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Ich stand auf einer Brücke, mitten in der Nacht. Ich war einfach abgehauen. Ich hatte nichts bei mir. Ich hatte nur meine Schuluniform an, nicht mal eine Jacke. Ich hielt es zu Hause einfach nicht mehr aus. Und eigentlich hielt mich nichts mehr am Leben. Ich spürte nur Leere in mir. Und Appa hasste mich. Er hasste mich dafür, das Eomma bei meiner Geburt gestorben war. Eomma war seine große Liebe gewesen. Ich hatte es verdient zu sterben.
Ich atmete tief durch, ließ meinen Rucksack von den Schultern gleiten und stieg über das Geländer. Ich zählte bis drei und ließ dann los.
Das kalte Wasser umhüllte mich augenblicklich. Ich hatte meine Augen geschlossen und wartete darauf, mein Bewusstsein zu verlieren.

Meine Augen waren schwer. Aber nach jeder Minute wurden sie leichter. Und schließlich konnte ich meine Augen öffnen. Ich starrte an die Decke. Das Zimmer wurde durch eine Nachttischlampe erhellt. Draußen war es noch dunkel. Oder wieder? Keine Ahnung.
Alles tat weh. Mein ganzer Körper tat weh. Ich versuchte, mich aufzurichten, aber es bereitete mir höllische Schmerzen, also blieb ich liegen.
Ich seufzte. Ich schaffte es nicht mal, mich umzubringen. Irgendwer hatte mich bestimmt gesehen und den Notarzt verständigt. Fuck. Jetzt musste ich bestimmt wieder nach Hause, und dort war mein Vater. Ich hatte Angst, mir war zum Heulen zumute. Ich drehte mich auf die linke Seite und kugelte mich zusammen. Meine Augen fielen mir wieder zu und ich schlief ein.

Die Tür wurde geöffnet. Davon wurde ich wach. Ich schlug meine Augen auf und sah, dass ein Arzt hereingekommen war. In der Hand hielt er ein Klemmbrett.
"Guten Morgen, Mr Hwang", begrüßte mich der Arzt, "ich bin Dr. Choi." Er sah auf sein Klemmbrett, dann wieder zu mir. Ein Lächeln zierte sein Gesicht. Er sah freundlich aus. Langsam richtete ich mich auf.
"Hallo", ächzte ich. Meine Stimme klang nicht so wie meine.
"Wie gehts dir?", fragte er einer seiner Standardfragen.
"Ich bin müde", antwortete ich nur. Dr. Choi nickte.
"Du erinnerst dich, was passiert ist?", fragte er weiter. Ich nickte. Und er notierte sich etwas. "Hat dich jemand geschubst oder war es Absicht?"
"Das zweite", sagte ich heiser. Dr. Choi schrieb wieder etwas.
"Das werde ich weiterleiten und im Laufe des Tages wird ein Psychologe und Psychiater zu dir kommen", sagte er, verabschiedete sich und ging hinaus.

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