One-Night-Stand

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Wir erinnern uns an Ella als einen fröhlichen und hilfsbereiten Menschen, der immer für alle da ist. Doch das war schon damals nur eine Fassade. Sie war kein böser Mensch, nur ein trauriger. Vieles von Ella wissen wir nicht. Dies ist ihre Geschichte.

Am Morgen des 25. Dezembers werde ich von dem Geschrei meiner Eltern geweckt. Die Nachbarn denken sich bestimmt die Baker's haben wieder mal eine Ehekrise. Es wäre zumindest nicht ganz falsch. Doch die ganze Wahrheit ist, sie hatten noch nie keine. Nein, wirklich. Eine romantische Liebesgeschichte, die dann zur Hochzeit und einer kleinen Tochter führte, haben meine Eltern nicht erlebt. Die Umstände unter denen sich meine Eltern kennengelernt haben, sind nicht gerade gewöhnlich.

"Ernster Amira! Nein nicht du! Du mit den roten Haaren! Ja, genau du, dreh den Kopf etwas mehr nach links. So ist es gut!" Das waren die ersten Worte, die mein Vater an meine Mutter richtete. Damals in New York, arbeitete mein Vater als Fotograf für diverse Modemagazine. Meine Mutter war eines der Models. Sie haben an diesem Tag nicht miteinander geredet. Zumindest nicht richtig, nur eben die Befehle fürs Posing. Nach dem Shooting sahen sich meine Eltern für zwei oder drei Wochen nicht mehr. Mein Vater hatte die Existenz meiner Mutter bereits nach wenigen Minuten nach dem Shooting vergessen, wenn er sie den überhaupt jemals wahrgenommen hatte. Auch meiner Mutter war mein Vater ziemlich gleichgültig. Er war ein Fotograf wie viele andere in der Fashionwelt, niemand Besonderes. Das Shooting war für eine Modenschau die etwa drei Wochen später stattfand. Andrea, meine Mutter, lief an diesem Tag in einem wunderschönen Haute Couture Kleid über den Runway. Tristan, mein Vater, war auch dort. Er fotografierte die Runway-Models. Nach der Show an der Aftershowparty, hatten alle ein bisschen zu viel getrunken. Andrea war auf dem Weg zur Toilette, als sie im Gang mit Tristan zusammenstiess. Dabei kippte sie aus versehen ihren Cocktail über sein Gucci-Hemd. Zu betrunken, um zu realisieren das Andrea versuchte sein Hemd abzuwischen, glaubte er, sie mache ihn an und began sie zu begrapschen. Andrea gefiel es. Am nächsten Morgen wachte sie neben Tristan im selben Bett auf. Sie war nackt, ihre Kleider überall im Zimmer verstreut. An den Abend davor konnte sie sich nur noch schwammig erinnern. Die darauffolgende Nacht war aus ihrem Gedächtnis verschwunden, ein Blackout. Hätte sie doch nicht so viel getrunken. Dass sie wohl aber miteinander geschlafen hatten war ihr klar. Dass dies ein One-Night-Stand war auch. Leise schlüpfte sie unter der Decke hervor und sammelt ihre Kleider zusammen. Als sie die Wohnung verliess, war Tristan noch immer am Schlafen.

Drei Monate später hatte sie einen Termin bei ihrer Frauenärztin. Ihre Frauenärztin hatte sich in den Winterferien das Handgelenk gebrochen und so wurde sie von einer Aushilfe untersucht. Eigentlich handelte es sich um eine reine Routineuntersuchung. "Es ist alles in bester Ordnung." Dies waren die ersten Worte der Ärztin: "Dem Baby geht es auch Bestens." Dies die nächsten. Von diesem Moment an veränderte sich Andreas Leben schlagartig. Ein Baby mit 24 war nichts, was sie sich für ihr Leben gewünscht hatte und doch war es passiert. Abtreiben wollte sie es nicht. Zur Adoption freigeben auch nicht. Sie musste den Vater finden. Der einzige mit dem sie vor ungefähr drei Monaten geschlafen hatte war dieser eine Fotograf. Seinen Namen kannte sie nicht. Dies war inzwischen schon drei Monate her. Ein Baby von einem One-Night-Stand, das vereinfachte die Situation auch nicht. Nach einer längeren Suche, Andrea war inzwischen schon im fünften Monat schwanger, konnte sie ihn endlich ausfindig machen. Als sie in seinem Büro anrief war er nicht da. Doch seine Sekretärin erklärte ihr, wo das Restaurant war in dem er immer seine Mittagspause verbrachte. Am Tag darauf, sass Andrea dort an einem Tisch nahe am Kamin. Es war Mittag. Bald würde er Pause machen. In diesem Moment kam er zur Tür herein. Er hatte sich inzwischen einen Drei-Tage-Bart wachsen lassen, aber sie erkannte ihn dennoch. Er lief an ihrem Tisch vorbei, ohne sie gross zu bemerken. Er sah bloss eine schwangere Frau, die Frau an sich sah er nicht. Er setzte sich an einen Tisch am Fenster und bestellte eine Diet-Cola. Andrea erhob sich und ging zu ihm herüber. Erst als sie ihn antippt schaut er auf. Er hatte nicht bemerkt, wie sie neben ihm gestanden hatte. Als er sie fragte, wie er ihr helfen könne und ob sie ein Fan sei, der ein Autogramm möchte, war sie zuerst ziemlich sprachlos. Tristan interpretierte das als Nervosität, die auftritt, wenn man seinem Idol gegenüber steht und zückte daher eine Autogrammkarte und einen Stift zum Signieren. Als er Andrea die Karte reichen wollte nahm sie sie jedoch nicht an. Sie hatte sich inzwischen wieder gefasst und war empört von seiner Überheblichkeit. Andrea war schon kurz davor wieder umzudrehen und wegzulaufen, riss sich aber im letzten Moment zusammen und setzte sich gegenüber von ihm an den Tisch.

Ich bin kein Fan von Ihnen. Ich bin aus einem anderen Grund hier.

Weshalb sind sie dann hier?, fragte er überrascht.

Ich sehe sie können sich nicht mehr am mich erinnern. Wir kennen uns von einer Modenschau und von der anschliessenden Aftershowparty. Mein Name ist Andrea.

Andrea sagen sie? Kenn ich nicht.

Das überrascht mich nicht, ich kannte ihren Namen bis vor Kurzem auch nicht. Den konnte ich erst über meine Agentur in Erfahrung bringen.

Wie dem auch sei, was wollen sie von mir Andrea?

Am nächsten Morgen nach der Aftershowparty bin ich nackt in ihrem Bett aufgewacht, sie, ebenfalls nackt, neben mir. Ich hatte ein Blackout, dass wir einen One-Night-Stand hatten ist aber ziemlich sicher. Diese Nacht ist inzwischen fünf Monate her..

Fünf Monate her, haben sie da wirklich geglaubt ich würde mich an sie erinnern, besonders wenn wir vollkommen betrunken einen One-Night-Stand hatten. Also wirklich, wieder einmal typisch Groupie.

Wie schon gesagt, ich bin kein Groupie. Sie waren damals einfach der Showfotograf und ich eines der Models. Wie es zum One-Night-Stand gekommen ist kann ich Ihnen nicht sagen. Aber deswegen bin ich nicht hier.

Weswegen sind sie denn sonst hier.

Ich bin im fünften Monat schwanger.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 29, 2022 ⏰

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