Kapitel 20

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Sie trat zögerlich aus dem angrenzenden Badezimmer und alle Anwesenden schienen die Luft anzuhalten.
„Und? Ist es... zu schlicht?", fragte sie und fuhr fahrig mit ihren Händen über den weißen feinen Stoff.
Samuel fand als erster wieder Worte.
„Süße, du machst dich umsonst verrückt. Das Kleid ist hinreißend."
Sie lächelte ihren besten Freund dankend an.
„Wirklich?"
„Es ist ein Traum, Astoria.", versicherte ihr Dracos Mutter.
„Du wirst Draco aus den Socken hauen.", meinte Daphne und umarmte Astoria stürmisch.
Ihre Schwester hatte eindeutig schon zu viel intus. Wie viel Gläser Champagner hatte sie bereits getrunken?

Das Daphne überhaupt hier war, hätte Astoria vor einigen Monaten noch für unmöglich gehalten. Die ersten Wochen schien sie Astorias Anwesenheit in England regelrecht ignoriert zuhaben, so wie Astorias Mutter, die sich nicht mit ihr versöhnt hatte. Aber eines Abends als Scorpius schon wieder in Hogwarts war und Draco und sie sich auf einen ruhigen gemeinsamen Abend in ihrer Wohnung eingerichtet hatten, war sie plötzlich vor der Tür gestanden. Hatte Astoria umarmt. Etwas davon gemurmelt, dass sie sie vermisst hatte und dass sie nicht weiter so tun könne als wäre sie nicht da. Seitdem sah sie Daphne mindestens einmal in der Woche.

„Liebes. Ich denke, wir zwei sollten nach unten gehen.", sprach Sam und legte Daphne einen Arm um.
Daphne nickte und trällerte beim Rausgehen etwas davon, dass sie sich noch etwas zum Trinken holen wollte.
„Halt sie bitte auf.", meinte Astoria und Sam nickte beruhigend.
„Ich passe auf sie auf und bring sie zu ihrem Mann. Und Astoria?"
„Ja?"
„Du siehst wirklich bezaubernd aus."
Sie lächelte dankend und sah Narzissa wieder an, die strahlte. Sie ging auf Astoria zu und strich ihr über die Arme.
„Bist du nervös?"
„Ein wenig.", gestand Astoria. Es waren ihr eindeutig zu viele Leute da. „Nicht wegen der Ehe selbst.", fügte sie hinzu. „Ich liebe Draco."
In dem Punkt war sie sich absolut sicher.

Das hatte sie schon immer getan. Sie hätte nur nicht gedacht jemals an diesem Punkt mit ihm zu stehen.
„Und er liebt dich, Tori."
Ja, das wusste sie und trotzdem war Draco so nervös gewesen als er sie gebeten hatte ihn zu heiraten. Sie hatte es nicht geahnt. Sie waren noch gar nicht so lange zusammen gewesen und plötzlich machte er ihr einen Antrag. Kurz vor Weihnachten. Sie hatte sich gefragt was mit ihm los sei, weil er so nervös und fahrig beim Abendessen bei ihr Zuhause gewesen war. Ein Abendessen das er geplant hatte. Er hatte Angst gehabt, dass sie nein sagen würde. Hatte sie aber nicht.

Sie trat an den Spiegel und sah sich an. Es war ein schlichtes Kleid in A-Linie gehalten. Der obere Teil war aus feiner Spitze. Der untere Teil aus weichem Chiffon. Der Rückenausschnitt gefiel ihr besonders gut. Das hier hätte schon viel früher passieren können. Vielleicht nicht gleich nach Hogwarts. Aber, wenn sie beide ihre Ausbildung fertig gehabt hätten. Dann wären sie vielleicht schon längst Mann und Frau. Ohne dieses Chaos, dass ihre Mutter angerichtet hatte. Ohne dieser langen Trennung von ihrem Sohn und Draco. Sie hätten glücklich sein können und das von Anfang an.

