Laubengang

1.9K 119 402
                                    

Sanft ziehe ich die Wohnungstür hinter mir zu und gleite an ihr zu Boden. Ich finde auf der dunklen Fußmatte Platz und strecke meine Beine von mir.

Die Nachtluft ist frisch. Der Regen prasselt laut vom Himmel herab. In der Ferne donnert und blitzt es immer wieder. Blätter rascheln, Autos rasen über die nasse Straße und aus dem offenstehenden Fenster einer meiner Nachbarn, ist laute Musik zu hören.

Mein Kopf fällt nach hinten gegen das Holz. Tief atme ich durch, ein Lächeln bildet sich auf meinen Lippen.
Das Licht der Röhrenlampe über mir flackert unangenehm und ich hebe meinen Kopf wieder. Ich fokussiere mich auf den klimpernden Schlüsselbund in meinen Händen. Nebenbei summe ich zur Melodie mit, die gerade aus den Lautsprechern der Nachbarn trällert.

Ich fahre mit den Zacken des Kellerschlüssels über meinen Handrücken. Rote Linien zieren die dünne Haut und ich kratze über die leicht juckende Stelle.
Den Schlüssel lasse ich los und dabei fädle ich geschickt meinen Finger durch den Karabiner. Wild wackelt der Schlüsselbund hin und her, bis ich ihn mit meiner Handfläche umfasse. Mein Daumen drückt den Schnapper des silbernen Karabiners nach innen. Ich lasse ihn los und er schnellt zurück. Den Vorgang wiederhole ich so lange, bis mein Handy in meiner Hosentasche anfängt zu vibrieren. Diese Ablenkung führt dazu, dass der Karabiner meine Haut einzwickt. Zischend schüttle ich meine Hand, die Schlüssel fallen in meinen Schoß.

Kritisch beäuge ich die winzige Druckstelle und hole nebenbei mein Handy hervor. Als ich sehe, dass es nur meine Mutter ist, die fragt, ob ich wieder vor der Tür im Gang sitze, Rolle ich mit den Augen.
In einer knappen Nachricht antworte ich ihr. Das Gerät schalte ich auf stumm und es findet in der Bauchtasche meines Hoodies Platz.

Dumpfe Schritte erregen meine Aufmerksamkeit. Neugierig sehe ich zu den Treppen. Nebenbei ist ein regelmäßiges Klicken wahrzunehmen.
Mein süßer Nachbar, der in meinem Alter ist, taucht in meinem Blickfeld auf. Es ist von hier aus zu sehen, dass er jeweils mindestens zwei Stufen beim Hochgehen auslässt.

Keuchend kommt der Junge, den ich schon öfter hier draußen beobachtet habe, oben an und streicht sich durch die nassen Haare. Dabei funkelt mir ein Ring an seinem Mittelfinger entgegen, was wohl das Klicken von eben am Geländer erklärt.

Mit großen Schritten kommt er in meine Richtung, mich sieht er jedoch keine Sekunde an.
Seine Schuhe quietschen. Den Rucksack hat er nur über eine Schulter hängen und im Großen und Ganzem ist er klitschnass. Er hinterlässt eine Tropfspur und nasse Schuhabdrücke.
Als er an mir vorbei will, ziehe ich meine Beine an, um ihm mehr Platz zu machen, auch wenn er genug Platz hätte oder problemlos über meine Beine steigen könnte.

Meine Augen verfolgen ihn weiter. Nur zwei Türen entfernt bleibt er stehen. Ungeduldig betätigt er die Klingel mehrmals hintereinander. Erneut fährt er sich durch sein Haar und als niemand reagiert, klopft er kräftig an.

Er tritt von einem Bein auf das andere. Und nichts passiert.

"Scheiße."

Der Junge, der nur im lockeren, durchnässten Hemd bestimmt friert, lässt seinen Rucksack fallen. Mit dem Rücken knallt er gegen die Tür und wie ich noch vor ein paar Minuten, rutscht auch er an ihr hinunter. Seine Beine bleiben angewinkelt.

Neugierig lehne ich mich etwas vor und ich meine eine feuchte Spur an der weißen Tür erkennen zu können. Ich gluckse, was er zum Glück nicht hören kann.

Seine Hände sind am Hinterkopf verschränkt. Das hübsche Gesicht, das sonst immer mit Grübchen geziert ist, ist nun verzogen. Scheint wohl ein beschissener Tag für ihn zu sein.

Der Hübschling löst sich von der angespannten Position und kramt in seinem Rucksack herum. Dabei verteilt er den Inhalt größtenteils um sich herum auf dem Boden, was ich skeptisch beobachte.
Doch er scheint das, was er sucht, nicht zu finden. Fluchend rauft er sich die Haare. Aus dem Ärmel seines Hemdes zaubert er ein Zopfband hervor, womit er sich die obere Haarpartie zurückbindet.

Larry Stylinson OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt