Strange people

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Aus dem Flugzeug steigend, konnte ich mein breites Grinsen nicht mehr verstecken. Mehr als einen halben Tag hatte ich in dem metallenen Vogel verbracht, und war definitiv mehr als glücklich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Mich ausgiebig streckend lief ich also den Menschenmassen mit meinem Handgepäck hinterher, ehe ich zu den Rollbändern kam, wo mein Koffer schon auf mich wartete.

Mit Sack und Pack stöpselte ich mir nun Musik in die Ohren und verließ die Gates, um in den großen Vorraum des Flughafens zu gelangen, der mich endlich in Korea willkommen hieß. Ich hatte das Glück gehabt ein Austauschjahr hier machen zu dürfen, nicht ganz allein, weil ich gut war, nein, sondern weil ich den extra Kurs Koreanisch als Kursbeste bestanden hatte und mich eigentlich einwandfrei unterhalten konnte.

Nach einem Namensschild Ausschau haltend achtete ich nicht ganz darauf, wo ich hinlief, bis ich stolperte und den Boden schon vor meiner Nase sah. Doch dieser vermaledeite Boden kam nicht! War ja klar, sowas kann natürlich nur dir passieren. Aber warte, wieso liegst du nicht auf dem Boden? Und da spürte ich erst die Hände an meinem Arm, die mich vor meinem Absturz bewahrten. Mich aufrappelnd folgte ich der schlanken Hand hinauf und mir blieb die Luft weg.

Holla, wem bist du denn da in die Arme gefallen? „Geht's dir gut? Hast du dich verletzt?" Von einer weiteren Stimme angesprochen werdend wand ich den Kopf und begann beinahe zu hyperventilieren. Wo bin ich denn hier gelandet? Wenn hier alle so heiß aussehen, brauche ich jemand der mich wiederbeleben kann! Mich dann aber auf meine gute Erziehung besinnend verbeugte ich mich erst mal und bedankte mich. „Ich glaube mir geht es gut, danke für gerade."

Mich wieder langsam erhebend musterte ich die Person vor mir etwas genauer. Etwa 1,73 m, gut trainiert, ein sanftes Lächeln, das bis zu seinen Augen reichte, volle Lippen und gefärbtes Haar, das ihm unglaublich gut stand. „Ist wirklich alles in Ordnung?" Dem zweiten jungen Mann zunickend sah ich ihn mir ebenfalls an. Ein ganzes Stück größer, eine schmale Figur aber dennoch nicht schlaksig, blaue Kontaktlinsen und gefärbtes Haar, die ihn fast überirdisch wirken ließen.

Mich noch mal vor ihm verbeugend zupfte ich meinen Rock wieder gerade und schenkte ihm ein vorsichtiges Lächeln. „Es ist wirklich alles gut, ich bin ja Gott sei Dank nicht auf dem Boden gelandet." Meine Tasche die tatsächlich auf dem Boden lag aufhebend, streckte ich meinen Rücken fuhr mir durch mein schwarzes Haar und sah mich dann etwas suchend um, bevor ich das fand, was ich suchte. „Können wir dir vielleicht irgendwie helfen?"

Überrascht zu dem Blauäugigen sehend, griff ich nach meinem Koffer. „Nein Danke, ich habe schon gefunden was ich suchen musste. Mein Taxi." Grinsend in Richtung des Mannes mit dem Schild meines Namens zeigend verneigte ich mich noch einmal und wollte schon los. „Warte..." In meiner Bewegung innehaltend, bückte sich der Mann, der mich gehalten hatte, und hob etwas mir allzu Bekanntes auf. „Ich glaube den brauchst du noch."

Mein Ausweis war aus meiner Tasche gerutscht und ich Volltrottel hätte ihn beinahe liegen gelassen. Auf mich zu kommend fuhr er sich durch sein Haar und brachte damit mein Herz zum Aussetzen. Ich muss hier dringend weg, sonst kippe ich noch aus den Latschen. Den Ausweis nehmend dankte ich und biss mir verlegen auf meine Unterlippe, ehe ich mich schleunigst dazu entschied in Richtung des Fahrers zu laufen und noch einen letzten Blick zurückzuwerfen.

Ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, die Blicke der beiden zu treffen, weswegen mir die Röte in die Wangen schoss und ich beinahe den Taxifahrer über den Haufen rannte. Peinlich... „Miss Burthen?" Nickend bat mich, der ältere Herr ihm zu folgen, und ich spürte dennoch Blicke auf mir ruhen. Was das wohl für ein Jahr werden wird?

Eine knappe Stunde später befand ich mich im Wohnheim mit meinem Schlüssel in der Hand und wurde wörtlich von einem blonden Wirbelwind umgerissen. „Du bist endlich da, ich habe mir schon Sorgen gemacht. Wie lief der Flug, ach komm du bis sicher müde." Das war meine Zimmernachbarin, ein aufgewecktes Geschöpf, das ich bisher nur vom Skypen her kannte. Dennoch fühlte ich mich sofort bei ihr wohl.

