ihnen schlief aber ich wollte keine Umstände machen. Deshalb schlief ich auf einer Matratze, die mich den Boden richtig spüren ließ.

Ein leises schnaufen verließ meinen Körper. Ich musste raus an die frische Luft. Vorsichtig richtete ich mich auf und schnappte mir meine Jacke. Die Jogginghose, die Wadek uns vor einiger Zeit besorgt hatte, und ein T-Shirt waren die Sachen, die ich sonst noch trug.

Ich öffnete Die Tür des Zimmers und schloss sie danach wieder. Leise schlenderte ich geradewegs auf die Haustür zu. Kaum begab ich mich nach draußen, kam mir eine kalte Brise entgegen. Trotz Sommers war es in der Nacht meist etwas kühler.

Schritt für Schritt begab ich mich auf die Straße. Nachts war es in Hawkins sehr ruhig. Es war, als wäre die Zeit stehen geblieben. Kurz schaute ich hoch in den Himmel. Sterne waren klar zu erkennen.

„Ein Wunder, oder?"

Meine Muskeln verspannten sich.

„Du solltest schlafen!", rief ich beinahe.

Meine Füße hatten mich bis vor das Haus der Wheelers getragen. Es fühlte es sich an, als hätte ich mir ein paar Schritte gemacht. Aber wie gesagt: es fühlte sich an, als stünde die Zeit still.

„Das sagst gerade du?", erklang es erneut.

„Schlafen die anderen wenigstens?", fragte ich nun.

„Will hat viel von euch erzählt. Wie sehr er dich liebt und all dieses Zeug. Ich weiß jetzt sehr viel über dich und eure Beziehung.", kam es mit sarkastisch ernstem Ton zurück.

„Echt?"

Ich war unsicher. Immerhin hätte Will alles mögliche erzählen können.

„Bleibt ein Geheimnis. Versprochen."

Der Junge kam näher auf mich zu und zwinkerte.
Ich antwortete nicht.
Geheimnis,
was ist daran noch ein Geheimnis?

Meine Hände verschwanden in meinen Jackentaschen. Ein Windstoß zerzauste Brunos Haare komplett. Augenblicklich fuhr sich der junge mit seiner Hand durch die leicht gelockten Haare und fragte :„Hast du schonmal in der Nacht getanzt?"

„Was?", kam es von mir. Wie kam er jetzt auf sowas und wieso kam das aus dem nichts?
Langsam kam er näher auf mich zu und nahm meine Hand. Die andere platzierte er auf meiner Hüfte. Automatisch legte ich meine freie Hand auf seine Schulter.

„Ohne Musik kann man doch nicht tanzen.", murmelte ich.

„Hör einfach auf die Stille.", flüsterte Bruno nun.

Augenblicklich fing er an die ersten Schritte zu machen. Ich tat es ihm gleich. Eigentlich konnte ich nie richtig tanzen aber es war einfacher, als es aussah. Bruno führte uns.
Von ihm erwartete ich nie, dass er tatsächlich tanzen konnte. Der von außen so stark aber im Inneren doch so zerbrochene Junge, der anders als jeden, den ich jemals kennenlernen durfte, war, schien jetzt so frei. In dem Moment schien es, als würde ich jede seiner Geheimnisse, Gedanken und Gefühle kennen.
Vielleicht ging es ihm genauso.

Mein Kinn legte ich auf die Schulter des Jungen vor mir. Dabei kam ich ihm noch näher. Nun blickte ich in die Richtung eines Autos. Sofort fielen mit Schuhe auf. Von dem Moment an wusste ich, dass wir beobachtet wurden.

Nun nahm ich mein Kinn wieder von Brunos Schultern. Augenblicklich nahm ich sein Gesicht in meine Hände, schaute ihm tief in die Augen und flüsterte :„Wir werden beobachtet."

Bruno nahm schlagartig seine Hände von meinen Hüften. Ich allerdings entfernte mich nicht von ihm.

„Wir werden jetzt in Richtung des Waldes gehen, okay?", fügte ich leise hinzu.

Nun ließ auch ich von ihm ab. Seine Augen zeigten mir etwas Misstrauen, Angst und doch versprachen sie mir Schutz und Verständnis.
Vorsichtig lächelte ich ihm zu und hackte mich bei ihm ein. Mein Kopf ruhte auf seiner Schulter und wir gingen in Richtung des Waldes. Erst als ich etwas hinter uns knacken hörte, liefen wir letztendlich los. Angst macht sich in mir breit.

Nun spürte ich feuchte Blätter in meinen Händen. Meine Finger gruben sich in den kalten Dreck und meine Augen kiffen sich zusammen. Die linke Seite meines Gesichtes schmerzte, meine Knie wurden weicher und ein Gefühl von Schwindel und Übelkeit überkam mich. Ich musste gestürzt sein.
Eine Hand packte mein Oberarm und zog mich mühevoll wieder hinauf.
Weiter. Immer weiter.

Bruno riss die Tür eines Gebäudes auf, packte mich an meinen Schultern und starrte mir in die Augen.

„Ist alles in Ordnung?", rief er schon fasst.

Erst jetzt konnte ich wieder ein klaren Gedanken fassen.
„Ja.", sagte ich schnell und befreite mich aus seinem festen Griff.

„Ist wirklich alles okay?", fragte er erneut.

„Ja!", kam es unerwartet laut von mir.

Der Junge vor mir wich erstaunt zurück.
Mit verletztem Blick schaute er mich an. Erwartete er was von mir? Erst jetzt realisierte ich, wo wir eigentlich waren.

Hawkins-Labor

„Was ist eigentlich dein Problem? Erst tust du so, als würdest du mich mögen und dann stößt du mich wieder von dir weg. Wie stark soll ich es dir noch signalisieren?", debattierte Bruno nun.

„Dafür ist jetzt keine-", fing ich an, wurde allerdings unterbrochen.

„Ich mag dich, Emily! Sehr sogar.", sagte Bruno erst laut, dann leise.

Ich konnte nicht reagieren. Mein Körper war starr. Diese Worte mal aus seinem Mund zu hören, war mir nie bewusst.
Wir sind nur Freunde, oder, Ich habe keine Gefühle für dich, konnte ich nicht zu ihm sagen.
Es würde ihn zerbrechen und dazu hätte ich nie über diese Situation nachgedacht. Nie nachgedacht je jemand anderen als Will zu lieben zu können.
Also starrte ich ihn nur an.

„Verstehe.", sagte Bruno leise.

„Bruno.", fing ich an.

„Vergiss es einfach. Da wird niemals ein 'wir' sein. Du wirst mit Will glücklich und ich gehe wieder zu meinem Arschloch von Vater."

„Da ist was zwischen uns, was ich nicht einordnen kann. Ich will mich nicht zwischen dir und Will wählen müssen.", sagte ich leise.

„Ich sagte vergiss es!"

Er wurde laut. Erschöpft schaute ich in seine Augen. Er fühlte sich beinahe bedroht.
Langsam ging ich auf den Jungen zu und nahm seine Hand. Er rang mit sich selbst, ließ es aber zu. Erst berührten sich leicht unsere Fingerkuppen, doch Stück für Stück wurde es mehr unserer Hände.

„Ich kenne deinen Schmerz, deine Wut und deine Angst. Keiner hat verdient so zu fühlen. Erst recht nicht, wenn man jemanden verlieren musste. Wer war es bei dir?", fragte ich leise. Eigentlich wusste ich es durch die Berührung schon.

„Das ist doch nur einer deiner Tricks. Du versuchst mich zu beeinflussen."

„Ich bin in einem Mädchen-Heim groß geworden. Das heißt ich weiß was es heißt alleine zu sein. Um ehrlich zu sein ist das eine meiner Ängste. Alleine sein. Lächerlich nicht war?", sagte ich und lachte leicht.

„Nein. Ich verstehe es sogar."

Plötzlich erklang ein lautes poltern.
Unsere Köpfe schnellten zum Kern des Geräusches.
Vorsichtig setzte ich einen Schritt nach dem anderen.

„Кто вы двое? (Wer seit ihr zwei?)", erklang es hinter uns. Sofort drehte ich mich um und schaute einem russischem Soldaten, der seine Waffe genau auf mein Kopf richtete, in die Augen.

Stranger Things:„Die Rückkehr" Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt