The Girl in my head

Kapitel 10 - Vivian

Vivians PoV:
„Schönen Abend noch, tschau!" Mit diesen Worten verabschiedete ich mich von meinen Kollegen aus dem Online-Meeting.

Ich atmete erleichtert auf. Endlich hat dieser ganze Mist ein Ende. Es ist doch auch jedes Mal dasselbe, das Übliche hin und her. Ich schaltete meinen Laptop aus und verließ mein Zimmer. Ich wollte nach Vivian schauen und ihr einen Tee machen.
„Na wie geht's dir, Maus?", fragte ich, als ich die Wohnküche betrat.
„Naja, ganz okay...", antwortete sie schulterzuckend und konzentriete sich dabei weiter auf ihre Zeichnung, die sie im Laufe des Tages angefangen haben musste.
„Wie definierst du ganz okay?", hakte ich nach und setzte Wasser für den Tee auf.
„Also, meine Kopfschmerzen sind weg, aber dafür fühle ich mich immer noch ziemlich schlapp, außerdem denke ich die ganze Zeit über meinen Traum nach."
„Aha, das ist ja schon mal ein Weg zur Besserung."
Vivian nickte bestätigen und widmete sich wieder einer Zeichnung, an der sie wohl den Tag über gearbeitet hatte.

Mit zwei Tassen Tee auf einem Tablett setze ich mich neben sie auf das Sofa.
„Also Vivi, ich hatte dir ja gesagt, dass ich noch etwas mit dir besprechen möchte...", fing ich zögerlich das Gespräch an und nahm einen Schluck von meinem Tee. Vivian nickte wieder nur und zeichnete konzentriert weiter, dabei brauchte ich für dieses Thema ihre volle Aufmerksamkeit und ich wusste auch genau, wie ich diese bekommen würde.
„Es geht um unsere Eltern."
Sofort wand sie ihren Blick von der Zeichnung ab und guckte mich aufmerksam an.
„Was ist mit ihnen?", fragte sie aufgeregt.
Sie klang so, als würde sie sich freuen, dass wir nun über sie reden werden, aber das war nicht gut, denn der Grund warum wir über sie reden mussten, war nicht gerade erfreulich.
Ich atmete einmal tief ein und aus und sammelte all meine Kraft für das Gespräch.
„Ähm, leider, leider sind unsere Eltern vor etwa drei Wochen aus dem Gefängnis entlassen worden." Vivian starrte mich erschrocken an. Ich konnte ihrem Blick keine Angst, kein Erstaunen, keine Freude, oder sonst irgendeine mir bekannte Emotion entnehmen. Allerdings erkannte ich eins sehr gut. Sie steckte in einem reinen Chaos der Gefühle.
„Wieso leider?", fragte sie mich ziemlich hilflos.
Bilder schossen in meinen Kopf. Ich sah das Geschehen von vor elf Jahren genau vor meinen Augen. Ein kalter Schauer fuhr mir durch den ganzen Körper.
„Karo?", fragte Vivian besorgt.
Ich holte wieder tief Luft. „Du musst wissen, dass unsere Eltern keine guten Menschen sind. Ich werde dir heute erzählen, weshalb sie im Gefängnis waren und warum sie dort noch weiter drinsitzen sollten. Ich werde dir alles rund um deine Geschichte erzählen. Alles außer dem genauem Tatvorgang."
Vivian nickte wieder nur. Ich glaubte, dass ich sie ziemlich überrumpelt hatte mit diesem Gespräch. Doch nun, wo unsere Eltern auf freiem Fuß waren und solch schlimme Pläne schmiedeten, muss sie sich der Gefahr, die von unseren Eltern ausging, bewusst sein, auch wenn ich ihr diese Pläne nicht erzählen konnte. Sie musste nur begreifen, wie gefährlich es sein kann, wenn sie auf sie trifft.

„Erst einmal solltest du die Vorgeschichte unserer Eltern und mir kennen. Sie waren nie besonders reich und haben immer in eher zwielichtigen Gegenden gelebt. Sowohl als sie selber ein Kind waren, als auch als ich ein Kind war. Während meiner Kindheit , waren sie noch unfassbar liebevolle Menschen und Eltern. Ihr einziger Mängel war vielleicht, die leicht chaotische Wohnung und, dass sie ab und zu mal betrunken waren, was aber nur zwei bis drei mal im Jahr vorkam, und dass sie durch schlechte Erfahrungen aus ihrer Jugend psychische Probleme hatten. Ansonsten waren sie immer sehr liebevoll mit mir. Leider kam es dazu, dass sie als ich etwa 15 Jahre alt war, an die falschen Leute aus unserer Gegend geraten sind und dadurch in ein schweres Alkoholproblem entwickelt haben."
Ich machte kurz Pause und atmete noch einmal durch. Das alles noch einmal mit Vivian durchzugehen viel mir schwer, da ich eigentlich mit meiner Vergangenheit einfach nur abschließen wollte.