
Die Dunkelheit roch nach Eisen und kaltem Stein. Ein Tropfen Wasser fiel von der gewölbten Decke herab, zersprang am Boden und hallte wie ein Herzschlag durch die Stille. Sie öffnete die Augen, und der erste Schmerz kam nicht von der Kälte - sondern vom Gewicht der Ketten, die sich um ihre Handgelenke schmiegten wie ein Liebhaber, der nicht loslassen wollte. Ein Zittern durchfuhr sie. War es Angst? Oder etwas anderes, etwas, das sie nicht benennen wollte? Ihre Finger tasteten über das Metall, als könnten sie darin eine Antwort finden. Stattdessen fühlte sie die feine Wärme, die nur von einer anderen Hand herrühren konnte. Eine Berührung, die zu sanft war, um Feindseligkeit zu tragen - und doch zu besitzergreifend, um Zufall zu sein. „Du gehörst mir", flüsterte eine Stimme aus der Dunkelheit. Tief, dunkel, rau wie ein Versprechen, das zugleich Drohung war. Ihr Herz raste. Jeder Instinkt in ihr schrie, zu fliehen. Doch ihre Lippen formten keinen Schrei. Sie blieben geöffnet, verlangend, als sehnten sie die Nähe dieses unsichtbaren Wesens mehr als ihre Freiheit. Ein Schatten trat aus der Finsternis, und in seinen Augen flackerte ein Hunger, der gleichermaßen Leben raubte und schenkte. Er legte ihr eine Strähne aus dem Gesicht, so sanft, dass sie den Schmerz der Ketten fast vergaß. Und in diesem Moment wusste sie: Die Hölle beginnt nicht mit Feuer. Die Hölle beginnt mit einem Kuss.All Rights Reserved
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