Kapitel 1

79 7 48
                                    

„Lilith!"

Ruckartig riss ich meine Augen voller Entsetzen auf und schreckt blitzartig hoch.

„Lilith! Steh endlich auf, du Schlafmütze! Du hast versprochen, uns beiden heute beim Backen zu helfen!", tadelte mich lächelnd mein Bruder Mike, welcher vor meinem Bett saß und mich neckend anblickte.

„Ja", murmelte ich verschlafen und rieb mir meine müde Augen, „Ich komme gleich"

Grinsend stand er auf und drehte sich herum, um mein Zimmer zu verlassen. Doch natürlich konnte er dies nicht tun, ohne mich zuvor noch ein weiteres Mal aufzuziehen.

„Aber schlaf ja nicht noch mal ein", drohte er betont. Allerdings strafte das Lächeln um seine Mundwinkeln seiner harten Miene Lügen.

„Ich doch nicht", murmelte ich verschlafen, während ich mich wieder zurück auf mein Kopfkissen fallen ließ. Mike hatte mein Zimmer bereits verlassen, daher konnte ich beruhigt nochmals für ein paar Augenblicke meine Augen schließen.

„Lilith!", hallte es noch immer in meinem Kopf nach. Mittlerweile war es nun nicht mehr, als nur noch ein leises Rauschen in meinem Hinterkopf. Sie war es, die mich wirklich geweckt hat. Denn es war egal, was um mich herum geschah und auf welche Art und Weise ich geweckt wurde. Stets hatte ich diese eine Stimme in meinem Ohr, wenn ich aufwachte. Sie war es, die einen neuen Tag für mich ins Leben rief. Und jeden Abend freute ich mich schon darauf, diese Stimme am nächsten Morgen meinen Namen sagen zu hören.

Natürlich hatte ich keine Ahnung, woran es lag, dass ich immer zu dieser Stimme aufwachte. Schließlich hatte ich in meinem ganzen Leben noch nie geträumt. Alles, woran ich mich morgens noch erinnern konnte, war immer nur eine endlose und tiefe Schwärze. Also konnte die Stimme wohl kaum von dort kommen. Aber wenn ich ehrlich war, dann interessierte es mich auch nicht all zu sehr, weshalb ich sie immer hörte. Stattdessen genoss ich das wunderbare Gefühl, welche sie mir gab. Denn sie schien direkt aus meinem Herzen, dem innersten meines Körpers zu kommen. Sie erfüllte mein gesamtes Wesen, sowohl geistlich als auch körperlich. Nur diese Stimme vermochte es, mir das Gefühl von Schwerelosigkeit zu geben. Denn ich fühlte auch jetzt im Moment eine absolut wundervolle Leichtigkeit, als ob ich in Wolken aus Watte schweben würde. Diese Stimme schien über mich zu wachen, denn sie gab mir das Gefühl, mich geborgen zu halten und der alleinige Grund für mein tägliches Wohlergehen zu sein. Doch je länger ich wach war, desto mehr entschwand die Stimme aus meinem Ohr. Und mit ihr auch all die wunderbaren zugehörigen Gefühle. Bald schon konnte ich nicht einmal mehr erahnen, dass sie jemals dagewesen war. Doch ich wusste es besser, denn am nächsten Morgen würde sie mich wieder wecken. Daran hatte ich keinerlei Zweifel. Schließlich war es immer schon so gewesen. Sie hatte mich jeden Morgen geweckt, egal ob ich es wollte oder nicht. Also gab es absolut keinen plausiblen Grund, weshalb sich dies alles auf einmal ändern sollte.

Nachdem die Stimme also verklungen war, öffnete ich also wieder meine müde Augen und rieb sie mir nochmals. Dann schlug ich meine Bettdecke zur Seite und stand schlaftrunken auf. Sofort gähnte ich einmal herzhaft, ehe ich mich zu meinem Kleiderschrank umdrehte und mir die Kleidung für diesen neuen Tag aussuchte. Dabei entschied ich mich für einen schwarzen Strickpullover und eine schwarze schlichte Jeans. Allerdings war die Entscheidung nicht allzu schwer, denn jedes einzelne Kleidungsstück in meinem Schrank war komplett schwarz. Dies lag daran, dass ich es absolut nicht ausstehen konnte, wenn etwas nicht schwarz war. Wenn es nach mir gehen würde, wäre absolut alles schwarz! Jeder einzelne Gegenstand und jedes Lebewesen! Aber das war wohl wieder einer dieser komischen Ticks, welche ich hatte. Denn ich war in so viel mehr Sachen anders als alle anderen, als nur bei meiner fanatischen Liebe zu dieser Farbe.

Etwas lustlos lief ich also in unser Bad, welches unglücklicherweise nicht schwarz war. Auch mit weiß hätte ich noch auskommen können, aber unser Bad war durch und durch blau. Wieso genau konnte ich mir beim besten Willen nicht erklären, aber Angelika liebte dieses Himmelsblau einfach. Manchmal saß sie ganze Stunden vor dem Fenster oder auf einer Parkbank und blickte einfach hinauf in den Himmel. Verständnislos schüttelte ich meinen Kopf und schloss dann die Türe hinter mir ab. Wie nur konnte man diese Farbe so sehr lieben? Allerdings war ich wohl die falsche Person, um jemanden diesbezüglich zu verurteilen, wenn ich nur an meine eigene Zuneigung für schwarz dachte.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 10, 2021 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Die Prinzessin der Hölle - Das Erwachen der FlammeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt