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Der Dachstuhl klapperte, die Diehlen knarrten. Winselnd bließ der Wind seine melancholische Melodie, die durch Fenster und Türen drang.
Die Ziegenhörner. Die blutrot unterlaufenen Augen.
Der Wind brachte Unheil und lächterndes Geschwätz.
Der Jung unter der Bettdecke, ließ nur die Augen in die Schwärze des Zimmers blicken. Die schaurigen Schatten tanzten an Wänden und Fußböden. Das kratzen von der Schranktür mag nichts gutes verheißen. "Wer ist da?" , sprach der Junge. Doch ohne eine Antwort knallte nur die Schranktür aus den Schanieren und fiel ohrenbetäubend auf den Boden. Mutter und Vater hatten für einen Abendbesuch bei den Nachbarn das Haus kurzzeitig verlassen. Der Jung war allein.
Es quietschte die Tür, es knarrte der Boden. Blutrote Augen. Es war die Nacht zum 6. Dezember. Vielleicht kündigte sich der Nikolaus an. Doch so?
"Wer ist da?" , fragte er erneut. "Gebt euch zu erkennen!" , befahl der Jung. Da piekste ihn eine Kralle. Ziegenhörner huschten vorbei. Das träge Atmen spürte der Kleine bis zu seinem Gesicht. Er durchforstete das Zimmer mit seinen Augen, bis sie in der Ecke hinter dem Fernseher stehen blieben.
Die dämonische Fratze starrte ihn an. "Oh bitte verschont mich!" , bettelte er mit wimmernder Stimme. Doch der Krampus sprang hervor, fegte in windeseile im Kreis durch den Raum und hinterließ einen Haufen Kohlen und Asche. Die Hörner zuckten. Die Krallen zitterten. Die blutroten Augen schauten ihm in die Seele.
Der Wind bließ mit voller Kraft in das kleine Zimmer und ließ die Gardienen in alle Richtungen wehen. Der Jung zitterte am ganzen Körper. Der Krampus war verschwunden. Hinterließ eine gewaltige Unordnung und den Jungen mit pechschwarzem Gesicht. Der Wind beruhigte sich allmählich. Die Fenster schloßen von allein. Kein Laut wurde vernommen, nur das leise schluchtzen des Jung. Seine Tränen trugen das Pech von seiner Haut auf seine Kleidung.
Nichts wollte er lieber, als beim nächsten Mal artig zu sein. Dabei dachte er der Krampus wären eine Legendenfigur. Nun legte er sich zur Ruh und ließ die Gedanken schweifen. Nächtliche Alpträume zogen die nächsten Tage bei ihm ein.

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