Kapitel 6

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Schon kurz nachdem der Hut verstummt, bricht lauter Jubel am Tisch mit den blau verzierten Uniformen aus. Sie springen auf und warfen viele eigenartige schwarze Spitzhüte in die Luft. Verwunderung breitet sich in mir aus, weshalb sie sich so freuen. Am Gryffindor-Tisch sehe ich meine Freunde johlen und klatschen. Hermine, Ron, Harry und Ginny freuten sich. Neville sitzt neben einem der Weasley Zwillinge (keine Ahnung, welcher genau...), macht aber eher ein Gesicht, als ob er gerade für die gesamte nächste Woche Regen angekündigt wäre. Professor MCGonagall schiebt mich behutsam in Richtung des Ravenclaw-Tisches und ich setze mich neben das verträumte hellblonde Mädchen, das auch bei Ginny und Neville im Abteil saß. 

"Schön das du da bist. Ich bin Luna." begrüßt sie mit einem verrückten Funkeln in den Augen.    "Toni. Ich finde es auch toll, dass ich hier bin." 

Dumbledore tritt an ein goldenes Podest und beginnt mit seiner Rede. Fast jeder Schüler hängt gebannt an seinen Lippen und es herrscht Totenstille im Saal, bis auf die weise klingende Stimme des alten Mannes vor dem Lehrertisch. Seine Worte sind eigentlich sogar ganz interessant, im Gegensatz zu den Reden der Neuschwansteiner-Schulleiterin. Aber ich spüre die ganze Zeit Blicke auf mir ruhen und sie machen mich nervös. Einige Schüler schauen zu mir rüber, doch die stören mich eher nicht. Es ist diese eine Person. Die, die zwischen einem Fred (oder George?) und Hermine sitzt. Der Person mit den schüchternen grauen Augen und den gegelten Haaren. Dem eher rundlichen Körperbau und den freundlichen Gesichtszügen. Seine Augen ruhen auf mir,  als sei ich die einzige Person im Raum und nichts könnte ihn mehr interessieren. Sie schauen über alle Schüler hinüber, die zwischen uns sitzen. 

Neville. 

Unser Blickkontakt lässt ihn rot werden, er blinzelt ein paar mal zu oft und wendet sich wieder dem Schulleiter zu. Ich hatte das Gefühl, in seinen Augen spiegelt sich ehrliches Interesse und nicht nur Gafferei, wie bei den meisten anderen Mitschülern. Ein Kribbeln kommt in mir hoch, aber schnell verdränge ich den Gedanken wieder. Sofort schießen in meinem Kopf mindestens 33 Szenarien herum, die allesamt Neville beinhalten. Ich sollte definitiv mit dem Liebesromane-Lesen aufhören. So kitschig bin ich doch sonst auch nicht.

"...und somit wünsche ich euch allen ein erfolgreiches Schuljahr!", beendet Dumbledore feierlich und ich werde mitten aus meiner Trance geholt, als direkt vor mir ein fetter, goldgelber Truthahn erscheint. Und somit beginnt das Festessen. 

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Unzählige Fußpaare klacken auf dem Steinboden. Überall um mich herum sehe ich hunderte Köpfe, die allesamt in verschiedene Richtungen laufen.
"Ravenclaws, folgt mir bitte!" ruft ein hochgewachsener Junge immer wieder und ich gehe ihm hinterher. Neben mir wippt Lunas weißblonder Haarschopf auf und ab. Sie läuft im leichten Hopserlauf, sodass ganze Strähnen in die Luft fliegen. Wir biegen immer wieder nach links, nach rechts, gehen tausende Treppen hoch und biege wieder in einen linken Gang. Irgendwann bleiben wir an einer Holztür stehen. Ich habe keine Ahnung, wie viele es von denen hier gibt. Ein Türklopfer in Form eines Adlers beginnt zu sprechen: "Was war zuerst da, das Huhn oder das Ei?"
"Diese Veränderung ging mit der Evolution einher." antwortet der Siebtklässler. Luna benannte ihn vorhin als "Vertrauenschüler". Majestätisch nickt der Adlerkopf und die Tür schwingt auf. Die Schülermasse drängte sich durch die Öffnung in der Wand. Ein großer achteckiger Raum kommt zum Vorschein. An der Decke sind Tücher gespannt, die den Nachthimmel imitieren, an den Wänden stehen riesige Bücherregale und dunkelbaue Ohrensessel. In der Mitte des Raumes ist ein kreisförmiger Bereich mit einem Geländer abgesperrt. Dort geht es mehrere Stockwerke nach unten. Es ist ein unheimlich schöner und edler Raum. Heimatgefühle kommen in mir hoch. Plötzlich greift Luna nach meiner Hand und zieht mich hinter sich her.
"Na komm Toni! Den Gemeinschaftsraum kannst du dir auch noch morgen anschauen. Ich hoffe, dass wir in einem Schlafraum untergebracht sind."
Ich kenne dieses Mädchen gerade seit einer halben Stunde und schon habe ich das Gefühl, ich würde sie schon seit Jahren kennen. Sie zieht mich einer weiteren Treppe hoch und bleibt abrupt stehen. In der Tür vor uns sind verschiedene Namen in silbernen Buchstaben eingraviert.

Kate Miller
Luna Lovegood
Olivia Porter
Bonnie Glenn
Antonia Brunner

Unglaublich.
In dem Schlafraum stehen fünf Himmelbetten mit königsblauen Gardinen und an jedem Bett ein Koffer. Luna lässt sich auf das Bett neben der Tür fallen und scheint sich vollkommen Zuhause zu fühlen. Gegenüber von Lunas Bett stehen meine Koffer und Penelopes leerer Käfig. Ich setze mich auf die weiche Matratze und wippe ein paar Mal auf und ab. Mit einem lauten Lachen lasse ich mich rückwärts auf das Bett fallen und Luna grinst mich an.
"Luna?", frage ich, "Wo sind eigentlich die Eulen?"
"In der Eulerei natürlich."

In diesem Moment schwingt die Tür auf und drei laut kichernde Mädchen kommen herein.
"...also Mike hat sich über den Sommer echt verändert. Der ist echt süß geworden... oh, hey Luna."
Das Mädchen hat dunkle, gekringelte Haare und große braune Rehaugen. Sie lächelt freundlich, aber das Mädchen hinter ihr, mit langen blonden Haaren verzieht bei Lunas Anblick das Gesicht. In ihren Augen spiegelt sich etwas, das ich als Ekel deuten würde. Unsympatisch. Die dritte trägt ihre Haare in einem kurzen, schwarzen Bob. Ihre Haut ist bleich und ihre blauen Augen wirken stumpf. Für mich sieht sie aus wie eine Bonnie. Sie ist die erste, die zu mir kommt und sich vorstellt.
"Hey, ich bin Bonnie." (Jackpot!) "Wilkommen in der Haarsprayhölle. Da hast du wohl den kürzeren bei der Bettenvergaben gezogen, nachdem Ava... naja, aufjedenfall sind Kate und Olivia sind eigen."  
Etwas Trauriges kommt in ihre Mimik.

Die Blonde (ich vermute Olivia?) schaut mich scheu über Kates Schulter an. Ich schaue ihr kurz in die Augen und lächle ihr zu. Auf einmal taucht Schock in ihren Augen auf. Schnell guckt sie weg.

Ich suche mir meine Badutensilien aus meinem Koffer und mache mich auf die Suche nach dem Bad. Ich denke, ich kann eine ordentliche Mütze Schlaf vertragen.

                                                                                                 ***

Sobald ich im Bett liege, schießen mir tausende von Dingen durch den Kopf. Es ist, als ob mir jemand viele kleine Stromimpulse durch mein Gehirn jagt. Von der Reise zum Bahnhof KingsCross, das Kennenlernen mit Neville, die Fahrt mit dem Hogwarts Express, das Wiedersehen mit Neville, die Boote auf dem See, die Einteilung nach Ravenclaw, der Augenkontakt mit... Neville. Er taucht wohl ein paar mal zu oft in meinen Gedanken auf. Mit diesen Gedanken wurde ich vom Schlaf gepackt und bis zum morgen nicht mehr losgelassen.

Ein Auslandsjahr in Hogwarts (Eine Neville Longbottom FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt