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Melody war sprachlos.
Neptun - oder Poseidon, wie er auch genannt wurde - war bei den Menschen immer noch als Gott der Meere und der Pferde bekannt. Melody hatte noch nie verstanden, warum er der Gott der Pferde war. Heutzutage war er nur noch ein Mythos und der Großteil der menschlichen Bevölkerung hatte ihn höchstwahrscheinlich vergessen. Doch er existierte wirklich und der Weltenwandlerin wurde abermals bewusst, dass vor ihr der König über ganz Macambria im Wasser schwebte und sie ihn vor etwa dreißig Sekunden beleidigt hatte.
Im Nachheinein war es ja ganz nett, dass er auf ihre Anschuldigungen nicht genauer eingegangen war. Eigentlich kannte man ihn eher als aufbrausenden und störrischen Meermann, der mit seiner Mistgabel herumfuchtelte und das Wasser im Umkreis von zehn Kilometern zum Brodeln brachte. Doch all die Geschichten, die ihr ihr Vater erzählt hatte, schienen mit einem Mal unwirklich.
Beim Gedanken an ihren Vater zog sich ihr Magen zu einem Klumpen zusammen. Schnell ignorierte die Nixe das Gefühl und konzentrierte sich auf das Hier und Jetzt, in dem sie sich Neptun entgegenstellen musste. Nun machte alles einen Sinn.
''Also, wo waren wir stehengeblieben?'', erkundigte sich der König und seine Wut schien wie weggeblasen. Anscheinend hatte er doch ein paar Stimmungsschwankungen. Melody blinzelte kurz, überrascht von der Freundlichkeit in seiner Stimme.
''Äh...'' Sehr originell. Innerlich schlug sie sich auf die Stirn und war hilflos überfordert mit der Situation. Sollte sie sich entschuldigen? Mit einem Mal beneidete sie ihre Freunde, die einfach ihre Klappe gehalten hatten.
''Wir...äh...'', stammelte die Weltenwandlerin erneut und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Neptun - oder Poseidon? Melody hatte keinen blassen Schimmer - hob eine Augenbraue und brummte durch seinen Bart. "Wird das noch was? Ah, zurück zu eurem kleinen Trip. Habt ihr noch irgendwelche Beleidigungen mit denen ihr mich bequatschen wollt?" Melody schwieg und da kein anderer etwas erwiderte, seufzte Neptun auf und nickte. "Dachte ich mir bereits. Wenn ich dann fortfahren dürfte, oder möchte noch jemand mich unterbrechen?" Er warf dem eingeschüchterten Meermann einen strengen Blick zu, unter welchen jeder sofort zusammengezuckt wäre, was dieser auch tat, und ließ den Blick über die restlichen Gesichter schweifen.
"Nun, ihr bereut also alle nichts von dem, was ihr verantwortet habt?" Melody nickte zögerlich und als Neptun fortfuhr, wusste sie, dass ihre Freunde ihr den Rücken gestärkt hatten. Innerlich wappnete sie sich für eine Strafe, von der sie zwar nicht wusste, wie sie aussah, aber die mit Sicherheit alles andere als nett war. Neptun holte tief Luft und Melody hatte fast das Gefühl, dass er einen leichten Sog erzeugte.
"Wenn das so ist... Ihr habt unverantwortlich gehandelt, habt eure Leben aufs Spiel gesetzt und hättet einen Krieg starten können. Ist euch das bewusst?" Er wartete erst gar nicht auf die Antwort, sondern sprach ruhig weiter. Jetzt kam die Strafe, dem waren sich alle sicher. Melody senkte den Kopf, um dem König der Weltmeere nicht in die Augen sehen zu müssen.
"Ihr habt Regeln missachtet und meinen Befehl ignoriert und deshalb danke ich euch."
"Wie bitte?", rutschte es Arelè raus und auch Melodys Augen wurden riesig. Sie riss ihren Kopf wieder hoch und starrte den Meermann vor sich mit gemischten Gefühlen an.
"Ich werde mich nicht wiederholen, junge Dame!", rief Neptun und schenkte Arelè einen Blick, der sie zum Schweigen brachte.
Alle Blicke lagen nun auf Neptun und er schien zu merken, dass er sich zu erklären hatte. Der König seufzte."Obwohl ihr einen Befehl, ein Gesetz oder wie auch immer ihr es nennen wollt, gebrochen habt, seid ihr...", es fiel ihm definitiv nicht leicht, die nächsten Worte auszusprechen, "verantwortlich dafür, dass die Anschläge oder schlimmeres verhindert wurden. Verdammte Miesmuschel, ihr habt Macambria gerettet, wenn ihr es so wollt. Hört auf mich anzustarren, als wäre ich ein regenbogenfarbenes Seepferdchen!"
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Weltenwandler - Wechsel der Gezeiten
Fantasy»Sie war allein. Niemand war bei ihr. Nur eine Kette lag versteckt zwischen den Fingerchen, viel zu groß für die kleine, zarte Hand, als wäre sie fehl am Platz und doch, als gehöre das Schmuckstück genau dort hinein. Die Kette war aus purem Gold, d...