# 3

2.9K 166 30
                                    

- 23.12. -

- Lola -

Mein Herz klopft immer schneller, als wir durch den Vorgarten auf das Haus von Zoes Eltern zustapfen.
Hoffentlich mögen sie mich…
Nicht nur Zoes Eltern, sondern auch ihre Schwester, deren Mann und die Zwillinge…
Wenn auch nur einer von ihnen mich nicht mag, wird das alles verkomplizieren, ganz egal wie oft Zoe beteuert, dass es zwischen uns nichts ändern würde…ach, verdammt…
Ich schlucke schwer, als wir vor der altmodischen Tür mit dem verschnörkelten Türklopfer angelangt sind und halte den Atem an, als Zoe ihre Hand danach ausstreckt.
Ohne näher darüber nachzudenken, greife ich nach ihrer Hand und ziehe sie etwas unsanft wieder herunter.
„Was zum…“, stößt Zoe hervor und schaut mich fragend aus ihren braunen Augen an, „was soll das, Lola? Warum machst du…“
In diesem Moment wird die Haustür abrupt aufgezogen und ein polterndes Lachen ertönt.
„Da ist ja mein Mädchen!“
Erschrocken stolpere ich zur Seite und sehe, wie ein großer kräftiger Mann mit zwei Schritten auf Zoe zustapft und sie fest an sich drückt, wobei sie fast zwischen seinen Armen in der Umarmung verschwindet.
„Ich hab dich vermisst, Kleines. Wie geht’s dir? Wie war die Fahrt?“
„Gut, Papa“, höre ich Zoes Stimme gedämpft sagen, während ihr Gesicht immer noch gegen den Pulli des Mannes gedrückt wird.
Etwas überrascht über diese Bezeichnung hebe ich die Augenbrauen und mustere den Mann
etwas genauer.
Irgendwie habe ich mir Zoes Vater anders vorgestellt. Etwas ruhiger und seriöser, so nach dem Motto klassischer Anzugträger.
Stattdessen ist Zoes Vater knapp zwei Köpfe größer und ungefähr dreimal so breit wie sie und sieht damit so aus wie jemand, der in seiner Freizeit leidenschaftlich gerne Klaviere schleppt…in den fünften Stock und ohne Aufzug.
Immer noch polternd lachend löst der Mann sich aus der Umarmung und betrachtet Zoe mit einem breiten Grinsen, wobei Mund, Kinn und die Seiten von einem ordentlich getrimmten dunklen Vollbart umspielt werden, passend zu seinen kurzen dunklen Haaren.
„Schön. Sehr schön, mein Mädchen“, sagt er und streicht ihr für seine Statur überraschend sanft über die Schulter, bevor er sich immer noch breit grinsend zu mir dreht, „und das ist sie also?“
Oh je…
Ich schlucke schwer und würde am liebsten zurück zu Zoes Auto laufen und mich darin verstecken, was ich wahrscheinlich auch getan hätte, wenn ich mit Sicherheit hätte sagen
können, dass mich meine zitternden Beine bis dahin getragen hätten.
Doch stattdessen bleibe ich einfach nur wie erstarrt auf der Veranda des Hauses stehen und schaue zu Zoes Vater, der mich immer noch neugierig aus seinen grünen Augen mustert.
„Ich…ähm…ich“, stammele ich und schlucke erneut, bevor ich etwas ungeschickt meine Hand ausstrecke und sie Zoes Vater hinhalte, „ich...äh…es freut mich, Sie kennenzulernen, Herr Jacobi. I-Ich bin Lola Sommer.“
Mein Herzklopfen wird immer stärker und meine Unsicherheit wächst mehr und mehr, als Zoes Vater erst etwas befremdlich auf meine Hand schaut und dann in schallendes Gelächter ausbricht.
„Ach, jetzt lass doch die Förmlichkeiten. Ich bin der Bodo.“
Was?
Noch bevor ich mich bewegen oder auch nur etwas erwidern kann, tritt Bodo auf mich zu und schließt mich so fest in die Arme, dass ich kaum atmen kann.
„Schön dich kennenzulernen, Lola“, höre ich ihn sagen und bewundere Zoe, dass sie bei dieser Bärenumarmung überhaupt etwas erwidern konnte, während sich gleichzeitig ein warmes Gefühl in mir ausbreitet.
Als Bodo mich wieder loslässt, hole ich tief Luft und räuspere mich, um etwas zu erwidern, verschlucke mich jedoch, als er mir kräftig auf den Rücken klopft.
„Und du hast es also geschafft, meinem kleinen Mädchen derart den Kopf zu verdrehen, hm?“
„Papa.“
Mit dem Ellenbogen stößt Zoe ihrem Vater in die Seite, während sich eine dezente Röte über ihren Wangen ausbreitet.
„Was denn? Ich habe doch Recht“, erwidert Bodo immer noch lachend und schaut mit einem leichten Kopfschütteln von seiner Tochter zurück zu mir, bevor er sich mit einem verschwörerischen Blick ein Stück zu mir vorlehnt. „Als sie im Frühling bei uns war, hat sie fast ununterbrochen von dir geschwärmt. Wie ein frisch verliebter Teenager…“
„Papa!“
Zoes energischer Ausruf und ihre inzwischen glühenden Wangen lassen mich breit grinsen und ich zwinkere vielsagend in ihre Richtung.
„Gut zu wissen“, sage ich und muss lachen, als Zoe erst die Augen verdreht und mir anschließend eine Grimasse schneidet.
So süß…
„Na, Papa? Blamierst du unsere kleine Zouzou mal wieder?“
Ich schlucke und mein Herzklopfen wird erneut stärker, als ich die Stimme von Zoes Schwester Marie wiedererkenne, die kurz darauf zusammen mit einem hochgewachsenen dunkelhaarigen Mann und den Zwillingen Amélie und Thibault auf die Veranda tritt.
„Blamieren? Also wirklich, Mariechen. So ein Unsinn“, entgegnet Bodo und klopft mir erneut auf den Rücken, diesmal zum Glück etwas sanfter, „ich habe nur unseren Ehrengast begrüßt.“
„Natürlich.“
Marie wirft einen vielsagenden Blick in Zoes Richtung, deren Wangen immer noch quietschrot sind, bevor sie mit einem unbeschwerten Lächeln auf mich zutritt.
„Hallöchen, Lola“, sagt sie und begrüßt mich mit zwei typisch französischen Wangenküssen, „es ist schön, dich endlich kennenzulernen, ma belle. Zoe hat uns schon so viel von dir erzählt…“
„Das weiß sie schon“, höre ich Zoe ein wenig trotzig sagen, woraufhin Marie amüsiert auflacht und zu ihrer Schwester schaut.
„Man kann es nicht oft genug sagen, n’est-ce pas?“, sagt sie und zwinkert Zoe belustigt zu, während ich ein Zupfen an meiner Jacke spüre und nach unten schaue.
„Salut!“, sagt Amélie und schaut zusammen mit ihrem Zwillingsbruder grinsend zu mir hoch, „comment vas-tu?“
„Amélie“, seufzt Marie und wirft mir einen entschuldigenden Blick zu, den ich lächelnd erwidere und danach wieder zu Amélie und Thibault schaue, zu denen ich mich ein Stück
hinunterbeuge.
„Je vais bien, merci. Et toi?“
Auf meine Antwort hin verwandelt sich das Grinsen von Amélie und Thibault in ein breites Strahlen und ihre grünen Augen leuchten auf, während Marie mich etwas überrascht mustert.
„Du sprichst ja doch Französisch“, sagt Thibault und schaut zwischen mir und seiner Zwillingsschwester hin und her, „das ist ja toll!“
„Na ja, ein bisschen“, sage ich und schaue von den Zwillingen zu Marie, die mir lächelnd zunickt.
„C’était très bien, ma belle. Sieht so aus, als hätte mein Schwesterchen dir doch ein bisschen Französisch beigebracht…also, sprachlich gesehen.“
Auch wenn Marie den letzten Teil ihres Satzes mehr geraunt als gesprochen hat, scheint Zoe ihn trotzdem gehört zu haben, denn der rötliche Ton auf ihren Wangen wird noch eine Nuance dunkler.
Marie zwinkert mir unterdessen verschwörerisch zu und dreht sich danach halb zu dem dunkelhaarigen Mann um, der nun auf uns zutritt und im Gehen seine Brille etwas zurechtrückt, durch dessen kreisrunde Gläser mich seine blauen Augen mustern.
„Darf ich dir meinen Mann Constantin vorstellen, Lola?“, fragt Marie und tritt einen Schritt zur Seite, um dem dunkelhaarigen Mann Platz zu machen, der mit einem warmen Lächeln, welches gleichzeitig eine tiefe Ruhe ausstrahlt, vor mir stehen bleibt.
„Bonjour, Lola“, sagt Constantin und begrüßt mich ebenfalls mit zwei Wangenküssen, „Constantin Dupont, aber Constantin reicht völlig. Je suis très heureux de faire ta
connaissance. Ähm...ich meine...ich freue mich sehr, deine…wie sagt man…Bekanntschaft zu machen?“
„Ja, genauso sagt man. Und merci, ich freue mich auch“, erwidere ich und muss über den leichten, aber doch recht charmanten französischen Akzent lächeln, während Zoe auf uns zutritt und Constantin ebenfalls mit zwei Wangenküssen begrüßt und anschließend umarmt.
„Salut, Constantin. Es ist so schön, dich endlich wiederzusehen.“
„Le plaisir est pour moi, ma chère Zoe“, erwidert Constantin und löst sich lächelnd aus der Umarmung, „aber ich glaube, dass es da noch jemanden gibt, der ta petite amie kennenlernen möchte, n’est-ce pas?“
Er schaut Zoe vielsagend an, die wiederum langsam nickt.
„Sicher. Ist sie denn wach?“
„Oui. Sie ist in eurem Wintergarten.“
„Gut.“
Zoe nickt erneut, während ihr Blick langsam zu mir wandert, bevor sie meine Hand ergreift, unsere Finger ineinander verschränkt und mich mit sich zieht.
„Komm, chérie. Es wird Zeit, dass du meine Mutter kennenlernst.“

Weihnachten Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 2) (girlxgirl; christmas) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt