27. Kapitel

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Plötzlich ging alles ganz schnell und ich sah nur, wie etwas vor das Auto rannte, als ich auch schon die Bremse durchtrat und Ben und ich in unseren Sitzen nach vorne geworfen wurden. Doch ich ahnte, dass es bereits zu spät war.

Ich war vor Schock ganz gelehmt und saß da, die Hände fest um das Lenkrad gekrallt und den Blick starr auf die Straße gerichtet. Ben war der erste von uns beiden, der sich von dem Schock wieder erholte. Er schnallte sich ab und stieg langsam aus, dann ging er um das Auto herum nach vorne und kniete sich hin. Langsam tat ich es ihm gleich und als ich vorne ankam, stockte mir der Atem. Vor dem Auto lag ein großer Hund, er lag total verdreht da und winselte leise vor sich hin.

Ich schlug mir die Hände vor den Mund. ,,Oh mein Gott, Scheiße, was machen wir denn jetzt?", fragte ich total panisch und sah mich suchend um, als würde ich die Antwort irgendwo finden.

,,Hey, atme erstmal tief durch und google dann die nächste Tierklinik die du findest, dort bringen wir ihn hin!", wies mich Ben an und ich ging zurück zum Auto und  kramte mein Handy aus meinem Rucksack. ,,Mach mal die Hintere Tür auf!", sagte Ben und als ich tat, was er sagte, hob er vorsichtig den Hund hoch, der dabei aufjaulte, und legte ihn auf der Rückbank ab. Ich starrte den Hund an und konnte meinen Blick einfach nicht abwenden. Ich hatte ein Lebewesen angefahren! Ich konnte es immernoch nicht fassen...

,,Hast du die Adresse?", fragte Ben und ich reichte ihm wortlos mein Handy.

,,I-ich setze m-ich nach hinten zu ihm!", sagte ich und es kostete mich Mühe, überhaupt etwas raus zu bekommen.

,,Ist gut!"

Ich setzte mich auf die Rückbank neben den Hund und legte vorsichtig seinen Kopf in meinen Schoß. Er zitterte am ganzen Körper und ich legte meine Sweatschirt jacke vorsichtig über seinen Körper. Als ich ihn auch noch vorsichtig streicheln wollte, zuckte er heftig zusammen und jaulte auf, also ließ ich dies lieber. Ben fuhr los und ich passte auf, dass der Hund nicht von der Sitzbank rutschte. Ich konnte es einfach nicht fassen, sowas war mir noch nie passiert!

Wir kamen an der Tierklinik an und Ben trug den Hund herein. Ich folgte ihm doch ich bekam alles nur wie in Trance mit, obwohl mein Herz stark gegen meinen Brustkorb hämmerte. Wir wurden direkt in ein Behandlungszimmer gerufen und wärend die Ärztin den Hund untersuchte, erzählte Ben ihr, was passiert war. Jetzt im Licht konnte ich den Hund besser erkennen, doch es machte es nicht besser. Er hatte strahlend blaue Augen doch sie waren von Schmerz erfüllt. Ich konnte einen weißen Bauch erahnen, doch das Fell war voller Dreck und Blut. Eins der Hinterbeine war total verdreht und sein eines Ohr war ein bisschen eingerissen, doch es blutete nicht mehr.

Ich setzte mich auf einen Stuhl an der Wand und starrte vor mich hin. Ich bekam mit, wie die Tierärztin, Ben und der Hund in einen anderen Raum zum Röngten gingen und nach einer Weile wieder kamen. Die Ärztin hängte die Röngtenbilder an die Wand und begann zu erklären: ,,Also es sieht nicht gut aus für den Hund, er hat viele Verletzungen und manche von ihnen sind auch schon älter. Am schlimmsten sind zwei gebrochene Rippen, das gebrochene Hinterbein und die Rute, also der Schwanz, sieht ziemlich schlimm aus." Sie wandte sich an Ben und mich. ,,Ich wollte den Chip auslesen, aber er hat keinen und so können wir weder sagen wo er herkommt, noch wem er gehört. Er leidet sehr und wenn sich keiner wegen ihm bei uns meldet, müssten wir ihn einschläfern..."

