12.: God, fix those broken hearts.

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Langsam schlenderten wir am langen Fluss entlang.

Er hatte mich zu einem Spaziergang eingeladen und ich hatte zugestimmt, denn ich hatte nichts zu tun und war schon lang nicht mehr spazieren gewesen.

Seit dem Gespräch heute Morgen hatten wir nicht sonderlich viel geredet, ausser dass wir unseren Streit irgendwie geklärt hatten. Ich hatte seine und er hatte meine Schulter zum ausheulen.

Es war schwer für mich, ihn nur als Freund zu haben. Klar hatte ich mich gesträubt, ihn zu küssen, aber dieses Gefühl, es nie wieder zu tun, bereitete mir dennoch Kopfschmerzen. Es war komisch. Ich wollte nicht mehr, aber irgendwie schon, ich konnte ihn nicht lieben, dafür kannten wir uns zu wenig, doch irgendwie, auf eine seltsame Art und Weise tat ich es. Ja, ich liebte Adam. Zu früh, zu wenig, doch es war so.

Ich liebte ihn.

Und er liebte mich.

Wie schön wäre es nur, wenn wir zusammen wären. Wenn ich meine Vergangenheit abgeschlossen hatte, wäre ich bestimmt bereit für eine Beziehung.

Plötzlich unterbrach Adam meinen Gedankenfluss. "Meine Freunde kommen heute Abend. Macht dir das was aus?"

"Die mit denen du gestern..." trinken warst? "... draußen warst?", fragte ich.

"Ja, genau die."

Wenns sein muss. Ich nickte.

"Schön.", er lächelte. Gott, wie schön dieses Lächeln war.

"Macht es dir denn was aus, wenn ich heute Abend weg bin? Nur ein paar Freunde treffen, kein Alkohol."

"Auch keine Zigaretten."

"Keine Zigaretten, kein Alkohol.", wiederholte ich. Dieser Abend würde im Arsch sein, aber ihm zu Liebe würde ich es machen.

"Dann schon.", meinte er.

"Danke."

Bis nach Hause sagten wir nichts.

"Wieso finde ich nichts zum Anziehen, wenn es wichtig ist?", fluchte ich und wühlte in der Kommode herum. Nach gefühlten 10 Stunden fand ich endlich etwas, das nicht allzu übertrieben aussah. Es handelte sich um ein knielanges, enges schwarzes Kleid kombiniert mit einer hellen Jeansjacke, dazu ein goldene Kette, die bis zum Bauchnabel reichte und schwarze Ballerinas. Im Bad schminkte ich mir Smokey Eyes und lackierte mir die Nägel schwarz, bis auf die Ringfinger, die ich mit goldenem Nagellack versah.

Im Spiegel kontrollierte ich noch einmal, ob alles saß, dann nahm ich mir meine kleine Tasche und packte die wichtigsten Sachen hinein, zu denen auch mein Taschenmesser gehörte. Seit ein paar Vorfällen trug ich es bei mir, doch ich nutzte es nur als Abschreckung und wollte niemanden damit verletzen. Ich wollte mich gerade von Adam verabschieden und ihm einen schönen Abend wünschen, als es klingelte. Adam kam aus dem Wohnzimmer und rief mir zu: "Geh ins Wohnzimmer, ich stell sie dir gleich vor!" Ehm, ich wollte grade losgehen? Egal. Die halbe Stunde würde niemandem weh tun. Also setzte ich mich auf das Sofa und wartete. Nach einer lauten Begrüßung kam Adam mit seinen Gästen. Ich stand auf und begrüßte alle. "Jo, das sind Jan, Luca und Benni. Jan, Luca und Benni, das ist Jo.", sagte er und lachte. Jan war ein hochgewachsener, blonder Mann mit freundlich funkelnden grauen Augen und einem Drei-Tage-Bart. Seinen rechten Arm hatte er voll tätoowieren lassen, was sehr gut aussah. Luca sah aus wie einer von den Weasleys. Rote Haare, braune Augen und auch sehr groß, doch auch er sah auf seine Art gut aus und ausserdem brachte er mich mit einer kleinen Verbeugung zum Lachen. Benni jedoch stach aus den restlichen drei Jungen komplett heraus. Er war relativ klein - nur einen Kopf größer als meine 1,67 Meter Körpergröße - und hatte schwarze Haare, seine Augen waren eisblau und er trug ein Septum. Sein Kleidungsstil schwankte irgendwie zwischen "Mir egal" und "Ich bin traurig", gepaart mit viel Schwarz. So ungefähr hatte ich mich nach der Beerdigung meiner Mutter gekleidet. Er war mir nicht sympathisch, aber ich empfand Mitleid für ihn.

"Ich wusste gar nicht, dass du 'ne Freundin hast, Adam!", sagte Luca und grinste.

"Wir sind nicht zusammen, wir sind gute Freunde.", bemühte ich mich zu erklären.

"Uhh, 'Freunde' ", pfiff Jan.

"Ach, sei leise", meinte Adam und knuffte Jan in die Hüfte.

Wir quatschten noch eine Weile, dann verabschiedete ich mich.

"Wohin willst du?", fragte Adam. Trottel, hatte ich ihm das nicht schon erklärt?

"Du hast das 'Schatz' vergessen", lachte Luca.

"Lass sie doch, Luca.", murmelte Benni genervt. Die ganze Zeit schon hatte er wie der letzte Trauerkloß auf seinem Sofa gesessen und das Gespräch vollkommen an sich vorbeiziehen lassen.

Luca grinste nur.

"Ciao!", sagte ich noch in die Runde und ging.

Mit der Bahn fuhr ich zum gewohnten Ort.

"Heeeeey Jo, was machst du denn hier? Hast dich lang nich' blicken lassen.", meinte Liz, eine meiner alten Freundinnen, als ich ankam. Ich roch den Alkohol in ihrem Atem.

"War 'n bisschen weg.", erwiderte ich. Sie führte mich zu den anderen.

"Leute, Jo ist wieder da!", schrie sie. Freudige Aufschreie. "Wo warst du?" "Willst du Bier?" "Kommst du wieder öfter?" "Hast du Zigaretten?" waren einige davon.

"Lass uns Feiern gehen.", war meine einzige Antwort. Zustimmungsrufe. "Auf gehts!", schrie ich und die anderen jubelten.

Wir waren oft an der Mauer hinter dem alten Supermarkt gewesen. Wir hatten geweint, getrunken, geraucht, gefeiert, geredet. Es war unser Zufluchtsort, der Ort, zu dem wir flüchteten, wenn nichts mehr ging. Ja, wir waren oft dort, ja, es war immer jemand da. Und ja, es hat Spaß gemacht. Den Kummer zu ertränken, wegzurauchen, zu vertreiben. Jeder kümmerte sich um jeden. Wir waren die besten Freunde dort, doch sonst taten wir so, als hätten wir nie gesprochen. Reine Vorsichtsmaßnahme. Sonst wären immer mehr gekommen und so waren wir dort gemeinsam allein. Manchmal zu dritt, manchmal auch zu zehnt. Je nachdem, wieviele Sorgen wir hatten.

Heute war er meine einzige Sorge.

•••
Ja man, ich habs geschafft! :D
Sorry, aber ich hatte Stress in der Schule undso.
Hoffentlich hat euch das Kapitel gefallen :)

Narben { pausiert }Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt