Schon bevor die Sonne über den Bäumen stand, wachte Lichtpfote auf. Es dauerte eine Weile, bis sie erkannte, wo sie war, dann fiel ihr wieder ein, dass sie jetzt Schülerin war!
„Und Eiskralle ist mein Mentor“, dachte sie glücklich und sprang auf. Sie hatte allerdings vergessen, dass ihr Bruder Schattenpfote direkt neben ihr schlief und müde den Kopf hob.
„Was ist los?“, nuschelte er verschlafen und gähnte.
„Nichts, schlaf weiter“, flüsterte die cremefarbene Schülerin zurück und tappte vorsichtig durch den Bau zum Ausgang, doch sie kannte den Schülerbau noch nicht gut und es war sogar für eine Katze stockdunkel, sodass sie nicht sah, wohin sie ihre Pfoten setzte.
Ein lautes Heulen zerriss die Luft und Lichtpfote sprang erschrocken fast bis an die Decke des Baues, im gleichen Moment waren alle anderen Schüler auf den Pfoten und blickten sich hektisch, aber noch verschlafen um.
„Du mäusehirniger Krähenfraß!“, Lichtpfote erstarrte, als Kleepfote seinen Schwanz unter ihren Pfoten hervorzog. Unabsichtlich war sie darauf getreten und Kleepfote hatte mit seinem Geheul sicherlich das ganze Lager aufgeweckt.
„Pass doch besser auf deinen Schwanz auf!“, giftete sie zurück, denn ganz sicher wollte sie nicht die Schuld bekommen. Was ließ er seinen buschigen Schwanz auch hier mitten im Bau herumliegen? Es war ja nicht ihre Schuld, dass er nicht darauf aufpassen konnte!
„Gebt Ruhe!“, Maispfote hatte sich erhoben und versuchte schläfrig zwischen den beiden Streithähnen zu vermitteln. „Wir haben jetzt sowieso keine Zeit, Lichtpfote, denn wir müssen jetzt raus, sonst fragen sich Dornenschweif und Eiskralle noch, wo wir bleiben!“, sagte sie dann in Richtung Lichtpfote und trottete hinaus ins Freie. Lichtpfote folgte ihr mit hoch erhobenem Schweif, ohne sich noch einmal zu Kleepfote umzudrehen, der ihr wütend hinterherfauchte.
„Da seid ihr ja endlich!“, Eiskralle wartete schon ungeduldig auf sie und erhob sich schnell, Dornenschweif, die neben ihm gesessen hatte, hatte es offenbar nicht so eilig.
„Du siehst aus, als wärst du der Schüler und nicht der Mentor“, neckte ihn Dornenschweif, aber er beachtete sie gar nicht.
„Morgen!“, rief Lichtpfote und sprang auf ihren Mentor zu, begrüßte ihn begeistert und musste von dem Krieger ermahnt werden, bevor sie das ganze Lager aufwecken konnte.
„Holt euch schnell noch etwas zu Fressen“, befahl Dornenschweif den Schülern, die gehorsam zum Frischbeutehaufen am gegenüberliegenden Ende der Lichtung trotteten. Teilweise verdeckt durch einen Felsen lag dort eine relativ kleine Menge an Beute. Maispfote stupste eines der Kaninchen an und Lichtpfote packte es, gemeinsam trugen sie es zu einem geschützten Platz am Rande der Lichtung, neben ein Brombeergestrüpp, bei dem die Schüler für gewöhnlich aßen. Dann ließen sie sich dort auch nieder und begannen zu fressen. Die cremefarbene Kätzin mochte Kaninchen am Meisten und sie freute sich schon darauf, endlich Jagen zu lernen und ihre eigene Beute erlegen zu können. Für die Clans galt bei Jagdausflügen eine wichtige Regel: Erst musste der Clan versorgt werden, das wusste jedes Junge, das hieß, gefangene Beute durfte nicht gefressen werden, sondern musste ins Lager gebracht werden. Wer sich nicht daran hielt, und fraß, bevor der Clan versorgt war, musste bestraft werden.
Nachdem die zwei hellen Schülerinnen gegessen hatten, machten sie sich leise auf den Weg, wobei Dornenschweif die Führung übernommen hatte, dicht gefolgt von Maispfote.
Lichtpfote hatte keine Mühe, ihren Clankameraden durch das Unterholz zu folgen, und nach einiger Zeit kamen sie aus dem Wald heraus und Lichtpfote sah vor sich die glänzende Oberfläche des kleinen Teiches. Sie staunte, denn bei Tag hatte sie ihn noch nie gesehen. Die Sonne, die inzwischen bereits hoch am Himmel stand, warf ihr schimmerndes Licht auf die glatte Oberfläche und ein leichter Wind kräuselte das Wasser. Der Teich war nicht besonders groß, aber die cremefarbene Schülerin wusste, dass unzählige Fische darin schwammen.