Ich schluckte. Ich war schuld, dass dieser Hund starb... ,,Gäbe es denn eine Chance, dass man ihn behandeln könnte und er es überlebt?"

Die Tierärztin warf einen Blick auf den Hund. ,,Ja die gäbe es schon, allerdings würde das seine Zeit dauern und es wäre auch nicht billig. Wir würden es nur machen, wenn sich jemand bereit dazu erklärt, die Kosten zu übernehmen."

Ich nickte und antwortete: ,,Geld ist kein Problem, ich übernehme das gerne!"

,,Das freut mich zu hören, dann müssten Sie gleich noch ein paar Papiere ausfüllen."

Eine andere Tierärztin kam herein und die Ärztin vom Anfang gab ihr Anweisungen, wie sie den Hund versorgen sollte. Dann kramte sie in einer Schublade herum und gab Ben und mir ein paar Papiere zum Ausfüllen.

Als wir in der Tierklinik fertig waren, gingen wir langsam wieder zum Auto. Mir wurde bewusst, wie viel an diesem Tag schon alles passiert war und ich drehte mich zu Ben um, der hinter mir gegangen war. ,,Hey, danke noch mal für alles heute."

Er versuchte zu lächeln und es kam ein schiefes Grinsen zustande. ,,Kein Problem."

Mir fiel plötzlich auf, dass zwischen uns nur ein sehr kleiner Abstand war und mein Blick fiel auf seine Lippen.  Irgendwas schien von mir Besitz zu ergreifen und so trat ich einen Schritt vor und legte meine Lippen auf seine. Er schien erst ziemlich überrascht, doch dann erwiederte er den Kuss. Unsere Lippen berührten sich vorsichtig und zart, es war ein guter Kuss doch irgendwie war es auch nicht mehr als ein guter Kuss. Wir lösten uns voneinander und sahen uns überrascht und erschrocken an.

,,Ähm, tut mir leid dass ich dich so überrumpelt habe, ich meine, wir kennen uns gerade mal einen Tag wirklich und...!" Ich sah unsicher auf den Boden und wusste nicht ganz, was ich jetzt machen sollte.

,,Mir tut es auch leid, ich hätte dir sagen sollen dass ich gerade keine Freundin suche oder brauche und wahrscheinlich habe ich dir falsche Signale gesendet!" Ich sah ihm an, dass er sich gerade sehr unwohl fühlte und ein schlechtes Gewissen zu haben schien.

,,Nein du kannst nichts dafür, du hast von Anfang an gesagt, dass es kein Date ist!"

,,Okay, was hältst du davon, wenn wir diesen Kuss einfach vergessen?", fragte er und sah mich hoffnungsvoll an.

Ich nickte und sah ihn erleichtert an. ,,Das wäre super!"

Wir stiegen in Bens Auto und er sah mich fragend und abwartend an. ,,Soll ich dich in die Schule zu deinem Auto bringen?", fragte er schließlich zögerlich.

Es dauerte einen Moment bis seine Worte bei mir ankamen, und als sie es taten, bildete sich ein Kloß in meinem Hals. ,,Ähm, hättest du vielleicht Lust bei mir zu schlafen?", fragte ich und bevor es noch falsch rüber kam, fügte ich noch schnell hinzu: ,,Also nicht ... du weißt schon, sondern halt nur als Freunde... Ich könnte nach diesem Tag noch Gesellschaft vertragen!"

Er zögerte einen kurzen Moment doch schließlich nickte er. ,,In Ordnung." Und ich war ihm unglaublich dankbar dafür.


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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 10, 2021 ⏰

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