Einen Schritt vom Abgrund entfernt

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So oft bin ich nun schon hier oben gestanden. So oft habe ich mir überlegt, wie es wäre einfach zu springen. Sich fallen zu lassen. Los zu lassen. Ich habe meine Aufgabe im Leben erledigt. Ich habe Voldemort besiegt, ihn umgebracht. Und nun, nun gibt es keinen Verwendungszweck mehr für mich.

Meine zwei besten Freunde sind ein Paar und glücklich. Genießen ihr letztes Schuljahr, verbringen viel Zeit zu zweit. Ich kann es ihnen nicht übelnehmen. Es ist nur, seitdem ich mich von Ginny getrennt hatte, da ich einfach gemerkt habe das ich wohl eher auf Jungs, nein eher Männer, stehe, bin ich zimmlich allein.

Ja der große Harry Potter steht auf das eigene Geschlecht und dann auch noch auf ältere Männer. Seine zwei engsten Freunde haben es eigentlich ganz gut aufgenommen, verbringen aber wie gesagt mehr Zeit zu zweit. Ginny war verletzt und hat sich zurückgezogen, geht ihm praktisch aus dem Weg. Verübeln kann er ihr das aber nicht, er kann sie ja sogar verstehen. Was er aber nicht verstehen kann ist die Reaktion seiner anderen Mitschüler. Alle, mit Ausnahme von ein paar wenigen, unter anderem Luna und Neville, die nun auch ein Paar sind und viel Zeit zu zweit verbringen, haben sich von ihm abgewandt, ignorieren ihn.

Dank der lieben (man bemerke die Ironie) Rita Kimmkorn wusste auch die restliche Zauberer Gemeinschaft Bescheid. Man könnte meinen diese hätte aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und gemerkt, dass es nur zu riesen Problemen führt, wenn man Menschen ausgrenzt, nur weil sie irgendwie "anders" sind. Da ist es auch egal ob es nun der Blutstatus, die Herkunft, der Glaube oder eben die Sexualität ist. Wenn man allerdings davon aus ging, hatte man sich gewaltig getäuscht. Auch von den meisten Zauberern außerhalb der Mauern Hogwarts wurde diese Nachricht nicht gut aufgenommen.

Nun stand er also praktisch alleine dar. Die wenigen Leute, die überhaupt noch etwas mit ihm zu tun haben wollen, haben anderes zu tun als sich den ganzen Tag mit ihm zu beschäftigen. Familie hat er schon lange nicht mehr. Nun und einen Lebenspartner hat er auch noch nicht gefunden...

Es ist nicht so, dass er für niemanden tiefere Gefühle hegen würde, war er sich aber sicher das diese bestimmte Person ihn niemals auch lieben würde. Nein dieser ältere Mann hasste ihn eher. Doch er, er hatte sich in die schwarzen Seelenspiegel seines Schwarms verliebt. Ihn das kleine Warme Lächeln, welches man viel zu selten sah. In die doch sehr barsche Art. In die langen schwarzen Haare, in die blasse Haut. In die, fast schon eleganten Bewegungen, die der Ältere mit seinen schlanken, langen Fingern vollbrachte, wenn er braute. Ja, er Harry Potter hatte sich in seinen Tränkeprofessor Severus Snape verliebt...

Dieser hatte den Biss von Naginni dank eines Gegengiftes von Hermine überlebt und unterrichtete nun wieder an der Schule für Hexerei und Zauberei in Schottland. An Hogwarts.

Nun stand er mal wieder auf dem Astronomieturm von eben jener Schule und überlegte, wie einfach es doch wäre sich einfach fallen zu lassen. All das hinter sich zu lassen. Die Einsamkeit, das Gefühl von seinen eigenen "Freunden" verraten worden zu sein, das Gefühl der unerwiderten Liebe, einfach alles hinter sich lassen. Vergessen.

Doch irgendetwas hatte ihm bisher immer abgehalten. Abgehalten davor den letzten Schritt zu gehen. Die Ereignisse des heutigen Tages, um genau zu sein in seiner Zaubertrankstunde, hatten allerdings nicht dazu beigetragen ihn weiterhin an den endgültigen Sprung zu hindern...

Flashback Zaubertrankstunde

Wieder einmal hatte er in der Nacht kaum geschlafen. Immer noch holten ihn Albträume über den Krieg, über die durch ihn Gestorbenen, ein. Die wenigen Stunden Schlaf die er teilweise bekam, reichten nicht aus. Noch dazu waren diese alles andere als Erholsam. Es ist als würden ihn die Geister der Verstorbenen heimsuchen, nur um ihn zu sagen, dass er Schuld daran hat, dass sie nun nicht mehr unter den Lebenden weilen.

Darum war es auch kein Wunder, dass er in der Zaubertrankstunde fast einschlief und durch seine Unachtsamkeit wieder einmal ein Trank gehörig in die Hose ging. Auch war es kein Wunder, dass er dadurch wieder eine Strafe von Snape zu erwarten hatte, doch dieses Mal war es anders als sonst.

Die letzten Wochen und Monate nach dem Krieg hatten in ausgelaugt. Er war viel empfindlicher, verlor schneller die Kontrolle. Deshalb war es für ihn eigentlich doch keine Überraschung wie er auf die Aussage seines Professors reagierte.

"Potter können sie nicht einmal aufpassen. Sie sind ja auch zu gar nichts zu gebrauchen. Denken sie etwa sie hätten die Stunden nicht nötig und können diese mit schlafen verbringen."

Es tat weh. Sehr sogar. Zu hören, was man sich schon die ganze Zeit dachte. "Sie sind ja auch zu gar nichts zu gebrauchen." Immer wieder halten diese Worte in seinen Kopf nach. Zu vermuten, dass man nicht mehr gebraucht wird und es zu hören sind einfach zwei Grund verschiedene Dinge. Das Ganze dann auch noch von der Person zu hören, die man eigentlich liebt, machte es nicht besser. Genauso wenig wie die Schuldgefühle und die unendliche Müdigkeit.

Er wollte einfach nur schlafen. Schlafen, ohne von der Vergangenheit eingeholt zu werden.

Erst der bissige Kommentar seines Lehrers: "Jetz hören sie schon auf hier rumzuheulen.", Holte ihn wieder aus seinen Gedanken und auch da wurde ihm erst bewusst das er weinte. Ohne weiter darüber nachzudenken lief er aus dem Klassenzimmer. Er hörte noch den besorgten Ruf von Hermine, konnte aber nicht zurück, um sie zu beruhigen. Er konnte einfach nicht.

Flashback Ende

Ja und seit dieser Stunde am Nachmittag saß er nun hier oben. Mittlerweile war es dunkel geworden. Ihm war kalt und er war müde. Er fühlte sich einfach nur Hunde elend. Er wollte springen, endlich schlafen. Schlafen, ohne sich Gedanken machen zu müssen.

Gerade als er an den Abgrund trat nur einen Schritt von der Erlösung entfernt, hielt ihn jemand ab, hielt ihn zurück. Verwerte ihn die Ruhe, die Erlösung. Jemand legte ihn die Arme um die Hüfte und hielt ihn fest. Doch anders als sonst schreckte er nicht vor den Körperkontakt zurück.

Ja er der große Harry Potter hatte Berührungsängste. Die mussten wohl noch aus der Zeit bei den Dursleys stammen...

"Harry... bitte tu das nicht...", hörte er die ihm so vertraute dunkle Stimme hinter ihm, doch dieses Mal war sie so unendlich sanft, so ja schon fast liebevoll. Aber... nein das konnte nicht sein. Er musste sich das einbilden. Er konnte ihn nicht wirklich davon abhalten wollen. Das war nicht möglich...

Wieder vernahm er diese sanfte Stimme: "Ich liebe dich doch, Harry." Es war kaum mehr als ein Flüstern und doch hörte Harry es. Langsam, ganz langsam, drehte er sich in den Armen, die ihn festhielten. Ihm gegenüber stand Severus Snape.

"Harry...", die Stimme des Älteren war brüchig, genauso wie die meine als ich fragte: "Wir...wirklich..." Man konnte genau die verräterische Hoffnung aus diesen Worten hören. Beschämt senkte ich meinen Kopf, bereit für weitere Beleidigungen die sicher folgen würden. Er würde sich bestimmt gleich über meine erbärmliche Hoffnung lustig machen.

Doch alles was zurück kam war ein: "Ja, Harry. Ich liebe dich." Ganz leise, immer noch von der Angst besessen es könnte ein Scherz sein, antwortete ich ihn mit einen schüchternen: "Ich liebe dich auch, Sev... Severus." Immer noch starrte ich lieber den Boden an, als in das Gesicht meines Gegenübers. "Harry, bitte sie mich an.", sagte Sev mit diesen fast schon verzweifelten Unterton in der Stimme, der mir eigentlich keine Wahl mehr lies. Deshalb hob ich langsam, ganz langsam, meinen Kopf und sah in diese wunderschönen schwarzen Seelenspiegel.

"Liebst... liebst du mich wirklich?", fragte Sev mich vorsichtig. Ich brachte nicht mehr als ein leichtes Nicken zusammen, doch es reichte ihn anscheinend aus. Schon im nächsten Moment spürte ich nämlich seine weichen Lippen auf meinen. Der Kuss war unglaublich sanft und doch so bedeutenden. Ich konnte mein Glück nicht fassen. Weg waren all die schrecklichen Gedanken. Was übrig blieb war Liebe, einfach nur wunderschöne, reine Liebe.

Einen Schritt vom Abgrund entfernt (Snarry)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt