How to Christmas

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„WIE BITTE?! WAS MEINST DU MIT, ‚KEIN WEIHNACHTEN FEIERN'?!"
„Genau das was ich gesagt habe. Kenjirou hat meines Wissens nach noch nie so richtig Weihnachten gefeiert."
„Warum?!"
„Weiß nicht so genau, er ist halt nicht mit aufgewachsen... Seine Eltern haben es nie gefeiert, also hat er es auch nicht vermisst."

Auf dem Sofa in Tendous Zimmer saßen er und Kawanishi nebeneinander und unterhielten sich über Weihnachten, welches praktisch schon an die Tür klopfte. Wobei, Tendou saß eher weniger neben, sondern mehr AUF dem Zweitklässler, nachdem die, für ihn, sehr schockierende Wahrheit über seinen Kouhai ans Licht gekommen war. Denn mal ganz ehrlich, wer feiert denn bitte kein Weihnachten?!

Semi saß, dem Gespräch der beiden anderen keine Beachtung schenkend, auf einem Sessel in der anderen Ecke des Raumes. Seine Zweitgitarre, die er irgendwann mal bei Tendou deponiert hatte, da er hier immer den großen Drang bekam, etwas Ruhe zu bekommen und zu spielen, lag auf seinem Schoß. Der Grauhaarige zupfte sanft an den Seiten, während er, völlig in seiner Welt gefangen, leise Jingle Bells dazu summte. Sein Pullover, den er von Tendou bekommen hatte, da er eine ziemliche Frostbeule war, hüllte ihn in eine angenehme Wärme und der leichte Duft des Kakaos, den die drei vorher getrunken hatten, lag noch immer in der Luft. Semi fühlte sich entspannt und die weihnachtliche Atmosphäre ließ ihn leicht Lächeln. Er liebte Weihnachten. Auch wenn es noch gar nicht so weit war, immerhin hatten sie erst Mitte Dezember. Aber dennoch, so lange war das ja auch wieder nicht.

„SEMISEMI! DAS GLAUBST DU MIR NICHT!"

Mit einem plopp, welches nur für den grauhaarigen Zuspieler zu hören war, platzte diese Blase und die eiskalte Realität holte ihn wieder ein. Wortwörtlich. Irgendein Idiot, wahrscheinlich Tendou, hatte das Fenster aufgerissen und es zog unangenehm. Der Pulli kratzte, er hatte vergessen die Gitarre zu stimmen und der Kakao Geruch war schon längst verschwunden.

Seufzend richtete der Ersatz Zuspieler der Shiratorizawa sich auf, legte seine ungestimmte Gitarre zur Seite und blickte nun dem Rothaarigen ins Gesicht.
„Was?", fragte er, es war nicht zu überhören, dass er ziemlich genervt war. Er hatte auch keine Ahnung warum Kawanishi eigentlich da war, Tendou hatte ihn einfach nach dem Training überzeugt mitzukommen, den Sinn hatte Semi immer noch nicht verstanden. Aber er sollte sich nicht beschweren, so hatte er wenigstens mal etwas Ruhe vor dem Mittelblocker.

„Shirabu feiert kein Weihnachten! Semi, das ist schlimm!!!"

Kurz blieb es still.
„Wie jetzt?"
„KEIN WEIHNACHTEN, SEMI!"

Jetzt war der Grauhaarige wirklich überrascht. Also klar, Semi hatte sich schon denken können, dass Shirabu nicht zu den Leuten gehörte, die sich das ganze Jahr über auf Weihnachten freuen, aber es überhaupt nicht feiern?! Das fand Semi unvorstellbar.

Und während Tendou immer noch geschockt durch Wohnzimmer lief, Kawanishi es höchstwahrscheinlich bereute mitgekommen zu sein, festigte sich in Semis Kopf ein Plan. Er wollte dem kleinen Fauche Kätzchen zeigen, was Weihnachten ist und was es bedeutete. Tendou hatte er auf jeden Fall auf seiner Seite, das Ass des Teams somit auch und auch die anderen sollten nicht schwer zu überzeugen sein. Ja, aus der Idee könnte wirklich etwas werden.

~

Es war nicht großes, was der Grauhaarige geplant hatte. Er wollte nur ein paar Mitglieder zu Weihnachten bei sich zu Hause versammeln, da seine Eltern über die Tage zu seinen Großeltern fahren würden. Er hatte abgesagt, mit der Begründung, dass er lieber mit seinen Freunden die Zeit verbringen würde. Seine Mutter war zwar nicht begeistert gewesen, aber sie hatte zugestimmt. Tendou und Ushijima hatten auch schon zugesagt, Kawanishi war auch dabei. Die Erstklässler wollten für ungefähr eine Stunde vorbeikommen, den Rest dann aber lieber mit ihren Familien verbringen. Der Zweitklässler Yunohama und Yamagata, der Libero des Teams, hatten komplett abgesagt, von den Anderen hatte er noch keine Antwort erhalten.
Sie wollten einen kleinen Weihnachtsbaum besorgen, Tendou hatte schon vermerkt, dass er sich um die Deko kümmern würde. Semi war sich zwar nicht ganz sicher, ob er das im Endeffekt nicht vielleicht doch wieder bereuen würde, aber er hatte zugestimmt. Jeder brachte ein paar Geschenke mit, nur etwas Kleines, es sollte nur um die Geste gehen. Semi würde vielleicht ein paar Weihnachtslieder anstimmen Goshiki wollte Kekse mitbringen. Akakura, der Libero aus dem ersten Jahr, hatte sich glücklicherweise dazu bereiterklärt, dem Außenspieler zu helfen. Zur Erleichterung aller Anwesenden.
Und natürlich, Regel Nummer eins lautete, das Projekt von Shirabu fernzuhalten. Denn es sollte immerhin eine Überraschung werden. Und mal davon abgesehen, wenn der Braunhaarige wüsste, was seine Teamkameraden vorhaben, dann würde er zu 100 Prozent einen Weg finden, das zu verhindern. Denn gehen den Dickkopf von Shirabu haben sich bisher nur wenige durchsetzen können.

Und als Sahnehäubchen wollte Semi, da es immerhin das Fest der Liebe war, Shirabu auch endlich seine Gefühle mitteilen. Er rechnete zwar nicht mit einer Erwiderung, aber es wurde zunehmend schwerer, das Gefühl immer ungesagt auf der Brust tragen zu müssen. Es war vielleicht nicht die beste Idee, die Semi je hatte, aber das war ihm egal. Er nahm sich vor, das wolle er durchziehen.

~

Mittlerweile waren alle Planungen abgeschlossen. Die restlichen Mitglieder hatten leider abgesagt, also blieb es bei Kawanishi, Tendou, Ushijima und den Erstklässlern. Zumindest die erste Stunde. Und natürlich noch Semi und Shirabu, die Hauptpersonen darf man ja nicht vergessen.

Es waren jetzt noch drei Tage bis Weihnachten und Semi stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Seine Eltern hatten sich schon in den Urlaub verabschiedet, heute war der erste Ferientag und Tendou hatte soeben, früh morgens um fünf, wohlgemerkt, an seiner Wohnungstür geklingelt. Nun stand der Rothaarige mitten in seiner Wohnung, unter seinem Arm klemmte eine, für Semis Begriffe etwas zu große, Kiste, aus der schon die Weihnachtsdekoration hervorlugte.

„Tendou... Kannst du mir bitte erklären, was zum Henker du um fünf Uhr morgens, am ersten Tag der Ferien mit einer Kiste voller... Gerassel in meiner Wohnung zu suchen hast?!"
Ja, Semi war etwas aufgebracht. Das war aber verständlich, schließlich hatte er sich schon aufs Ausschlafen gefreut. Der Mittelblocker durchkreuzte diese Pläne mit seiner Aktion natürlich.

„Man kann nicht früh genug anfangen mit schmücken!", rief der Störenfried und riss euphorisch seine Fäuste in die Luft. Die Kiste unser seinem Arm hatte er dabei leider vergessen, diese entleerte sich nun nämlich mit einem lauten Scheppern auf dem Wohnzimmerboden des Grauhaarigen.
Dieser hatte langsam Zweifel, ob das wirklich eine gute Idee gewesen war. Allerdings war es für Rückzieher nun zu spät, also akzeptierte er seine Lage widerwillig und half dem Rotschopf seine Kugeln vom Boden zusammenzuklauben.

„Tendou... ich bin ja froh darüber, dass du mir helfen willst... aber könntest du bitte aufhören, die Hälfte des Teiges zu essen?! Daraus sollten Plätzchen werden!"
Semi war dem Mittelblocker wirklich dankbar, dass er das alles hier nicht allein machen musste, aber manchmal war der Andere echt keine Hilfe.
Der Grauhaarige wollte eigentlich ein paar Plätzchen backen, weil man das an Weihnachten eben so machte, nur schien Tendou den rohen Teig lieber zu essen als die fertigen Kekse. Auch hatte er anscheinend einen anderen Geschmack von ‚hübscher Weihnachtsdekoration'. Semi wollte es eigentlich schlicht halten, er hatte wenig Lust am Ende alles wieder wegräumen zu müssen. Auch würde er mit zu viel Kitsch Shirabu bestimmt verjagen, wenn er das nicht so schon tat. Jedoch war sein rothaariger Kumpel, gleich nachdem er seinen Berg an Dekoration um fünf Uhr morgens bei Semi in der Wohnung abgestellt hatte, mit ihm zu einem Stand für Tannenbäume gerauscht.
Und es hatte lange gedauert, ihm die Idee von einem vier Meter Baum in der Wohnung mit einer Höhe von drei Meter fünfzig auszureden. Sie hatten im Endeffekt einen kleinen Tannenstrauch mitgenommen, was eigentlich nur ein paar kurze Äste in einem Blumentopf waren. Aber Tendou war wenigstens einigermaßen zufrieden damit, also ging das schon in Ordnung. Wo der Mittelblocker allerdings nun seine ganze Dekoration unterbringen wollte, war auch Semi nicht schlüssig.

„Tendou, kannst du bitte aufhören wie ein Verrückter in meiner Wohnung herumzurennen?! Ich weiß, du freust dich, aber es nervt gerade einfach nur!"

Es war der 24. Dezember, Weihnachten. Und mittlerweile hatte sich schon die Hälfte zusammengefunden. Die Erstklässler Sagae und Shibata, Tendou und der Teamkapitän. Akakuro und Goshiki schienen noch ein wenig länger zu brauchen, da sie erst noch die Küche des Schwarzhaarigen Außenspielers aufräumen mussten. Das war nicht verwunderlich, wenn man mit Goshiki kochte. Semi erinnerte sich an ein Mal, er wusste weder die Umstände, noch was genau sie da eigentlich machen wollten, aber was er noch wusste war, dass der Erstklässler ihm keine wirkliche Hilfe war.
Im Gegenteil, er hatte sogar noch mehr Arbeit gemacht.

Auch Shirabu und Kawanishi waren noch nicht aufgetaucht. Aber gut, wahrscheinlich hatte der Mittelblocker seine Schwierigkeiten damit, den Anderen herzubringen. Denn der Zuspieler war ja nicht dumm, er hatte bestimmt schon längst geahnt, das hier irgendwas im Busch war. Immerhin hatten sich alle nicht gerade unauffällig verhalten...

Jedoch war auch diese Sorge vom Tisch gefegt, als es das nächste Mal an der Tür klingelte.
„Ich mach auf!", rief Tendou und rannte in den Flur.
„Verdammt, Tendou, jetzt warte mal!"
Und Semi direkt hinterher.
Als der Rothaarige dann die Tür aufriss und Semi schlitternd in seinem eigenen Flur zum Stehen kam, schauten sie vier Augenpaare mit einem halb verwunderten, halb belustigten Blick an.

Der grauhaarige Zuspieler seufzte kurz, ehe er sich an die vier Neuankömmlinge wandte.
„Kommt rein. Eure Schuhe könnt ihr hierhin stellen, die Jacken am besten dahin. Die anderen sind schon im Wohnzimmer, kommt einfach, wenn ihr fertig seid."
Während seiner Erklärung deutete er auf eine kleine Bank, unter der schon mehrere Schuhpaare standen, und auf einen Garderobenständer.

„Kann mir jetzt mal irgendjemand sagen, warum zum Teufel ich hier bin?"
Semi drehte sich auf halbem Wege zurück ins Wohnzimmer wieder um und richtete seinen Blick auf einen sehr genervt aussehenden Shirabu.
„Taichi wollte mir nichts verraten, weder wohin wir gehen noch warum. Und Goshiki und Akakuro waren genauso gesprächig. Solltet ihr nicht alle bei eueren Familien sein? Ihr labert mir doch seit Wochen irgendwas von Weihnachten, dem Fest der Liebe ins Ohr."
Wow, Semi wusste gar nicht, das Shirabu und Kawanishi nun schon auf Vornamen Basis waren...
Ein kleiner Stich durchzog sein Herz, den er am liebsten sofort verfluchen wollte, denn das war wirklich kein angebrachter Zeitpunkt für seine dämliche Eifersucht.

„Ähm, also, Shirabu... zieh dich doch erstmal aus und komm rein, ja?", versuchte Semi die Situation ein wenig aufzulockern. Dies schien auch zu funktionieren, naja, zumindest so mehr oder weniger.
„Ausziehen? Ich wusste gar nicht, dass du so ein Perversling bist, Senpai."
Das Gesicht des Älteren färbte sich in einem wunderbaren rosarot, während er den Anderen versuchte entrüstet anzusehen.
„H-hey! Das meinte ich doch gar nicht! Ich-... Ach, auch egal. Komm einfach, wenn du soweit bist."
Und der Grauhaarige machte auf dem Ansatz kehrt und verschwand mit immer noch dampfendem Kopf im Wohnzimmer.

Das leichte Grinsen Shirabus verpasste er somit.


„Hallo."
Ushijima redete wie immer etwas distanziert, als er die Vier begrüßte. Während er als Antwort von Shirabu ein Nicken bekam, war Goshiki kurz davor, in ein Meer aus funkelnden Sternen auszubrechen. Weiß Gott warum.

„Soooo. Da jetzt alle da sind, können wir endlich Kekse essen!", rief Tendou enthusiastisch.
„Äh, ja, genau... Ich geh kurz die frischen Plätzchen aus dem Ofen holen, kannst du die anderen aus der Dose auf den Tisch stellen?", fragte Semi den Rothaarigen, ehe er Richtung Küche ging.
Auf halbem Weg merkte er, dass ihm jemand folgte. Er drehte sich leicht verwundert um, nur um Shirabu ins Gesicht zu schauen.
„Brauchst du was?", fragte der Grauhaarige leicht verwirrt.
Der Zweitklässler antwortete nur mit: „Ich hab Durst.", ehe er seinen Weg fortsetzte.
Semi schüttelte kurz den Kopf, bevor auch er in der Küche verschwand.
Shirabu drückte er eine Tasse in die Hand und goss ihm, auf Nachfrage, Tee ein.
Er selbst machte sich dann daran, die Kekse, die er vorhin noch in den Ofen geschoben hatte, nun mit einem Topflappen wieder herauszuholen. Er musste ziemlich aufpassen, dass er sich nicht die Finger am heißen Blech verbrannte, schaffte es allerdings am Ende leider doch.
Mit einem Fluchen lief er mit schnellen Schritten zum Wasserhahn, um die Brandstelle etwas abzukühlen. Erst dort fiel ihm auf, dass auch Shirabu noch im Raum stand.

„Wartest du auf irgendwas?", fragte Semi den Jüngeren, der an den Küchenschrank gelehnt an seiner Tasse nippte. Angesprochener nickte leicht und meinte: „Ja, auf dich."
Dem Älteren stieg schon wieder das Blut in den Kopf und er drehte sich schnell wieder Richtung Wasserhahn, damit der Andere seine rosa Wangen nicht sah. Es stand wirklich schlimm um ihn...
„Du kannst ruhig schon vorgehen, weißt du?", sagte Semi nach ein paar Sekunden, immer noch leicht beschämt. Shirabu zuckte nur mit den Schultern, ehe er tatsächlich durch die Tür verschwand.
Der Zurückgebliebene seufzte auf, sobald er sicher war, das der Andere außer Hörweite war.
Er hatte sich zwar felsenfest vorgenommen, seinem Kouhai heute noch seine Gefühle zu gestehen, allerdings war er sich gerade nicht mehr so sicher, ob das auch wirklich eine gute Idee war.


„Semisemi, da bist du ja endlich! Wir sind grade am überlegen, welche Musik wir hören wollen!", wurde der Drittklässler von seinem besten Freund begrüßt.
Die noch warmen Kekse hatte er auf einen Teller gelegt und stellte diesen nun auf den Tisch.
„Was steht denn zur Auswahl?", fragte er dann.
„Also ich würde gern Weihnachtslieder hören. Sowas wie Last Christmas! Doch Kenjirou-kun ist dagegen!"
Semi seufzte innerlich, damit hätte er rechnen sollen. Er wollte gerade seinen Mund öffnen, um einen beiden Seiten entgegenkommenden Vorschlag zu machen, als der Rothaarige ihm erneut zuvorkam.
„Du könntest natürlich auch einfach was spielen.", meinte er, laut genug, dass es die Anderen auch hörten.

Von Goshiki bekam er sofort einen bewundernden Blick zugeworfen.
„Du spielst ein Instrument?!", fragte er mit Begeisterung in der Stimme. Doch auch die anderen Erstklässler sahen nicht weniger beeindruckt aus.
„Tendou!", zischte Semi und versuchte dem Anderen auf den Fuß zu treten, worauf hin dieser aber einfach mit einem Grinsen im Gesicht zur Seite hüpfte.

Es wussten nicht viele, dass Semi Gitarre spielte und sogar sang. Von den hier Anwesenden eigentlich nur Tendou und Ushijima, wenn man wollte auch noch Kawanishi, wobei ihn dieser nur einmal, mit einer nicht gestimmten Gitarre wohlgemerkt, gehört hatte. Und Semi hatte zwar ein paar Weihnachtslieder geübt, wollte sie am Ende aber wahrscheinlich lieber nicht spielen. Ihm war das ganze ein wenig peinlich, also hatte er die Idee relativ schnell wieder gestrichen. Es passte ihm in dem Sinne natürlich überhaupt nicht in den Kram, dass Tendou das jetzt vor allen laut erwähnte.

„Also, ich... ich kann das eigentlich gar nicht so gut und wüsste auch nicht, was ich jetzt spielen sollte, also lassen wir das lieber, ja?", versuchte Semi sich aus der Situation zu retten, in die er unwillig hineingezogen wurde.
„Also, wenn's nur daran scheitert, ich hab nen Weihnachtsliederbuch mit! Und deine Gitarre hast du ja da, also wüsste ich nicht, was dich davon abhalten sollte~", flötete Tendou und kramte ein dickes Buch aus seiner Tasche.
Dieser Mistkerl hatte natürlich an alles gedacht...
Ergeben seufzte der Grauhaarige also und ging in sein Zimmer um seine Gitarre zu stimmen.


„Könnt ihr aufhören mich alle anzustarren? So kann ich nicht spielen...", meinte Semi genervt und fuhr sich leicht gestresst durch seine Haare. Er wollte zwar immer noch nicht spielen, aber wenn er schon musste, dann sollten ihn dabei bitte nicht alle mit ihren Blicken durchbohren.
„Fang doch einfach an Eita-kun! Du blendest doch normalerweise auch immer alles aus!", rief Tendou ihm zu. Der Zuspieler wusste nicht mal mehr, wie oft er den Rothaarigen heute schon in Gedanken ermordet hatte, aber es wurde nicht weniger.

Mit einem finalen Seufzer richtete er also seinen Blick zurück auf die Buchseiten und fing an, die ersten Töne zu zupfen.
Kurz danach erklang die Melodie von ‚Have yourself a merry little Christmas' im Wohnzimmer der Familie Semi und ohne das dieser es selbst mitbekam, fing er an, den Text zu singen.
Es war wie Tendou gesagt hatte, sobald er anfing zu spielen verlor er sich in dem Klang des Instruments. Das Spielen hatte er von seinem Großvater, der ihm früher zum Einschlafen immer etwas auf seiner Gitarre vorgespielt hatte. Nicht lange nachdem er dann das Zeitliche gesegnet hatte, fing auch Semi mit dem Gitarre spielen an. Erst einfache Lieder, aber mit der Zeit auch immer kompliziertere. Er wusste mittlerweile schon, dass er später irgendwann gerne etwas mit Musik machen würde. Am Liebsten würde er in einer Band spielen. Naja, mal sehen, wohin ihn das Schicksal so treiben würde.

So in seinen Gedanken versunken fiel ihm gar nicht auf, dass er schon relativ am Ende des Liedes angekommen war. Er ging vom Zupfen der Achtel wieder zurück in eine langsame, gemächliche Geschwindigkeit und ließ das Stück mit ein paar halben Noten und seiner Stimme ausklingen.
Als auch der letzte Ton verstummt war blickte er wieder auf, nur um in die Gesichter seiner Teammitglieder zu schauen, deren Augen mit Tränen gefüllt waren. Zumindest bei die meisten.

„Semi-Senpai... Warum hast du uns nie erzählt, dass du so gut spielen kannst? Und dann auch noch singen! Das klang super gut!", rief Goshiki, während er Rotz und Wasser heulte.
Auch die anderen Erstklässler schnieften leicht, Tendou rollten Tränen der Rührung über die Wangen und auch Kawanishi sah sehr beeindruckt aus.
Das Ass des Teams hielt sich mit den Emotionen eher zurück, allerdings schaute auch er bewundernd zum Auswechselspieler.
Und als sein Blick zu Shirabu schweifte, stockte sein Atem für einen Moment.
Der Jüngere sah ihn mit leicht offenem Mund an, die Augen aufgerissen und leicht glitzernd. Seine Wangen waren in einem leichten rosa Ton gefärbt, während auch er seine Begeisterung im Blick zurückhalten musste.
Bei dem Anblick wurde Semi warm und er wand seinen Blick schnell ab, in der Hoffnung, dass niemand seine roten Wangen gesehen hatte.

„Spiel noch etwas!", rief Goshiki, während Sagae unterstützend nickte. Semi, dem das Ganze zwar immer noch etwas unangenehm war, durch Shirabus Blick allerdings neuen Mut gefasst hatte, blätterte also ein paar Seiten weiter, nur um erneut mit dem Spielen zu beginnen.



„Ich kann nicht mehr! Ich bin so voll!"
Mit einem lauten Geräusch ließ sich Tendou auf das Sofa fallen, nachdem er fast die Hälfte der vorhandenen Plätzchen gegessen hatte.
„Ich hab Bauchweh...", stöhnte er, wenige Sekunden darauf.
Vom Ass des Teams bekam er einen mitleidigen Blick zugeworfen, Semi hingegen schüttelte nur den Kopf.
„Kein Wunder, wenn du so viele Kekse auf einmal isst."
Doch der Rotschopf ignorierte ihn und ließ sich lieber von seinem festen Freund bemitleiden.

Der Grauhaarige verdrehte die Augen, ehe er sie auf Shirabu richtete, der an seiner, mittlerweile zweiten, Tasse Tee nippte.
Die Erstklässler waren vor einer Weile gegangen, aber natürlich nicht, ohne vorher noch Geschenke auszutauschen. Semi hatte jedem einen Beutel mit Keksen für zu Hause mitgegeben, worüber sich Goshiki und Shibata wohl am meisten freuten. Die anderen Beiden nahmen nahmen die Süßigkeiten mit einem dankbaren Nicken entgegen.

Kawanishi war mittlerweile dazu übergegangen, die überflüssige Dekoration vom Strauch zu nehmen, denn nachdem Tendou dort zugange war, sah man so gut wie kein Grün mehr. Der Rothaarige hatte zwar Anfangs gehörig dagegen protestiert, es nach einer Weile aber auch gelassen. Der Zweitklässler hatte anscheinend einen größeren Dickkopf, als es immer schien...

„Wessen Idee war das eigentlich? Und warum wusste jeder davon außer ich?", fragte Shirabu plötzlich, er schien sich schon seit einigen Minuten mit dieser Frage zu beschäftigen.
„Weil du keine Lust zu kommen gehabt und irgendeinen Ausweg gefunden hättest, wenn du eingeweiht gewesen wärst.", antwortete der grauhaarige Ersatzspieler.
„Eita-kun~", säuselte plötzlich Tendou von der anderen Seite des Sofas. Schon am Tonfall des Anderen konnte Semi erkennen, dass, was auch immer der Rotschopf sagen wollte, es nichts positives sein würde. Zumindest nicht für ihn.
„Wir wissen alle, dass das nicht der einzige Grund ist, neh, Taichi-kun?"
Oh, wie gerne Semi gerade einen Mord begehen würde.
Shirabu sah neugierig erst in Richtung Tendou und dann zu Kawanishi.
„Was meint ihr?", fragte er, sichtlich verwirrt. Der grauhaarige Drittklässler war in Gedanken schonmal dabei, sich ein Grab zu schaufeln.
Tendou grinste und meinte dann: „Als unser lieber Semisemi hier gehört hat, dass du noch nie so richtig Weihnachten gefeiert hast, da ist es gleich mit ihm durchgegangen und er hat das hier für dich organisiert. Er hat sogar darauf verzichtet mit seiner Familie Heiligabend zu verbringen, nur um es dir widmen zu können. Ist er nicht lieb?"
Er übertrieb zwar an allen Stellen an denen es nur möglich war, allerdings hatte er im Grunde genommen Recht. Und wenn sich Semi das jetzt so vor Augen führte, dann wünschte er sich gerade mehr als alles andere, dass unter ihm ein Loch aufgehen und ihn verschlucken würde. Nur leider geschah nichts.
Stattdessen lag nun der Blick Shirabus auf ihm, durchbohrte ihn fast.
„Das... das stimmt doch gar nicht...!", protestierte er, jedoch konnte selbst ein Blinder feststellen, dass das nicht die Wahrheit war. Den Braunhaarigen konnte er also schon gar nicht täuschen.

„Semi-san."
Die Stimme des Zuspielers unterbrach die Stille und riss Angesprochen aus seinen Selbstmitleidsgedanken.
„Ä-Äh... Ja?"
Der mittlerweile wieder rot angelaufene Drittklässler schaute langsam nach oben, in Richtung des Anderen.
„Zeig mir dein Zimmer."
Der Ton des Kleineren klang fast schon befehlend und Semi musste leicht schlucken. Die anderen Personen im Raum ignorierte er komplett, als er aufstand und den Braunhaarigen in sein Zimmer führte.

„Also, das ist mein Zimmer und-"
Der Grauhaarige wurde von Shirabu unterbrochen, der die Tür mit einem lauten Rums zumachte.
„Das interessiert mich kein bisschen."
Die Stimme des Anderen klang wieder so gepresst, allerdings hatte Semi gerade andere Gedanken im Kopf, als das ihm das hätte auffallen können.
„Hä?! Aber ich sollte doch-"
„Hast du wirklich gedacht, ich will dein Zimmer sehen?! Ich wollte nur nen ruhigen Ort zum Reden!"
So langsam wurde Semi auch genervt.
„Ja, dachte ich! Problem damit?!"
Kurz war es still, ehe ein „Ach, jetzt auch egal.", von Shirabu zu hören war.
„Worüber wolltest du jetzt reden?", fragte der Grauhaarige, der bei den letzten Worten des Jüngeren neugierig geworden war.
„Also, ich wollte eigentlich nur fragen..."
Der Kleinere wurde immer leiser beim sprechen und drehte letztlich sein Gesicht zur Seite.
„Shirabu? Was-"
Diesmal unterbrach Semi sich selber. Als er nämlich den leichten Rotschimmer auf den Wangen des Anderen bemerkte, knallte bei ihm eine Sicherung durch. Kurzschluss.
„Wie süß...", hauchte er, komplett von dem Anblick Shirabus in den Bann gezogen.
„Was?", fragte dieser nun, sein Kopf wieder zum Älteren schnellen, während sich das Rot in seinem Gesicht nur vergrößerte.
„E-eh, nichts! Alles gut!"
Als Semi realisierte, dass er das gerade laut gesagt hatte, trat er schnell einen Schritt zurück und fuchtelte peinlich berührt mit seinen Händen vor seinem Körper herum.
Konnte es noch unangenehmer werden?

Für eine kleine Weile blieben die beiden ruhig und starrten sich einfach nur an, ehe Shirabu sich leise räusperte und zum Sprechen ansetzte.
„Also, ich... Ich wollte wissen, ob das stimmt, was Tendou gesagt hat. Also, dass du das alles nur für mich auf die Beine gestellt hast..."
Semi war etwas überrascht über die Worte des Braunhaarigen.
Nach wenigen Sekunden viel ihm auf, dass er vielleicht auch mal antworten sollte und grinste leicht verlegen in Shirabus Richtung.
„Also... naja, irgendwie... schon?"
Es klang mehr wie eine Frage als eine Aussage und der nervöse Tonfall des Ersatzzuspielers trug auch nicht viel zur Festigung des Satzes bei.

Als Shirabu auch nach einer Minute noch nichts erwidert hatte, begann Semi erneut mit dem Reden.
„Also, hör mal... Ich hab von Kawanishi gehört, dass du noch nie so richtig Weihnachten gefeiert hast. Und weil das doch eigentlich sowas schönes ist, wollte ich, dass du auch weißt, wie es sich anfühlt. Mag vielleicht ein bisschen schnulzig klingen, aber... du bist mir eben wichtig, Kenjirou..."

Er benutzte nun zum ersten Mal den Vornamen des Anderen und der Klang aus seinem Mund fühlte sich gut an. Wenn er könnte, würde er ihn gerne noch öfter, in anderen Situationen sagen oder sogar-.
Nein. Ganz falsche Richtung, falscher Zeitpunkt.
Semi war bewusste, dass er damit viel kaputt machen könnte, denn Vornamen benutzte man nur, wenn man wirklich eng miteinander vertraut war. Oder man war einfach nur unhöflich, so wie Tendou.

Shirabu schien sich langsam aus seiner Starre zu lösen. Er kam dem Anderen immer näher, ehe er ein paar Zentimeter vor Semi stehen blieb.
Diese Nähe machte ihn verrückt. Sein Körper war eh schon aufgeheizt, den Braunhaarigen nun so dicht vor ihm stehen zu haben, ließ seine Fähigkeit der Selbstkontrolle arg in den Keller sinken.

„Danke."
Das war das erste mal, dass sich Shirabu so aufrichtig bei ihm bedankte. Der Grauhaarige hatte das Gefühl, gleich vor Emotionen überzuquellen. Es fiel ihm schwer ordentlich zu denken, weshalb er auch einfach still blieb und den Anderen reden ließ.

„Für alles. Nicht nur für heute, auch für die anderen Tage. Ich bin nicht die einfachste Person, vor allem nicht Dir gegenüber, danke dass du dich trotzdem noch mit mir abgibst und mich sogar magst... Eita."
Komplett den Worten des Jüngeren verfallen, merkte der Grauhaarige gar nicht, dass das Gesicht Shirabus nun nur noch wenige Millimeter von seinem entfernt war. Und im nächsten Moment, lagen ihre Lippen schon aufeinander.

Nach einem kurzen Moment des Schocks, schlang Semi die Arme um den Rücken des Kleineren um ihn noch näher an sich heranzuziehen. Er legte seinen Kopf leicht schief, damit er den Kuss vertiefen konnte.
Langsam stupste er mit seiner Zunge gegen die noch geschlossen Lippen Kenjirous und wartete um Einlass.
Zurückhalten konnte sich der Ältere nun nämlich wirklich nicht mehr.
Als Shirabu nach kurzer Zeit zögernd seinen Mund öffnete, musste Semi leicht keuchen. Die Spannung im Raum konnte man fast schon schneiden, ihre Körper waren warm, das Blut der beiden lief heiß durch ihre Adern, nach dem Sauerstoff verlangend, den die beiden nicht zu brauchen schienen.

Jedoch, so funktionierte der Körper nunmal, mussten auch sie sich zum Luft schnappen kurzzeitig von einander lösen. Semi legte lächelnd seine Stirn an die des Kleineren und hauchte ihm ein: „Fröhliches Weihnachten.", entgegen.
Er hatte nichts dagegen einzuwenden, so nun jedes Jahr zu verbringen. Nur er und Shirabu.
Doch im Moment schon er alle Gedanken beiseite und genoss es einfach nur, den Jüngeren in seinen Armen zu halten.
Denn das war alles, was er benötigte.
Und vielleicht ab und zu noch ein bisschen mehr, aber daran sollte es nicht scheitern.

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Heyyyyyy :D

Erstmal, Danke fürs lesen ^-^

Das nächste Türchen gibt's dann bei ^-^


Und ja, es ist zwar noch nicht Weihnachten, aber es hat einfach gepasst \^-^/

Ich hab btw keine Ahnung wie die Erstklässler (außer Goshiki natürlich :P) so drauf sind, also verzeiht mir Abweichungen vom originalen Charakter ^-^'

Und dann hoffe ich natürlich, dass es euch gefallen hat und wir uns vielleicht irgendwann später nochmal lesen :>

-Alex

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