Sir. Kugelschreiber hob sein Bleistiftschwert. "Nun ist es vorbei, du unheilbringendes Monster!", schrie er dem Papierdrachen entgegen. Die Antwort bestand aus einem Papierschnipselschwall, der den Ritter vom Tisch fegte und gleichzeitig den ganzen Laminatboden verschmutzte. "Matt, hör bitte auf zu somnieren, sonst darfst du heute Nachmittag in der Schule bleiben und den Putzfrauen helfen!", ermahnte mich Frau Schmidt, unsere Deutschlehrerin. Neben mir erscheinte ein Besen, der mich irgendwie vorwurfsvoll anstarrte, obwohl er nicht mal ein Gesicht hat. Ich seufzte, stand auf und nahm den komischen Besen um aufzuräumen. Währenddessen redete Frau Schmidt irgendetwas von "Vergänglichkeit" und "Carpe diem", auch wenn es offensichtlich war das die ganze Klasse entweder in Gedanken versunken war, oder sich auf die nächsten zwei Stunden "Traumkunde" vorbereiteten. Nicht weil wir einen strengen Lehrer in dem Fach haben. Nein, es handelt sich um den Fall "Spaß". Ja, richtig. Spaß. In Traumkunde haben wir Herr Ross, ein extrem netter Mensch der einen immer zum lachen bringt. Er ist der einzige Lehrer auf unserer Schule der dieses Fach unterrichtet. Außerdem gehört zu den 479 Menschen auf dieser Welt die es unterrichten dürfen. Mehr wissen wir nicht, leider.
Plötzlich geriet der ganze Raum in Panik und die Schüler packten ihre Sachen. Herr Ross war nämlich auch etwas ... fies. Es spielt sich bei ihm so ab: Der Unterricht wird in einer Turnhalle abgehalten, weil dir ganze Schule gleichzeitig Traumkunde hat. Auch wird nicht nur theoretisch unterrichtet sonder auch praktisch. Die letzten fünf dürfen die Halle räumen, was aber meistens nicht so lange dauert.
Ich nahm die Abkürzung durch den Pausenhof, nur leider hatten dreiviertel aller Schüler die gleiche Idee. Deswegen kam ich wie immer als letzter an.
"Guten Tag, Mädchen und Jungs, die sich jeden Tag tapfer dem Schulmonster stellen!", bei dem Satz erinnerte ich mich an Sir. Kugelschreiber, "Willkommen in meinem Unterricht, der eure Fantasie anregt und ... Ach, ihr kennt den ganzen Quatsch den ich vortragen muss. Fangen wir heute mit dem langweiligen Teil an. Kann wer mal kurz die Hauptregel des Träumens rezitieren?". Ross saß auf einem improvisierten Schreibtisch aus Turnutensilien und ließ seinen Blick durch die Menge schleifen. Ein Schüler meldete sich und stand auf, damit man ihn besser sehen kann. "Es soll dem Träumer bewusst sein, dass sein Tagtraum materialisiert wird und Außenstehenden gefährlich werden kann." Er setzte sich wieder und Ross hatte sein "Richtige Antwort"-Lächeln aufgesetzt. "Okay, gut. Hat jemand Lust auch noch das Grundwissen aufzufrischen?". Niemand stand auf, dabei war das echt einfach. "Na dann entscheide ich. ", sagte er während er auf eine Liste schaute, dann sah er mich an, "...Matt?". Ich spürte wie mich alle anstarrten und wie mir das Blut ins Gesicht schoß. Ich stand langsam auf und stotterte drauf los:
"In der Pubertät werden neue Verbindungen im Gehirn geknöpft, dabei wird auch eine Verbindung in ein Gehirnteil aufgebaut, das bis dahin inaktiv war. Es gibt uns die Möglichkeit unsere Tagträume zu materialisieren, die wir den ganzen Tag über haben. Da nicht alle Träume ungefährlich sind, muss an jeder Schule mindestens ein Lehrer sein, der Traumkunde studiert hat, damit er den Schülern hilft ihre TT zu kontrollieren und einzudämmen. Die Kunst dahinter ist nicht die Kreativität der Schüler zu vermindern, sondern sie sogar zu steigern. I-ich glaube das war alles ...", fügte ich noch schnell hinzu und setzte mich in Lichtgeschwindigkeit auf den Boden.
Herr Ross sah mich fasziniert an, er war anscheinend Überrascht, weil ich zum ersten mal in seinem Unterricht geredet habe und alles richtig war. "Danke Matt für die Zusammenfassung. Ich glaube damit haben wir den theoretischen Teil durchgekaut. Fangen wir mit dem etwas aufregenderen Teil an. Heute habe ich mir eine Art Bootcamp ausgedacht. Wortwörtlich. Geht mal alle auf meine Seite, damit ich den Parcour aufbauen kann." Wir stellten uns hinter Herr Ross und vor uns erschien Schlamm. Dazu kamen noch Hindernisse, die man körperlich nicht überwinden kann. Es war offensichtlich was man von uns erwartete, trotzdem erläuterte es unser Lehrer nochmal: "Die meisten von euch können sich denken was ihr hier machen müsst. Ihr sollt heute mit möglichst viel Kreativität diese Hindernisse überwinden. Je ausgeklügelter und kreativer eure Lösungen sind, desto besser die Note. Zeit spielt keine Rolle. Fangt an."
Wir stellten uns alphabetisch auf und durften bei den ersten drei Personen Flügel sehen. "Leute! So geht das nicht weiter. Ich mische mich jetzt ein und mache es euch etwas schwerer. Ich meine, Flügel!? Wir sind keine Engel, sondern Menschen." Ab diesem Moment wurde es spannend. Von Verfolgungsraketen bis zu plötzlich erscheinenden Gewichten war alles dabei. Herr Ross war erbarmungslos.
Dann kam ich an die Reihe. Ich stellte mich auf die Startposition und Herr Ross gab mir das Zeichen zum starten. Eine moderne Rüstung aus leichtem Metall legte sich um meinen Körper und eine große Kanone hängte an meinem Rücken. Ich prüfte nochmal alles und änderte noch ein paar Kleinigkeiten, dann nahm ich meine Waffe in meine Hände und rannte los. Das erste Hindernis bestand nur aus einer hohen glatten Wand, also noch simpel. Ich sprang hoch und landete auf der Hälfte der Wand, von wo ich noch ein mal absprang, sodass ich auf ein Trampolin landete, dass mich auf die andere Seite des Hindernisses beförderte. Mit Hilfe weiterer Plattformen, die ich mir materialisierte, kam ich schnell und präzise durchs Level. Doch Herr Ross hatte anscheinend eine Planänderung vorgenommen, denn plötzlich schaute ich in die Augen eines gewaltigen Steindrachen. Ich stellte mich auf eine kleine Plattform und der Drache brüllte mich an, dabei lösten sich ein paar Steinchen von ihm und flogen auf mich zu. Sie prallten an meiner Rüstung ab, den ich mit einem kleinen Schild verstärkt habe. Ich entschied mich "Herr der vier Elemente" zu spielen und schoss eine Feuerballsalve in den noch geöffneten Mund des Drachen. Dem machte diese Attacke aber nichts aus. Ich beschwörte viele große Steinstachel, die mit Höchstgeschwindigkeit auf ihn zuschossen, die von seiner Pranke ohne Probleme abgewehrt wurden. Ich erkannte, dass ich mit einzelnen Elemente nicht vorankam, also mischte ich Wasser und Luft und ließ einen Strahl mit Hochdruck auf den Drachen los. Der wollte die Attacke mit seinem Shwanz abwehren, aber dieser wurde einfach durhgeschnitten. Ich schoss immer mehr Geschosse in seine Richtung, sodass nach kürzester Zeit nur noch ein Steinhaufen übrig blieb. Dann öffnete ich ein Portal vor mir und trat am Ende des Parcours wieder aus.
“Das war bis jetzt die beste Lösung, Matt. Ich hoffe ihr alle schneidet euch eine Scheibe von ihm ab. Du hast eine Eins, Glückwunsch.”, sagte er dann zu mir. Meine Rüstung verschwand und ich ging auf die Bänke zu, auf denen die Leute sitzten, die schon ihre Note haben. Der Rest des Unterrichtes war bis auf ein zwei Personen wieder langweilig. Ich glaube die beiden hießen Rachel und Scarlet, zwei Mädchen aus meiner Parallelklasse. Viele ahmten mich nach und hatten eine abgewandelte Version meines Anzuges an. Und andere kämpften sich mit Portalen durch das Level. Als alle dann ihre Noten bekommen hatten, verschwand der Parcour und Herr Ross verabschiedete sich noch von uns, bevor mal wieder Chaos entstand und alle aus dem Schulhaus rannten.
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Daydreams
FantasyWas wäre, wenn unsere Tagträume real werden? Was wäre, wenn sich in der Pubertät ein Gehirnteil aktiviert, der das erlaubt? Was wäre dann mit den psychisch gestörten Menschen? Und wieso verschwinden manche Personen plötzlich ...?