"Der Legende nach binden die Götter einen unsichtbaren roten Faden um die Knöchel von Männern und Frauen, die dazu bestimmt sind, Seelenverwandte zu sein."
- Akai Ito
Obwohl ich mich selbst als eine realistische Person sehe, habe ich eine Schwäche für alte Legenden und Geschichten. Besonders für jene, die unsere tiefsten Gefühle und komplexesten Situationen in Worte fassen - besser, als wir es je könnten. Immer wieder verliere ich mich in solchen Erzählungen, die uns daran erinnern, dass manche Dinge größer sind als wir selbst.
Heute möchte ich meine ganz eigene Geschichte vom roten Faden mit euch teilen.
Denn hätte ich sie nicht selbst erlebt, wäre ich wohl die Letzte gewesen, die an so etwas geglaubt hätte. Bis zu einem bestimmten Punkt in meinem Leben war ich, wie gesagt, eine ziemliche Realistin.
Als die 15-jährige Jehona ihn zum ersten Mal sah, setzte ihr Herz aus.
Dieses seltsame, kribbelnde Gefühl überkam sie völlig unerwartet. Doch sie wusste genau, worauf das hinauslaufen könnte - und hielt sich instinktiv zurück.
Solche Gedanken, solche Gefühle, waren in ihrem Leben nicht erlaubt. Nicht nach den Maßstäben ihrer Eltern. Er war schließlich nur ein neuer Junge in ihrer Klasse, jemand, den sie zuvor nie gesehen hatte ... oder etwa nicht?
Doch eines wusste Jehona genau: Sie war nicht die Einzige, die von ihm fasziniert war.
War es seine reife Ausstrahlung? Sein selbstbewusstes Auftreten? Die Art, wie er sprach oder wie er Menschen in seinen Bann zog?
Sie konnte es nicht sagen.
Und noch weniger wusste sie, dass er es war.
Der Junge, der am anderen Ende ihres roten Fadens stand.
Nora und Altin leben in völlig verschiedenen Welten, und das nicht nur äußerlich: Während Nora sich mit Nebenjobs in der Buchhandlung durchs Studium kämpft, arbeitet Altin nie einen Tag. Er lebt in Wohlstand, trägt immer eine gewisse Kälte und Distanz in sich, die kaum jemanden nah an ihn heranlässt. Seine Freunde folgen ihm blind, angezogen von seiner rätselhaften Ausstrahlung und dem Gefühl, dass ihm nichts etwas anhaben kann. Altin ist es gewohnt, die Kontrolle zu haben - über sein Leben und über die Menschen um ihn herum.
Er fühlt sich zu ihr hingezogen, will es aber nicht zulassen und hält sie oft mit seinen kalten, distanzierten Worten auf Abstand.