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Jimin's PoV.:

Geduld war noch nie meine Stärke gewesen. Vor allem nicht, wenn ich auf etwas wichtiges warten und dabei blöd in der Gegend herum stehen musste. Anfänglich hatte ich noch Passanten gezählt, um die Zeit schneller verstreichen zu lassen. Aber bei einer Stadt mit über 10.000 Einwohnern verliert man schonmal schnell den Überblick. Erst recht, wenn man in dem berühmtesten Straßenviertel ganz Perban's herumlungert. Hier lief einem alles über den Weg; von Zwergen, bis hin zu Zentauren, Faune, Trolle, Gnome, Himmelspiraten und Hybriden sämtlicher Tierart. Sie alle machten Gebrauch von dem exotischen Angebot des Schwarzmarktes, welcher hier zwei Straßen weiter in einem der verlassenen Ruinen stattfand. Auch ich war bereits dort gewesen und hatte ein paar meiner Goldmünzen für Schnickschnack ausgegeben. Unter anderem auch für einen neuen Dolch, denn meiner fing an zu rosten.

Doch nun konnte ich wirklich nichts mehr mit meiner freien Zeit anstellen, außer Löcher in die Luft zu starren. Mittlerweile glaubte ich Wurzeln zu schlagen. Wortwörtlich gemeint, denn es gab durchaus Elfen die eins mit der Erde werden konnten, wenn sie nur lange genug auf demselben Fleck meditierten.

Ich trat von einem Bein aufs andere, schaute dabei prüfend auf den Boden herab. Tatsächlich hatte sich dort bereits ein kleines Büschel Moos gebildet. Ich seufzte gelangweilt, ehe ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Straße richtete. Eine Gruppe von Himmelspiraten fiel plötzlich in mein Blickfeld. Genaugenommen waren es vier Männer, die sich deutlich von den anderen unterschieden. Der Anführer von ihnen strotzte mit großen Schritten voran. Er trug Ketten mit verschiedenen Zähnen, Glücksbringern und sogar einen Kompass um den Hals. Sein langer schwarzer Mantel schlug bei jedem seiner Schritte um seine dürren Beine und er trug Schuhe, die schon deutlich bessere Tage erlebt hatten.

Zentauren und Trolle drehten sich nach ihm um, murmelten dabei leise. Der Gnom, der zuvor noch seinen Karren durch den Dreck geschoben hatte, machte sogar komplett halt. Es schien, als würde die Welt stillstehen. Auch ich erstarrte und wagte es nicht einmal mehr zu Atmen.

Bis auf einmal ein wunderschöner weißer Schmetterling vor meinen Augen herumflatterte. Ich hinterfragte sein Verhalten nicht, weil es für Tiere und Pflanzen üblich war sich zu Elfen wie mir hingezogen zu fühlen. Sie mochten uns, weil wir mit ihnen auf eine ganz besondere Art und Weise kommunizieren konnten. Er umrundete meinen Kopf ein paar Mal, bis er in die Richtung der Himmelspiraten flog und sich dort an den Mantel des Anführers heftete. „Was zum-...", fluchte dieser und schnappte mit seiner Hand nach dem Tier. Es war zu langsam, um zu entfliehen. Der Anführer zerdrückte es mit einem angeekelten Gesichtsausdruck und schnipste den verkrüppelten Körper dann in den Dreck.

Vollkommen perplex von seiner Brutalität, blinzelte ich ihn an. Er beachtete mich jedoch gar nicht, sondern lief unbekümmert weiter. Scheinbar war sein Ziel das Pub, vor dem ich nun schon seit mindestens zwei Stunden stand und wartete, denn er steuerte direkt dessen Holztür an. Doch noch bevor er reingehen konnte, packte ich nach seinem Oberarm. Keine Ahnung, was mich in diesem Moment dazu bewegte. Vermutlich waren es die Elfen-Gene in mir, die danach schrien Vergeltung für den hilflosen Schmetterling zu bekommen.

„Was für ein krankes Arschloch bist du, dass du einfach so ein Tier tötest?", zischte ich bedrohlich. Der Himmelspirat schnaubte überrascht: „Wovon genau redest du da?".
„Wovon ich-...? Wovon ich da rede?! Der Schmetterling! Er hat dir nichts getan und du hast ihn einfach so zwischen deinen dreckigen Griffeln zermatscht", spuckte ich ihm entgegen. „Jetzt mach mal halblang", sprach einer seiner Crewmitglieder und stieß meine Hand weg, „Das war doch nur ein kleiner Schmetterling. Rette ihn, wenn dir sein Leben so wichtig ist, aber lass uns in Ruhe. Wir haben eine wichtige Mission zu erledigen".

„Wäre schön, wenn es nächstes Mal bei dieser wichtigen Mission bleiben könnte und es nicht darin ausartet, unschuldige Tiere zu töten", ich verschränkte wütend die Arme ineinander. „Jaja, ist ja gut. Und jetzt verpiss dich, Grünschnabel", winkte der Anführer ab und versuchte an mir vorbei zu gehen. Allerdings konnte ich nicht über seine unfreundliche Wortwahl hinwegsehen, weswegen ich genau vor der Tür stehen blieb. „Wie wäre es mit einem: Bitte?", forderte ich meinen Gegenüber auf. Sie sahen sich alle nacheinander mit hochgezogenen Augenbrauen an. Einer von ihnen fing sogar an zu schmunzeln, was mich ernsthaft über mein kindisches Verhalten nachdenken ließ. Denn eigentlich fing ich wegen solch banalen Dingen keinen Streit an. Doch diese Himmelspiraten wollten es wirklich darauf ankommen lassen.

„Jetzt hör mir mal gut zu", der Anführer trat dicht an mich heran und senkte seine Stimme ein wenig, „Ich habe in den letzten 36 Stunden mehr Menschenleben getötet, als du jemals in einem Jahr töten könntest. An meinen Händen klebt so viel Blut, dass ein weiterer Mord auch nichts ausmachen würde. Also hüte deine Zunge. Ansonsten schneide ich sie dir ab und stopfe sie dir in den Hintern, damit du mal einen angemessenen Geschmack von deinen albernen Spielchen bekommst. Und jetzt tritt beiseite".

Noch nie in meinem Leben hatte ich solch ein schamloses Mundwerk sprechen gehört. Ich wusste nicht recht, ob ich mich angegriffen fühlen, oder es bewundern sollte. Eins war klar, dieser Mann kam aus einer kalten Welt. Und ehrlich gesagt hatte ich keine Lust auf einen Kampf. Obwohl ich ihm schon gerne den Kiefer eingeschlagen hätte. Oder wenigstens die Nase, damit sein selbstbewusstes Gesicht einen Makel aufweisen konnte.

„Denk bloß nicht, dass ich das einfach so durchgehen lasse. Man begegnet sich immer zwei Mal im Leben. Nächstes Mal bist du definitiv dran", knurrte ich bedrohlich. Der Himmelspirat lachte finster, zuckte gleichgültig mit den Schultern und quetschte sich dann an mir vorbei. Seine Crew folgte ihm wortlos. Einen Moment lang sah ich ihnen noch nach und beobachtete, wie sie die Treppen zu Madame Ling's Zimmer hochgingen. Das Zimmer, in dem ich auch gleich eine Besprechung für eine neue Mission haben würde. Dann fiel die Tür des Pubs zu und ich drehte mich wieder um.

Die Passanten um mich herum sahen mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. Ich ignorierte das vorerst, ging stattdessen zu dem kläglich zappelnden Schmetterling und fischte ihn aus dem Dreck. In meiner Hand entspannte er sich etwas, konnte es jedoch nicht lassen seine gebrochenen Beine und die kaputten Flügel zu bewegen. Der Anblick zerbrach mir das Herz. Ich machte kurzen Prozess, schloss meine Augen und konzentrierte mich. Unaufhaltsame Kraft durchströmte meine Adern, ließ sie hellgrün aufleuchten. Das Licht umwarb die sterbende Kreatur in meinen Händen und heilte sie so schnell, dass ich selber etwas überrascht davon war. Zufrieden sah ich auf den Schmetterling herab. Er blieb noch eine Weile lang bei mir liegen, erholte sich ausgiebig. Dann breitete er seine weißen Flügel aus und flatterte in den blauen Himmel hoch. Ich schaute ihm seelig lächelnd hinterher.

„Park Jimin, du kannst reinkommen. Madame Ling erwartet dich", drang plötzlich die kratzige Stimme eines Faunes zu mir hindurch. Es war Seungwon, wie ich an den abgenutzten Hörnern in seinen grauen Haaren erkennen konnte. Er war sowas wie Madame Ling's rechte Hand. Jemand, den sie immer bei sich hatte und der immer die Drecksarbeiten für sie erledigen musste. „Wurde aber auch Zeit", erwiderte ich, ehe ich mir meine Hände an der Hose sauber wischte und an ihm vorbei in das Pub ging.

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Frohes neues Jahr mit einer neuen Story von mir!

Eigentlich wollte ich erst eine andere Fanfiction hochladen, aber ich hatte zu viel Inspiration für diese hier. Fantasie scheint hier zwar nicht so beliebt zu sein, aber ich liebe es und hoffe, dass ich wenigstens ein paar von euch damit angeln kann ^^ Updates kommen hier immer jeden Freitag gegen 17 Uhr!
Und lasst mir gerne euren ersten Eindruck da :3

Amidst Flowers and Death // YoonMin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt