RUN

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Äste peitschen in mein Gesicht, doch ich renne immer weiter, versuche den Schmerz zu ignorieren wenn sich ein Steinchen in meine nackten Füße bohrt.
Hinter mir höre ich den rasselnden Atem meines Verfolgers.
Ich renne nun schon seit einer gefühlten Ewigkeit durch diesen Wald und versuche ihm zu entkommen, doch je weiter ich laufe desto mehr verliere ich die Orientierung. Ich muss schon sehr tief im Wald sein, dem Mondlicht gelingt es nur mit Mühe durch die dicht stehenden Tannen zu scheinen um mir etwas Licht zu spenden. Meine Waden brennen wie Feuer und meine Füße spüre ich kaum noch, doch ich muss immer weiter laufen, darf nicht aufgeben. Er darf mich nicht bekommen.
Ich denke an sein entstelltes Gesicht, die Narbe über der rechten Wange und die klaffenden Wunden dort wo seine Augen sein sollten. Der Mund zu einem schaurigen Lächeln geformt welches dem mutigsten Mann das Blut in den Adern gefrieren lässt. Wo seine Zähne seien sollten befinden sich spitze Stacheln.
Das rasselnde Geräusch seines Atems wird lauter, was bedeutet das er mir immer näher kommt. Ich muss mich dringend verstecken!
Eine Höhle oder ein Felsvorsprung wären ideal, jedoch ist es in der Dunkelheit unmöglich Ausschau nach solch einem Versteck zu halten. Der Regen prasselt unnachgiebig auf mich herab, jeder Tropfen trifft meine Haut wie eine kleine Gewehrkugel. Unendlicher Schmerz.
Plötzlich knackt es unter mir und der Boden gibt nach. Mit einem lauten schrei Falle ich senkrecht nach unten in - ja in was eigentlich?
Ich schlage mit einem dumpfen Knall auf dem Boden auf und ein stechender Schmerz schießt durch meinen Oberkörper, strahlt in Arme und Beine aus. Ich ringe für einen Augenblick nach Luft, ermahne mich dazu mich zu beruhigen und atme langsam aber sicher gleichmäßig ein und aus.
Mit meinen Händen taste ich die Umgebung ab, allerdings spüre ich bloß Steine und kleine Äste. Ein paar Käfer, schockiert von meiner plötzlichen Anwesenheit, suchen schnell das weite. Ich schaue nach oben und dank dem schwachen Mondlicht kann ich das Loch sehen durch welches ich gefallen bin. Es ist bestimmt sieben Meter tief.. Ein Wunder das ich noch lebe.
Mein rechtes Bein brennt extrem am Knöchel, ich taste die Gegend vorsichtig ab und schreie beinahe auf als ich etwas glitschiges und warmes berühre. Ich muss mir den Fuß gebrochen haben! Der Knochen schaut ein Stück hervor, hat sich durch mein Fleisch gebohrt. Warmes Blut sickert aus der Wunde heraus.
Ich setze mich langsam auf und lehne mit dem Rücken an der kalten Wand aus Schlamm, Steinen und Wurzeln.
Langsam beruhige ich mich, meine Atmung wird gleichmäßiger und mein Herz schlägt wieder gleichmäßig und langsamer. Jedoch haut mich jetzt der Schmerz mit voller Wucht um, es tut verdammt weh.
Hinzu kommt die Eiseskälte. Mitten im Winter im Pyjama durch den Wald zu rennen war wahrscheinlich nicht die beste Idee, aber mir blieb nichts anderes übrig.
Ein rascheln ertönt, direkt schießt mein Blick an die Decke der Höhle zu dem Loch. Und dort ist er, ich kann seinen Kopf erkennen wie er über der Kante baumelt und mich sucht.
Mit aller Kraft versuche ich keine Geräusche von mir zu geben und atme durch meine fast geschlossenen Lippen um die Atmung zu normalisieren und Nebelbildung zu verhindern. Ich schließe meine Augen und Presse sie regelrecht zusammen. Da, noch ein rascheln! Direkt reiße ich meine Augen auf und - sein Kopf ist weg! Einfach verschwunden, vielleicht ist er weitergezogen. 'Gott sei Dank!', denke ich, lehne mich zurück , schließe die Augen und atme tief aus. Dann öffne ich meine Augen, bereit meine Wunde genauer zu untersuchen und blicke in zwei schwarze Löcher. Sein heißer, stinkender Atem strömt mir entgegen. Bevor ich realisiere wer oder was da vor mir ist spüre ich zwei Hände in meinem Mund welche langsam meinen Kiefer auseinander drücken. Ich bringe einige kehlige Laute hervor, dann höre ich ein knacken gefolgt von einem unbeschreiblichen Schmerz, es ist als sei eine Bombe in meinem Mund explodiert. Ich spüre wie meine Wangen auseinander reißen, Knochensplitter bohren sich in meine Zunge, in mein Zahnfleisch, meinen Gaumen. Heißes, klebriges Blut fließt aus meinem Mund und meinen Hals hinab. Das Ding beugt sich vor und leckt es genüsslich auf. Mir wird plötzlich verdammt schlecht und ich Kotze auf den Schädel meines Peinigers.
Er zuckt zurück, starrt mich mit seinen leeren Augenhöhlen an und greift mit einer Hand an meine Kehle, nein, er gräbt seine Finger regelrecht in meinen Hals. Dann kommt er mir mit seinem Mund näher, öffnet ihn und nimmt meine Zunge in sich auf. Er saugt sie förmlich in sich hinein, bis er an der Wurzel angekommen ist. Dann noch mehr Schmerz, ein reißendes Geräusch. Er hat mir die Zunge abgebissen und kaut sie genüsslich. Von den Schmatzlauten wird mir wieder übel und gleichzeitig werde ich beinahe ohnmächtig vor Schmerz. Mein Blut fließt in meinen Hals und ich beginne zu Husten, das gefällt ihm aber anscheinend nicht.
Das letzte was ich noch spüre ist ein brennendes stechen in meinem Hals, ganz so als hätte er mir meine Kehle aufgerissen. In einer riesigen Fontäne schießt Blut empor und ich verliere die Sicht.
Danach folgt nur noch Kälte und Dunkelheit.

Mit einem lauten schrei schieße ich aus meinem Bett empor und atme laut angestrengt ein und aus, meine Kleidung klebt vor lauter Schweiß an mir.
Es dauert einige Sekunden bevor ich realisiere das es ein Traum war und das ich Zuhause in meinem Bett bin.
Zuhause in Sicherheit.
Langsam normalisiert sich meine Atmung, dann stehe ich auf und gehe ins Bad um mich zu waschen. Der Traum wirkte so real! Ich schaue hinunter zu meinem Knöchel aber natürlich ist er in bester Ordnung.
Plötzlich höre ich ein rasselndes Geräusch hinter mir, drehe mich langsam um und sehe das entstellte Gesicht der Figur aus meinem Albtraum.
Wir schauen uns einen Moment an, dann brüllt es laut auf und rennt plötzlich auf mich zu! Ich reiße die Tür hinter mir zu, spüre wie das Ding gegen das stabile Holz prallt. Dann laufe ich los, raus aus dem Haus und in den benachbarten Wald. Es regnet extrem und ich bin leicht bekleidet, doch ich renne einfach weiter durch den Wald in der Hoffnung die Hauptstraße zu finden. Hinter mir höre ich nochmal das brüllen gefolgt von splitterndem Glas, es scheint durch ein Fenster gesprungen zu sein.

Äste peitschen in mein Gesicht doch ich renne immer weiter, versuche den Schmerz zu ignorieren wenn..

EVERYTHING WILL COME TO AN ENDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt