1. Kapitel: Tränen

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Yvonne warf sich geschafft und leise schluchzend aufs Sofa in der Umkleide, die wir uns teilten. Langsam ließ ich mich neben ihr nieder und zog ihren Kopf sanft auf meinen Schoß. Zärtlich Strichen meine Finger durch ihre braunen Strähnen
"Yvonne..... du kannst nichts dafür, dass Juan rausgeflogen ist..  das ist nicht deine schuld." Flüsterte ich. Dieses eine Talent schien Yvonne viel mehr zu bedeuten, als sie zugeben wollte. Ich bin ja auch ziemlich emotional, aber Yvonne treibt das noch etwas weiter. Sie rutscht geradezu in eine bemutternde Rolle für die Talents und bei manchen nunmal mehr als bei anderen. Und bei Juan war es besonders stark.
"Es tut mir so leid" schluchzte Yvonne bitterlich "er hätte es so viel weiter schaffen müssen.... "
"Ey, Yvonne, dass er es nicht ist, ist nicht deine Schuld." Ich versuchte ihr in die augen zu sehen "sieh mich an, bitte..."
Endlich beruhigte sie sich ein wenig und sah mit ihren vor Tränen glitzernden, blauen Augen zu mir hoch. Für einen kurzen Moment raubte mir dieser Anblick den Atem. Das war der schönste Anblick, der sich mir je geboten hatte. Yvonnes Augen waren leicht gerötet, wodurch ihre stechenden blauen Augen noch mehr hervortraten, als gewöhnlich.
"Du..." ich musste hart schlucken, um überhaupt etwas hervorzubringen "du hättest nicht mehr für ihn da sein können, als du es warst.... ne, du hast dich so aufopfernd um ihn gekümmert... er schafft es jetzt auch so... ohne the voice zu gewinnen..."
Ein zaghaftes, kleines nicken, war alles was ich als Antwort erhielt, aber das reichte mir auch. Behutsam zog ich die noch immer aufgewühlte Sängerin in meine arme "mach dir keine Vorwürfe, ne..."
"Danke" murmelte die Frau in meinen armen leise
Sanft strich ich ihr über den Rücken und wartete Geduldig, bis sie nicht mehr weinte.
"Möchtest du einen Tee oder so?" Fragte ich vorsichtig nach einer Weile stille
"Nein.. ich will nicht, dass du mich loslässt...." kam die leise Antwort Yvonnes
Einen Moment lang rührte ich mich nicht. Hatte sie das wirklich gerade gesagt? Hatte Yvonne Catterfelds atemberaubende Stimme mich gerade darum gebeten Sie weiter an mich gedrückt zu halten? Meine arme zogen sie ein wenig enger an mich. Ich schloss die Augen und spürte ihre Haare meinen Hals leicht kitzeln. Ich hörte ihren regelmäßigen Atem neben meinem Ohr, roch ihr parfum und spürte das Nass ihrer Tränen auf meinem Shirt. Von mir aus, könnte dieser Moment für immer anhalten. Noch nie hatte ich mich ihr so nah gefühlt, noch nie, war ich so kurz davor gewesen, meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Langsam ließ sie von mir ab und als ich meine Augen wieder öffnete,  sah sie mich direkt an. Sie saß nun mehr oder weniger auf meinem schoß und unsere Nasen berührten sich beinahe.
"Yvonne..." begonn ich, konnte meinen Satz aber nicht zuende führen
"Stefanie?" Hauchte sie unsicher
"Ich wollte nur...."
"Ja...?"
"Du bist.... du brauchst ein Taschentuch." Ich sah zur Seite und schob sie vorsichtig von mir herunter. Sie jedoch hielt sich fest an mir.
"Nein... Steff, das wolltest du nicht sagen. Was wolltest du eigentlich zu mir sagen?" Sie griff nach meiner Hand.
Ihre Hand war unglaublich weich und in diesem Moment das wohl zerbrechlichste, das ich je gehalten hatte.
"Du bist wunderschön...." ich sah sie nicht an, während ich das sagte. Ich wollte nicht, dass sie sehen konnte  was in mir vor ging.
"Danke...." Yvonne lächelte ganz leicht und strich ihre restlichen Tränen weg "aber du hast ja keine Ahnung, wie hübsch du bist..."
Etwas überrascht sah ich auf und blickte sofort wieder in diese tiefen Meere ihrer Augen, in denen ich mich wohl für immer verlieren konnte, passte ich nicht genug auf
"Ich.... ich bin verloren, in deiner Mitte" hauchte ich und strich ihr eine haarsträhne hinters Ohr "Machst mich zum Kämpfer, ohne Visier,  alles gedreht, Sinne wie benebelt" ich näherte mich ihr nur wenige Millimeter
Yvonnes Atem stockte leicht, als ich so leise zu singen begann
"Ich bin so heillos betrunken von dir" meine Stimme war jetzt kaum lauter als die laue Brise vor dem Fenster
"Du... wärmst mich auf, mit deinem Wesen" entgegnete Yvonne ebenso lautlos
Dieser Kleine Satz brachte alle Dämme in mir zum brechen und ich legte meine Hand sanft an ihre wange. Ohne noch einmal darüber nachzudenken, versiegelte ich ihre Lippen mit meinen.
Es brauchte einen Moment, bis Yvonne sich aus ihrer schockstarre erholt hatte und den kuss schüchtern erwiderte. Langsam löste ich mich wieder von der Schauspielerin und wagte es erst gar nicht sie anzusehen. Sie jedoch, schlang ihre Arme fest um meinen Hals und erneut konnte ich Tränen auf meinem Shirt spüren, doch war ich mir sicher, dass es dieses Mal Freudentränen waren.

CatterkloßWo Geschichten leben. Entdecke jetzt