My cold

Aus der Sammlung.

Skeptisch sehe ich den Jungen an. Er ist ne' ganze Ecke kleiner als ich. Sein Scheitel würde mich, wenn ich mich direkt vor ihn stellen würde, am Kinn kitzeln.

»Ey!« er schnippt mit den Fingern vor meinem Gesicht.

»Mhm?« 

Meiner Aufmerksamkeit sicher, stellt er sich neben mich und winkt mich zu sich herunter.

Wow, denke ich etwas zynisch, der coolste Surfer der Schule steht neben mir wie ein Kumpel.

»Ich sag dir was Alter, Ich, Simon Clark schwör auf dieses Mädchen!«

Meine linke Braue zuckt nach oben. 

»Hannah? Hannah Jaron? Ich hatte eben mit ihr Englisch, Alter! Sie ist doch voll der Looser! Kriegt die Fresse nicht auf und hasste' sie mal angesehen? Irgendwas an der stimmt doch nicht!«

»Hey Mann! So redest du nicht über sie!« Seine Miene verdunkelt sich. 

Er ist stark. Sein Shirt lässt den Blick frei für gebräunte, muskelbepackte Oberarme.

Simon ist der Inbegriff eines Mädchenschwarms und der Sunnyboy schlechthin. 

Dem scheint die Sonne außm' Arsch, hätte Danny jetzt gesagt. Danny. 

Verdammt!

»Is doch so! Sie ist nicht normal! Diese Hannah sieht schon anders aus. Hast du ihr Gesicht gesehen?« Mir ist es jetzt scheißegal wer er ist. Soll er doch mit seinem alten MG ohne Verdeck mit seinem scheiß Surfbrett drin rumfahren wie er wollte. Meinetwegen von der nächsten Klippe. 

Mir ist es alles so scheißegal. 

»Und wenn? Was hält dich davon ab deine Vorurteile einfach über Bord zu werfen?«

»Du vögelst die doch, oder?«

Der Schlag trifft mich voll in die Fresse. Ich stürze.

Mir egal. Der Schmerz erinnert mich nur an Danny. Erinnert mich nur an seine Zähne, als sie in meiner Faust stecken blieben. Nur an das Geräusch seines brechenden Kiefers. 

»Nein Mann! Geht's noch?« Simon sprüht vor Wut.

»Dir zu hässlich, was?«

Der nächste Schlag landet in meiner Magengrube und mein Keuchen ist das Dannys.

»Sie ist alles andere als hässlich, du oberflächlicher Vollpfosten.« 

Simons Stimme ist nun ganz ruhig.

Er hält mir die Hand hin. 

Ich bleib auf dem Boden sitzen. 

»Komm schon Mann, tut mir leid!«

Ich will das er weiter schlägt. Doch er tut es nicht. Er lässt mich nicht büßen.

Ich versuche selbst aufzustehen, doch sein Tritt gegen meine Trainingsschuhe lässt das nicht zu. 

»Lass mich dir verdammtnochmal aufhelfen!«

Ich tue es. Wahrscheinlich erwartet er den Schlag bereits. Ich schlage nicht mehr. Ich will nie wieder schlagen. Doch es ist fast zu spät, denn meine Faust ballt sich von allein. Ein blaues Auge würde ihm mit Sicherheit kaum so gut stehen wie das Shirt das er trägt.

Die blonden Haare werden Schwarz. Sein Gesicht schmal und seine Augen von Blau zu Dunkelbraun.

Danny.