An dem Tag, als der Feuerkelch entschied, wer die Champions für das Trimagische Turnier werden sollten, fühlte ich mich in der Früh sehr schlapp. Ich bekam den ganzen Tag keinen Bissen herunter und wollte auch sonst am liebsten nur im Bett liegen. So ließ ich meine Hausaufgaben, die ich eigentlich dringend zu erledigen hatte, liegen und kritzelte fast den gesamten Vormittag irgendwelche Zeichnungen in meinen Notizblock.
Als ich nach dem Mittagessen - Hermine hatte mich gezwungen, mit zu gehen, was jedoch nichts gebracht hatte, weil ich ohnehin nichts essen wollte - wieder meine Pyjamahose anzog und mich in mein Bett setzte, hatte ich plötzlich eine Idee. Ich zog die Schublade meines Nachtkäschens auf und holte von ganz hinten meine alten Zeichnungen heraus.
Als erstes fand ich eine Zeichnung, die meinen Vater zeigte. Ich hatte sie Anfang der ersten Klasse gezeichnet. Das gesamte Blatt war von kleinen dunklen Punkten gezeichnet, die von meinen damaligen Tränen herrührten. Ich strich gedankenverloren über diese, während ich das Gesicht meines Vaters genauestens betrachtete.
Mir wurde bewusst, dass ich bis gerade eben nur noch das Bild meines jungen Vaters vor Augen gehabt hatte. Ich hatte, nachdem ich in meinem zweiten Jahrgang durch Vaters Tagebuch zu seinem sechzehnjährigen Ich Kontakt aufnehmen konnte, nur mehr dieses junge, hübsche Gesicht in meinem Kopf gesehen. So war es plötzlich etwas ganz Besonderes, diese alte Zeichnung in den Händen zu halten.
Natürlich war dieses Porträt nicht perfekt geworden, da ich damals erst elf oder zwölf Jahre alt gewesen war und es schon damals Jahre her gewesen war, dass ich meinen Vater verloren hatte, aber trotzdem gefiel mir die Zeichnung. Sie rief mir in Erinnerung, wie herrisch sein Gesichtsausdruck gewesen war, wie dunkel seine Augen und wie faltig seine Haut. Es war damals nicht mehr viel von dem einst so hübschen Jungen übrig geblieben. Äußerlich, wie bestimmt auch charakteristisch.
Dass mein Vater so faltig war, bereitete mir Magenschmerzen. Schon wieder musste ich daran denken, wie alt mein Vater gewesen war und wie jung meine Mutter. Ich legte die Zeichnung schnell verkehrt herum neben mich auf das Bett.
Als nächstes berührten meine Finger den Spiegel, den mir Dumbledore einst geschenkt hatte. Mit diesem wollte ich mich jetzt jedoch nicht befassen, weswegen ich ihn gar nicht erst herausholte.
Stattdessen hielt ich plötzlich eine schon fast vergessene Zeichnung von vor über zehn Jahren in den Händen. Sie war nicht viel schöner, als eine, die man sich von einem vierjährigen Kind erwartete und doch hatte ich sie damals mit nach Hogwarts nehmen wollen. Ich hatte noch nie ein Foto meiner Mutter gesehen, wusste nicht einmal, ob eines vorhanden war, weswegen diese Zeichnung alles war, das mich an sie erinnerte. Ich hatte die Puppe, die Kette, die ganzen Träume und die Begegnung vor zwei Jahren mit meinem Vater, aber nichts von meiner Mutter.
Obwohl es meine Mutter war, die nie als sicherlich tot galt, war sie es, die für mich gestorben war. Vor etwa sechs Jahren hatte ich vergessen, wie meine Mutter ausgesehen hatte. Vor vier Jahren hatte ich vergessen, wie sich ihre Umarmungen angefühlt hatten und heute konnte ich mich nicht einmal mehr daran erinnern, wie sie gerochen hatte. Ich war eine wirklich furchtbare Tochter.
Anders als sonst immer, kamen mir nicht bei der Erinnerung an meinen Vater, sondern bei meiner Mutter die Tränen. Ein ganz neues Gefühl breitete sich in meinem Inneren aus: Reue. Ich hätte meine Mutter beschützen können und ich hätte nach ihr suchen müssen. Vielleicht hatte sie jemand eingesperrt und sie hatte nur all die Jahre darauf gewartet, dass ihre Tochter sie befreien würde. Aber diese Tochter war nie gekommen. Diese Tochter hatte sie einfach vergessen.
Selbst in dieser Zeichnung erkannte ich, wie jung meine Mutter gewesen war. Ich hatte sie damals mit den gleichen warmen grünen Augen wie ich sie hatte, gezeichnet. Ihr Haar hing in glatten braunen Strähnen an ihrem Kopf herunter und ihre Figur war schön und zierlich. Oh ja, meine Mutter war eine wirklich attraktive junge Frau gewesen, natürlich, mein Vater hatte sie sich schließlich ausgesucht.
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Die Tochter des dunklen Lords (Harry Potter Fanfiction)
FanficGrausam. Kalt. Herzlos. So würden die meisten Hexen und Zauberer den Mann beschreiben, der diskriminiert, tyrannisiert, foltert und mordet. So aber nicht seine Tochter. Der dunkle Lord hatte nämlich vier Jahre lang Zeit, seiner Tochter seine Ansicht...