„Hast du alles?", frage Narzissa sanft und trat hinter sie. „Die Gegenstände die Glück bringen?", hakte sie weiter nach und Astoria schmunzelte.
„Ich glaube an so etwas eigentlich nicht."
„Bei so was sollte man kein Risiko eingehen, meine Liebe.", tadelte Narzissa sie spielerisch.
„Das Kleid ist neu. Mein Strumpfband blau und die Ohrringe sind geliehen von dir.", sprach sie und griff nach den schönen Diamantohrringen.
„Fehlt noch etwas Altes."
„Nun im Grunde sind die Ohrringe doch älter, oder nicht?"
Narzissa lächelte und strich ihr über die Schultern.
„Ich glaube nicht, dass man das so macht."
„Draco und ich hatten so viel Pech. Es kann einfach nichts mehr schlimmes passieren."
Ihr Blick wurde milde.
„Da hast du wohl recht."

„Soll ich dir mit dem Schleier helfen?", hakte die Ältere nach und Astoria nickte. Sie setzte sich vor den Frisiertisch, vor den sie vorhin schon gesessen war, damit eine Stylistin ihr die Haare und das Make-up machte. Narzissa wollte gerade nach dem Schleier greifen als es an der Tür klopfte und Astoria versteifte sich merklich als sich ihr Blick mit der Frau traf, die dafür verantwortlich war, dass sie England verlassen musste. „Eliza?", fragte Narzissa verwirrt. „Wir haben nicht mit dir gerechnet."
Nein, hatten sie definitiv nicht. Was wohl daran lag, dass ihre Mutter sich keinen Schritt auf sie zubewegen wollte. Sie hatte zwar keine ihrer Drohungen war gemacht, mied aber die Malfoys und vor allem Astoria. Selbst zu den sonst gemeinsamen Abendessen in Manor erschien sie nicht mehr. Nur noch Astorias Vater tauchte auf und sprach kein Wort über seine Frau.

Eliza schloss die Tür hinter sich und blickte sie alle beide ruhig an.
„Narzissa würdest du mich kurz mit Astoria allein lassen?"
Astoria spürte wie Dracos Mutter ihr eine Hand auf die Schulter legte.
„Ich denke, dass dies keine gute Idee ist. Ich bleibe lieber hier."
Elizas Kiefer spannte sich an, bevor sie schwer ausatmete.
„Das ist wirklich lächerlich, Narzissa. Was glaubst du, dass ich meine eigene Tochter verfluche?"
„Du hast sie auch als Teenager einfach auf die Straße geschmissen und mir verboten zu helfen. Meiner gesamten Familie."
Astoria wusste nicht wieso, aber sie fühlte sich gerührt von Narzissas Einsatz.
„Ich will nicht streiten.", unterbrach Eliza die Blondine und versuchte offensichtlich die Fassung zu wahren.

„Das ist der Hochzeitstag von Draco und Astoria. Etwas was schon längst passieren hätte können, wenn meine Tochter..." Sie biss sich auf die Unterlippe. Schien sich selbst zu sammeln. „Ich wollte nicht mit dieser Sache anfangen. Ich bin hier, weil wir in unserer Familie eine Tradition haben." Sie öffnete ihre mitgeführte Clutch und zog ein blaues Samtkästchen hervor. War das ihr Ernst? Sie trat näher und öffnete dabei das Kästchen. „Es ist eine Kette. Jede Frau in unserer Familie trägt sie bei der Eheschließung.", erklärte Eliza und kam mit der Kette näher. Astoria erkannte auf der feinen silbernen Kette das Wappen ihrer Familie. „Ich meine, du musst sie nicht tragen, wenn du sie nicht möchtest. Ich würde es verstehen, aber..." Eliza schluckte und sah sie nicht an. „Es würde mir viel bedeuten. Wir haben nicht mehr viele Traditionen in unserer Familie."

Es war ihr Ernst.
„Wenn ich darf?", antwortete Astoria ruhig und ihre Blicke begegneten sich wieder im Spiegel.
Narzissa trat etwas von Astoria weg und Eliza öffnete den Verschluss der Kette als sie diese aus der Schatulle nahm. Sie hängte sie ihr vorsichtig um und Astoria griff nach dem Anhänger. Fuhr mit ihren Fingerspitzen über das kühle Metall.
„Sie steht dir gut.", sprach Narzissa freundlich. „Sie passt zu den Ohrringen." Ja. „Und jetzt hast du noch etwas Altes." Sie nickte erneut und ihre zukünftige Schwiegermutter wandte sich ab. „Ich schaue wie weit die anderen sind. Damit wir pünktlich anfangen können."
„Danke Narzissa.", erwiderte Astoria und sie versuchte ruhig zu atmen, während sie mit ihrer Mutter allein zurückblieb.

Eliza schien zu zögern, bevor sie Astoria an der Schulter berührte.
„Du siehst sehr hübsch aus."
Astorias Stimme zitterte.
„Danke."
Ihre Mutter blickte auf und ihre Augen wirkten feucht.
„Es tut mir leid Tori.", sprach sie und ihre Hand klammerte sich an Astoria. „Das alles, ich... Ich wollte doch nur, dass es dir gut geht und du nicht..."
Astoria griff nach ihrer Hand. Legte ihre auf die ihrer Mutter.
„Es ist schon gut, Mutter." Es war komisch sie wieder so zu nennen. In Elizas Augen regte sich etwas. „Ich bin glücklich. Ich habe meinen Sohn wieder und ich habe Draco." Alles hatte sich gefügt. Ihre Mutter nickte und Astoria lächelte schwach. „Hilfst du mir mit dem Schleier?"
Ihre Mutter wischte sich kurz über die Wangen und wandte sich dann von Astoria ab.
„Sicher. Sicher helfe ich dir."



Astoria konnte ihr noch nicht wirklich verzeihen. Aber, das ihre Mutter hier war, war ein gewaltiger Schritt für die Frau, die so verfahren in Traditionen, Ansehen und Pflichten war, dass sie ihrer eigenen Tochter verstoßen hatte. Sie hatte damals Astorias Glück gestohlen. Einfach so beschlossen, weil es nicht konform herging mit den Ansichten, die sie vertrat. Astoria würde nie richtig warm werden mit ihrer Mutter, aber es war der erste Schritt in eine vielleicht akzeptable Richtung. Doch das alles war später nicht mehr wichtig als ihr Vater sie zu Draco führte. Als sie sich ein Versprechen gaben und dabei ihr Sohn unter anderem der Trauzeuge war. Das alles war bedeutungslos, in Anbetracht dessen, dass sie ihr Glück wieder hatte. Und es nie wieder hergeben würde. Nie mehr in ihrem Leben dachte sie glücklich als Draco sie küsste und die Hochzeitsgäste jubilierten.







Das war's. Ich weiß, es ging jetzt doch ziemlich schnell. Und es tut mir leid, dass es so ein Kapitel geworden ist. Aber wie schon angekündigt wollte ich ein gutes Ende. Mal nebenbei, dass es anders geplant war. Ich wollte erst noch eine Art Rechtsstreit anzetteln usw. Aber das hätte einfach nicht mehr gepasst. Sicher, man hätte es jetzt noch ausschmücken können. Jeden Abschnitt, jeden Schritt ausformulieren können, aber das wäre dann einfach nicht mehr realistisch gewesen und ihr kennt mich: Ich liebe offene Enden. Ich hoffe es gefällt euch trotzdem und ich hoffe, dass es euch allen gut geht. Passt auf euch bitte alle auf.


LG eure Mona

Gestohlenes GlückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt