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𝐈'𝐦 𝐧𝐨𝐭 𝐟𝐥𝐲𝐢𝐧𝐠 𝐚𝐧𝐲𝐦𝐨𝐫𝐞, 𝐈'𝐦 𝐟𝐚𝐥𝐥𝐢𝐧𝐠

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𝐈'𝐦 𝐧𝐨𝐭 𝐟𝐥𝐲𝐢𝐧𝐠 𝐚𝐧𝐲𝐦𝐨𝐫𝐞, 𝐈'𝐦 𝐟𝐚𝐥𝐥𝐢𝐧𝐠

Ich schloss die Augen. Alles tat so weh. Mein Körper zitterte und ich machte einen Schritt nach vorne, bevor ich nach unten lugte. Mein Handy hatte ich nicht dabei. Dieses Mal würde Yoongi mich nicht aufhalten können. Ich war so erschöpft, dass ich mich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Die ganze Woche hatte ich nicht geschlafen und nicht gegessen. Mama hatte mich in meinem Zimmer eingesperrt. Von meinen Lehrern hatte sie Lernmaterial besorgt, sodass ich lernen konnte. Und zusätzlich hatte sie mich geschlagen. Sie meinte, dass ich meine Sexualität ändern würde, wenn sie ihre Erziehung etwas härter vollzog. Mein Körper hatte seine Grenzen erreicht und meine Seele ebenfalls.

Die Luft traf kalt auf meine geschundene haut und ich seufzte leise aus. Jetzt würde ich Mama glücklich machen. Ich würde keine Last mehr für sie sein. Hoffentlich würde Yoongi mir verzeihen. Es fing an zu schneien. Die Schneeflocken verfingen sich in meinem Haar doch schmolzen nicht mehr auf meiner Haut. Dafür war ich zu unterkühlt. Ich hatte Briefe geschrieben. Für die, die ich zurücklassen würde. Yoongis und Sumis hatte ich in den Briefkasten vor ihrem Haus eingeworfen.

Ich hatte einen Moment inne gehalten und durch das Küchenfenster ihres Hauses zu ihnen hereingeblickt. Die Küche hatte warm und gemütlich ausgesehen und ich hatte mich in sie hineingesehnt und mich darüber gewundert, warum es im November schon so kalt war.

Ein krächzendes Husten schüttelte meinen ausgelaugten Körper. Ich wollte fliegen. Endlich dieser Hölle entkommen. Meine Mundwinkel schmerzten, als ich sie anhob, um leicht zu lächeln. So schnell hatte ich das Lächeln also schon wieder verlernt. Jetzt würde ich meinem erbärmlichen Leben endlich ein Ende setzen. Ich trat zurück. Nur, um Anlauf zu nehmen. Meine Lungen rasselten und ich musste mich mit aller Kraft bemühen nicht zusammenzubrechen.

Doch dann wankte ich los. Immer schneller. Am Rand des Daches stieß ich mich ab und flog. Schwerelos. Schwerelos, wie die Schneeflocken, die um mich herum vom Himmel trudelten. Ein atemloses Lachen entkam mir. Jetzt flog ich. Jetzt war ich frei. Mein Blick war in den Himmel gerichtet, ich sah nicht zu, wie der Erdboden immer näher kam. Und dann starb ich. Meine Seele entkam dem Gefängnis meines Körpers und flog davon, dem Himmel entgegen. Endlich war ich frei.

Liebe Mama,

als erstes muss ich mich bei dir entschuldigen. Ich war nie gut genug, um deine Anforderungen zu erfüllen. Die ganze Zeit war ich nur eine Last für dich. Ich hoffe du bist glücklich, jetzt, wo ich weg bin. Ich hoffe du bist endlich stolz auf mich. Schließlich war ich mutig genug, um endlich zu springen. Ich war nicht feige und ich habe auch keinen Rückzieher gemacht. Mama, ich hab dich lieb!

Dein Jimin

Hallo, Sumi.

Danke, dass du für mich da warst. Du hast für mich gekocht und so viel getan, damit es mir gut geht und bist für mich wie die Mutter gewesen, die ich nie hatte. Bitte sag auch deinem Mann danke. Dafür, dass ihr mich bei euch aufgenommen habt. Und natürlich dafür, dass Yoongi und ich nach Singapur fliegen durften. Es tut mir leid, dass jetzt alles umsonst war, weil ich tot bin. Aber ich war so glücklich bei euch. Wirklich!

Dein Jimin

Yoongi

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, mein Engel. Du hast mir immer geholfen, mich nie im Stich gelassen und doch lasse ich dich jetzt alleine. Bitte weine nicht. Bitte sei nicht traurig meinetwegen. Du sollst glücklich werden und das kannst du viel besser ohne mich. Ich habe dich nur runtergezogen mit meinen Problemen. Ich weiß, dass mein Tod dir Schmerzen bereiten wird. Aber Wunden heilen. Irgendwann wird auch die in deinem Herzen heilen. Weißt du, mein Engel, wie sehr du mir die letzten Monate meines Lebens versüßt hast? Du hast aus der Hölle den Himmel gemacht. Wegen dir war es mir erlaubt noch einmal herzlich zu lachen und Freude zu finden. Du hast dich immer so gut um mich gesorgt.

Ich weiß bis jetzt nicht, womit ich das verdient habe. Mein Engel. Mein wundervoller Engel. Weißt du eigentlich, wie sehr ich dich liebe und wie schwer es ist mich von dir zu verabschieden? Am Liebsten würde ich jetzt zu dir rennen. In deine Arme flüchten und deinen wundervollen Geruch einatmen. Dein Geruch nach Weichspüler. Du bist mein zu Hause, Yoongi! Aber die Schmerzen sind zu stark. Mama hat mir so sehr wehgetan. Die Schmerzen sind so stark, dass sie mich bereits getötet haben. Mein Körper ist eine leere Hülle, die nach Erlösung fleht.

Weißt du... du hast mich immer beschützt. Du warst mein Schutzengel auf Erden. Vor mir selber kann mich niemand schützen und doch hast du versucht es zu tun. Und jetzt werde ich dein Schutzengel sein. Ich werde von Oben zu dir herunter schauen und auf dich aufpassen. Ich liebe dich!

Dein Jiminie

Es schneite. Es schneite, wie an Jimins Todestag, als der junge Koreaner durch die Straße eilte und die kleine Kapelle am Waldrand ansteuerte. Seine Wangen waren gerötet und glänzten nass von seinen Tränen. Verzweifelt sah Yoongi zum Himmel auf und hoffte, dass alles ein böser Traum sei. Vor drei Wochen hatten sie noch gemeinsam am Strand gesessen, sich innig umarmt und sich gegenseitig beteuert, wie sehr sie einander liebten.

Vorne am Altar stand der hölzerne Sarg und der feste Freund des Verstorbenen ließ sich davor auf die Knie sinken. In den Holzbänken hatten sich bereits einige Menschen gesammelt. Sie beobachteten den jungen Mann, der um seine verstorbene Liebe trauerte, mitleidig.

Und in der zweiten Reihe saß Jimins Mutter. Sie schien um Jahre gealtert zu sein, schlaff hingen ihre Schultern herab und man konnte die Reue in ihrem Blick erkennen. Yoongi hatte kein Mitleid mit der Frau, die ihren Sohn in den Tod getrieben hatte. Er war wütend auf sie. Wie hatte sie Jimin nur so quälen können. Der Schwarzhaarige wandte sich von dem Sarg ab und setzte sich zu seiner Familie in die erste Reihe. Sumi griff nach seiner Hand und schenkte ihm ein trauriges Lächeln.

Der Pfarrer hielt seinen Gottesdienst. Die ganze Zeit über war Yoongis Blick auf den Sarg gerichtet. Er weinte nicht mehr. Stattdessen herrschte in dem jungen Mann eine gähnende Leere, die seine Gefühle verschluckte.

Und dann wurde der Sarg nach draußen auf den Friedhof getragen und in die Erde eingelassen. Stumm sah der Schwarzhaarige nach Oben in den Himmel. Die Schneeflocken fielen lautlos hinab. Sie strahlten in so einem sanften, reinen Weiß. Und zwischen ihnen war das Leben eines wundervollen Menschen verloren gegangen.

𝐀𝐧𝐝 𝐬𝐨𝐦𝐞𝐭𝐢𝐦𝐞𝐬 𝐭𝐡𝐞 𝐩𝐚𝐢𝐧 𝐠𝐞𝐭𝐬 𝐬𝐨 𝐬𝐭𝐫𝐨𝐧𝐠 𝐭𝐡𝐚𝐭 𝐧𝐨𝐭 𝐞𝐯𝐞𝐧 𝐚𝐧 𝐚𝐧𝐠𝐞𝐥 𝐜𝐚𝐧 𝐬𝐚𝐯𝐞 𝐲𝐨𝐮 𝐟𝐫𝐨𝐦 𝐟𝐚𝐥𝐥𝐢𝐧𝐠

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