„Hey erst mal. Ann war doch richtig oder?" Nickend packte sie meinen Koffer und zog ihn schon hinter sich her. „Jap, hast du Hunger? Ich könnte uns was aus der Küche besorgen. Oder..." kichernd schüttelte ich nur den Kopf. „Ich will mich eigentlich gleich erst mal bewegen, ich habe viel zu lange gesessen."

Stehen bleibend sah sie über ihre Schulter zu mir. „Mmh, die Studios sind um diese Uhrzeit frei. Wenn du Lust hast können wir da gleich hin." Bei diesem Wort wurde ich hellhörig. Studios? Vielleicht meint sie Tanzstudios, oh das wäre ja wirklich genial. „Einverstanden, ich hol mir nur meine Sportsachen und dann können wir los."

Im Zimmer angekommen musste ich breit grinsen. Ihre Seite hing voll mit irgendwelchen Stars und Idolen, von denen ich keinen Schimmer hatte. Ein typischer Fan halt. Mein Koffer aufs Bett legend öffnete ich ihn und legte meine Handtasche direkt daneben, ehe ich mir meine schwarze Leggins und einen roten Sport BH mit einem dunkelgrauen weiten Top hervor fischte. Hinter mir wühlte Ann in ihrem Schrank und so zogen wir uns um.

„Kann ich so gehen?" Mich zu ihr umdrehend weiteten sich ihre Augen. „Holla, das nenn ich mal Figur. Hungerst du etwa?" Prustend schüttelte ich den Kopf. „Alles, aber das ganz sicher nicht. Ich bin eines dieser Phänomene die alles essen können und nicht zunehmen. Außerdem gibt es da draußen definitiv hübscheres als mich." Ihre Hände in die Taille stemmend musterte sie mich.

„Lange Beine, schlanke Taille, schwarzes Haar bis zum Hintern, weiße Haut und blaue Augen. Sag mir was daran bitte normal ist?" Die Augen verdrehend schnappte ich mir mein Handtuch und meine Trainingsjacke und trat zur Tür. „Wollen wir hier bis morgen stehen? Oder kommst du endlich?" Sie sah an sich auch nicht schlecht aus, etwas keiner als ich so um die 1,63m blondes Haar, grüne Augen und ebenso schlank wie ich. Verstecken braucht sie sich auch nicht.

Lachend hakte sie sich bei mir unter und wir machten uns auf den Weg zu den Studios. Über die Straße rüber und zwei Straßen weiter stand ich vor einem riesen Gebäude, das ich für alles gehalten hatte, aber niemals für ein Tanzstudio. Eine Horde junger Frauen erwartete uns und kicherte und quietschte, was das Zeug hielt. Oh Himmel lass mich verschwinden.

„Ich geh schon mal rein." Ann nickte mir zu und gesellte sich zu den quietschenden Mädels. Was die wohl haben? Durch die hellen Gänge gehend hörte ich aus fast allen Räumen Musik und entschied mich dann, einfach zu den Räumen hinter der Glastür zu gehen, wo ein recht breit gebauter Mann mir zunickte und mich durch ließ. Was für ein Aufwand, hier jemanden hinzusetzen.

Meine Schultern streckend lief ich also weiter und fand einen leeren Raum, den ich betrat und mich überrascht umsah. Mir gegenüber war eine große Spiegelreihe und eine Anlage in der Ecke dessen Lautsprecher von der Decke hingen. Die restlichen Wände waren weiß und die Klimaanlage tat ihr Übriges. Was ein Luxus, meine Güte ich dachte nicht, dass unsere Uni so viel Geld hat.

Das Handtuch von mir auf einen der Stühle legend, schloss ich mein Handy an und ließ leise Musik laufen, ehe ich mich aufwärmte und letztendlich auf dem Boden saß und in die Grätsche ging, ehe ich mich nach vorne fallen ließ und so meine Innenseite vom Oberschenkel dehnte. Die Musik wechselte zu schnellere Rhythmen und kündigte mir damit an, die Aufwärmphase zu beenden.

Aufstehend verfluchte ich die Tatsache, dass ich ein Haargummi vergessen hatte, und positionierte mich mittig vor dem Spiegel und pfefferte meine Jacke so wie mein Top zum Handtuch, ehe ich anfing die bekannten Choreos nach zu tanzen. Die gewohnten Bewegungen taten gut und ließen mich Zeit und Raum vergessen, ehe ich eine Hand auf meiner Taille spürte, und erschrocken in den Spiegel sah. Nur um einen jungen Mann hinter mir zu sehen, der anscheinend genauso vertieft in die Musik war, wie ich.

Meine Beine machten ihre Schritte alleine und ich ließ mich unbewusst in die gleitenden Bewegungen meines unbekannten Partners fallen, ehe ich schwer atmend in seinen Armen hing und wir beide erst mal realisierten, was da gerade passiert war.

Trying not to fallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt