"Oberkommissar Klausen. Was führt Sie denn noch einmal hier her? Haben Sie den Täter?"
"Nein. Wir haben leider keinen Erfolg bei der Spurensuche gehabt. Der Täter ist nicht in unserem System, genauso wenig, wie die Frau, die dabei war. Haben Sie überlegt, wer das sein könnte? War an dem Tag irgendetwas ungewöhnlich?"
"Nein, es war nicht viel los, nur ein paar Stammgäste. Deshalb habe ich Jessica ja auch eher nach Hause geschickt. Es war..."
Es klopft an der Bürotür. Jessica, die Mitarbeiterin im Café, streckt ihren Kopf durch einen Türspalt und gibt ihrer Cheffin einen Zettel. Diese nimmt den Zettel an, liest ihn sich durch und legt ihn dann in einen Kalender.
"Ist etwas passiert?", fragt der Kommissar. "Sie sehen so aus, als wäre etwas passiert?"
"Oh, nein.", beeilt sie sich zu sagen. "Nur eine Stammkundin. Wir denken, dass sie Zuhause geschlagen wird. Sie ist stumm, also dokumentieren wir Auffälligkeiten, falls jemals etwas passieren sollte."
"Machen Sie das mit all ihren Stammkunden?", fragt nun Kommissarin Schulze.
"Nein, nur bei ihr. Wir waren mal Nachbarn und ich habe mitbekommen, wie ihre Mutter oft verprügelt wurde. Deshalb bin ich etwas sensibel."
"Wenn sie sagen, sie ist eine Stammkundin, war sie auch an dem Tag da?"
"Ja, sie hat sich um Kaiser gekümmert."
"Kaiser?"
"Meine Katze. Ich hatte es wegen dem Date eilig. Sie war die letzte Besucherin, also hat sie sich darum gekümmert, dass er alles hat, was er für den Abend brauchte."
"Und dann?"
"Dann sind wir durch meine Wohnung nach draußen und haben uns an der Straße verabschiedet. Sie ist nach Hause zu ihrem Freund."
"Ok. Meinen sie, wir könnten einmal mit ihr reden?"
"Wie gesagt, sie ist stumm. Sie kann zwar hören, aber antworten wird sie nur mit Stift und Papier."
Die Cheffin des Cafés zeigt den Polizisten den Tisch der jungen Frau. Diese sitzt in der hintersten Ecke des Cafés.
"Hallo.", sagt Kommissarin Schulze leise. "Ihre Katze?"
Die Frau schüttelt den Kopf, einen alten, dicken Kater auf dem Schoß. Sie zeigt auf die Cheffin, die nun hinter der Theke steht.
"Wir sind von der Polizei. Dürfen wir ein paar Fragen stellen?"
Nicken.
"Uns wurde gesagt, dass Sie nicht reden, ist das richtig?"
Nicken.
"Darf ich fragen, ob das angeboren ist?"
Kopfschütteln. Die Frau tippt sich seitlich gegen den Kopf.
"Oh, ok. Psychisch?"
Nicken. Die Frau holt einen Notizblock und einen Kulli aus ihrer Tasche.
Emily De La Noche, steht auf der ersten Seite, der Vorname unterstrichen.
"Emily? Letzte Woche Samstag ist hier eingebrochen worden. Haben Sie schon davon gehört?"
Vehementes Kopfschütteln und Angst in ihren Augen.
"Es waren zwei Einbrecher, vermutlich ein Mann und eine Frau. Ist Ihnen irgendetwas aufgefallen, als sie an dem Tag hier waren?"
Wieder Kopfschütteln.
"Ok. Hier, meine Karte. Falls doch noch irgendetwas sein sollte, melden Sie sich."
Die Polizisten stehen wieder auf und holen sich einen Kaffee.
"Wir würden uns gerne Ihre Aufzeichnungen über diese Kundin ansehen, wenn das in Ordnung ist.", flüstert der Oberkommissar der Cheffin zu.
Während sie aus dem Büro den Kalender holt, stürmt ein junger Mann durch die Tür auf den hintersten Tisch zu. Die Polizisten sehen, wie die Frau zusammenzuckt, als sie ihn bemerkt. Der Kater wird unsanft vom Mann heruntergeschubst. Schnell packt sie ihre Sachen zusammen und steht auf. Der Mann legt ihr eine Hand auf den Rücken, was in anderen Situationen wohl nach einer liebevollen Geste ausgesehen hätte. Hier schiebt er sie aber nur Richtung Ausgang. Sie legt auf dem Weg einen Schein auf den Tresen und schon sind sie weg. Alle schauen sich verwirrt an, bis Jessica den Schein in die Kasse legen will.
"Sehen Sie mal."
Sie schiebt den Polizisten den Schein hin.
Hilfe steht hastig geschrieben darauf. Daneben ein kleiner roter Fleck.
"Den nehmen wir mal mit. Kennen Sie den Mann, der sie abgeholt hat?"
"Ihr Freund.", meint Jessica. "Emily hat mir mal verraten, dass sie immer hier ist, um ihre Ruhe zu haben. Er ist wohl aus reichem Hause und würde niemals in diese Gegend kommen."
"Hat sie noch etwas über ihn gesagt?"
"Nein, leider nicht. Sie muss aber am Stadtrand leben. Sie hat mir mal gezeigt, dass sie mitten im Sommer fünf Kilometer mit dem Fahrrad gefahren ist."
"Gut, danke. Wir melden uns noch mal, wenn es neue Infos über den Einbruch gibt."****
Nachdem die beiden Polizisten wieder aufs Revier gefahren sind, haben sie den Schein untersuchen lassen. Kommissarin Schulze kommt mit dem Ergebnis zu ihrem Vorgesetzten.
"Die Ergebnisse des Scheins von dieser Emily De La Noche. Der rote Fleck ist Blut und es wurden Fingerabdrücke gefunden. Beides stimmt mit den Spuren aus dem Café überein. Sie ist die Täterin."
"Ich hatte gehofft, dass du das nicht sagst.", meint er. "Ich habe sie mal durchleuchtet. Ihr Mädchenname ist Reising. Sie hat zugesehen, wie ihr Vater ihre Mutter totgeprügelt hat. Es war mein erster Fall nach der Ausbildung. Sie war erst 4 Jahre alt. Frühkindliches Trauma und eine Störung der Sprachsteuerung. Deshalb redet sie nicht."
"Also ist es gut möglich, dass ihr Freund sie schlägt und sie deshalb um Hilfe gebeten hat?"
"Und ich fürchte, dass wir nichts dagegen tun können. Diese Kellnerin hat doch gesagt, der Typ wäre aus reichem Hause. Naja, nach ein paar Telefonaten habe ich auch herausgefunden, wer er ist. Stephano De La Noche, Sohn vom Abgeordneten Arturo De La Noche."
"Mist! Er hat also Immunität!"
"So sieht es aus. Leider hat sie uns zwar den Nachnamen ihren Freundes als ihren gezeigt, aber solange die beiden nicht verheiratet sind, ist er unantastbar für uns. Emily hingegen kann und muss verhaftet werden, wenn die Beweise es zeigen. Ich denke, dass er der zweite Täter ist, aber ich weiß nicht, wie er auf ihre Festnahme reagieren wird."
"Vielleicht holt er sie mit einem guten Anwalt raus oder er distanziert sich von ihr."
"Und ich weiß nicht, was mir lieber wäre. Das Mädchen ins Gefängnis zu bringen oder sie in einer Situation zu lassen, in der es ihr schlecht geht. Ich habe mir den Kalender vorgenommen. Selbst wenn es nicht ihr Freund ist, der sie schlägt, ist sie in sehr schlechter Gesellschaft. Und die Tatsache, dass sie nicht schreit oder jemandem die Wahrheit sagt, macht die Sache noch komplizierter."Wie würdet ihr die Geschichte enden lassen? Und was glaubt ihr, warum Emily in ihr Lieblingscafé eingebrochen ist?
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Kurzgeschichten/Oneshots
RandomEin paar kleine Ideen, die ich hatte, die (bisher) aber nicht für ein ganzes Buch reichen.