28. Jir'Lore, 2145 n.n.O
Bis die Schwarmversammlung begann, dauerte es nicht mehr lange. In der Zwischenzeit hielt ich mich in der Nähe von Zac und Varon auf, wobei Zac seinen Arm locker um Varons Schulter gelegt hatte und sie so eine dauerhafte Gedankenverbindung aufrecht hielten. Irgendwie war ich schon neugierig gewesen, worüber sie sprachen. Doch ich konnte mich nicht überwinden, einfach zu ihnen herüberzuschwimmen. Wahrscheinlich wollten sie sowieso nicht mit mir reden.
Schließlich waren alle da – und hatten sich in einem lockeren Kreis zusammengefunden, ganz ähnlich wie bei meiner Schwarmeinführung, nur weniger formell. Es gab auch keinen offiziellen Redner. Irgendwann schienen sie einfach zu beschließen, dass es losging und griffen die Hände ihrer Nachbarn, sodass sich ein großer Kreis bildete. Natürlich hatte ich es vorher gewusst, aber die schiere Größe des Kreises zu sehen, überraschte mich dennoch. Schließlich war jedes vollwertige, erwachsene Schwarmmitglied anwesend, sogar die Flussbräute und -bräutigame. Irgendwie hatte ich trotz allem bis zum Schluss nicht daran geglaubt, dass diese tatsächlich an den Debatten über das Wohl und Wehe des Schwarms beteiligt wurden. Jetzt drehte sich Varon zu mir um und winkte mich erst heran und deutete dann auf seine Schulter.
Also kam ich näher, wobei ich mir der kritischen Blicke der Anwesenden durchaus bewusst war, und legte ihm meine Hand auf die Schulter, während meine Augen wie hypnotisiert an seinem langen, geflochtenen Zopf festhingen – besser als in den Kreis der Schwarmversammlung blicken zu müssen. Trotzdem spürte ich die Gegenwart aller Anwesenden. Mit einem Gefühl als hätte ich Steine im Magen, wandte ich rasch den Blick ab und begann der Versammlung zu lauschen.
Zuerst wurden die Tagespunkte festgelegt. Das hieß, dass sich jeder, der etwas mit dem Schwarm zu besprechen hatte, zu Wort meldete. Da war Sirek, ein Flussbräutigam und einer der Köche des Schwarms. Er wollte einen neuen Backofen auf der Insel. Oder ein junges Mädchen, das den Schwarm zeitweilig verlassen und einen Flussbräutigam suchen wollte. Auch Achs meldete sich zu Wort und erzählte von einer Familien aus einem der umliegenden Dörfer, die es gerade nicht einfach hatten, weil der Vater sich ein Bein gebrochen hatte und deshalb nicht arbeiten konnte. Nun, nach drei Zyklen gingen der Familie mit ihren vier Kindern die Ersparnisse aus und er würde gerne helfen.
Noch einige andere Themen wurden genannt, ehe sich Zac zu Wort meldete: „Meine Flussbraut Senga möchte einen Brief an ihren Vater schicken, damit er sich nicht länger Sorgen macht. Sie ist noch kein vollwertiges Mitglied dieses Schwarmes, weshalb Kontakte außerhalb des Sees traditionsgemäß eingeschränkt sind und nicht von einem allein erlaubt werden können.<<
Ich spürte so etwas wie Überraschung durch die Menge hindurch gleiten, aber es äußerte sich niemand zu meinem Wunsch. Stattdessen wurden noch zwei weitere Fragen auf die Tagesordnung gesetzt, ehe damit begonnen wurde, die Fragen nach und nach zu erörtern und zur Abstimmung frei zu geben. Anscheinend wurden wirklich alle Schwarmbezogenen Fragen durch simplen Mehrheitsbeschluss geklärt, ohne dass es einen konkreten Anführer gab. Kein Wunder, dass es eine Regel gab, dass immer mehr als die Hälfte des Schwarms an so einer Versammlung teilnehmen musste.
So wurde festgelegt, dass Sirek vorerst noch auf seinen Ofen warten musste, da die Baumaterialien teuer wären und erst einmal die Geschäfte des Sommers abgewartet werden wollten.
Auch das Mädchen musste sich noch gedulden, bis die Neujahrsfeier an Mittsommer vorbei war. Das war nicht mehr lange hin und so blieb noch genug Zeit für die Vorbereitungen, die so eine Reise mit sich brachte. Außerdem wäre bis dahin auch eine Person namens „Varona" wieder da. Diese würde mit Sicherheit noch ein paar gute Ratschläge beizusteuern haben. Wer auch immer das sein mochte.
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Des Wassermanns Weib II - berührt
Fantasy*ABGESCHLOSSEN* Mir wurde mal gesagt, dass rote Haare unter Wasser ganz besonders schön sind. Sie setzen einen Kontrast zu dem gedämpften, grünen Licht, das dort unten herrscht. Das ist nicht wahr. Mittlerweile weiß ich das. Denn nur ein paar Mete...