Zehn Jahre Ewigkeit

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Als Kind kannte Kakuzu keine Mauern. Er war Nomade, wie seine Familie. Wie alle Ninjas. Er kannte den freien Himmel, Zelte und Reisen.

Und Krieg.   

Und Tod.

Und Angst.

Er hatte seinen Vater nie kennen gelernt. Er war kurz nach dem er seine Mutter geschwängert hatte, gestorben. Seine Mutter starb als er vier war. Kakuzu hatte überlebt, man hatte ihn mitgezogen und ausgebildet. Sie hatten von Takigakure gehört und waren dort hingezogen. Ein Zuhause, hatte die Älteste gesagt. Sie würden dort leben können und sicher sein, hatte man ihnen erzählt.

Sie waren nicht sicher gewesen. Der Krieg hatte das Dorf eingeholt und kaum waren die Dörfer gegründet, hatte es den ersten Krieg zwischen ihnen gegeben. Kakuzu hatte für sein Zuhause gekämpft, weil er es gewohnt war zu kämpfen. Weil er sein Zuhause beschützen wollte. Weil es seine Pflicht war.

Und er hatte versagt.

Der Hokage war zu stark. Kakuzu zu schwach und der Gnade des Ersten ausgeliefert. Er hatte sie ihm gewährt. Mittlerweile wünschte sich Kakuzu, er hätte es nicht getan. Ihm wäre die Schande erspart geblieben. Der Schmerz. Die Gefangenschaft.



Jetzt war er von Mauern umgeben. Jeden Tag. Seit einer Ewigkeit, die an Bedeutung verloren hatte. Irgendwann waren die Tage miteinander verschmolzen. Zwei Jahre, fünf oder hundert. Was machte das für einen Unterschied, wenn man die Sonne nicht sah?

Manchmal, wie heute, steckten ihm die jüngeren Wärter eine Zeitung durch das schmale, vergitterte Fenster zu. Kakuzu sah die Daten und konnte sie nicht begreifen. Wann war er überhaupt hier eingesperrt worden? Die Zeitung raschelte unter seinen Händen, während er sie öffnete.

Der Wärter, ein Junge, nicht einmal ein junger Mann, sah mit seinen schwarzen Augen zu ihm herab. Kakuzu erwiderte den Blick, bis der Junge ihn abwandte. Der gehörte zu den Unsicheren.
Kakuzu fragte ihm nach dem Wetter, weil das Draußen weit weg war. Kakuzus Stimme war kratzig. Er hatte seit Tagen, vielleicht seit Wochen, mit niemanden gesprochen. Die meisten sprachen nicht mit ihm. Wenn, dann waren es die jungen, die ihm die Zeitungen gaben. Vermutlich hatten sie Mitleid mit ihm, weil sie ihn als diese jämmerliche Gestalt hinter Gittern, und nicht als den Verräter kannten.

Der Junge antwortete, dass die Sonne schien. Er griff zum Hebel, der das kleine Fenster schloss.
Kakuzu stellte eine weitere Frage.

Der Junge war vierzehn. Das war der jüngste Wärter. Sonst waren sie zumindest sechzehn. Vielleicht gab es ja wieder einen Krieg, von dem Kakuzu nichts mitbekommen hatte und sie mussten die Kinder opfern.

Er fragte danach.

Nein, kein Krieg.

Seltsam.

Vielleicht war er unwichtig geworden. Vielleicht hielt man ihn nicht mehr für eine Bedrohung. Vielleicht würde man ihn bald hinrichten. Kakuzu fragte nicht nach. Darauf würde er keine Antwort bekommen. Oder er würde sie nicht hören wollen. Stattdessen fragte er nach der Jahreszeit.

Es war Frühling.

Blühte es schon?

Ja.

Wie sehr er es vermisste.

Der Junge schloss das Fenster hastig und Kakuzu war wieder alleine. Wenn der schmale Spalt sich schloss, war er in der Dunkelheit. Ein kleiner Raum, den er mit je drei Schritten durchqueren konnte. Wenn er sich streckte, konnte er die Decke mit der gesamten Handfläche berühren. Ein Loch im Boden für die Hinterlassenschaften, ein paar zerrissene Decken dienten als Bett. Er legte sie jedes Mal ordentlich zusammen, wenn die Zeitschaltuhr das Licht anschaltete und nachdem er das Abendessen bekam, legte er sich hin.

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