Linas POV:
„Fuck!", stoße ich hervor und setze mich ruckartig auf. Aus dem Rucksack an meinem Bettende krame ich eine Klinge. Langsam ziehe ich sie an meinem Bein entlang; am Arm wäre die Gefahr zu hoch, dass es jemandem aus meiner Familie auffällt. Ich atme aus. Es folgen noch ein paar weitere Schnitte. Nicht sehr tief, es geht mir nur darum, den Schmerz zu spüren. Befriedigt sehe ich zu, wie langsam Blut aus den Schnitten hervortritt. Dann versorge ich sie notdürftig mit Wunddesinfektionsmittel und einem Pflaster. Das Brennen treibt mir Tränen in die Augen. Endlich. Es ist eine Erlösung. Nachdem ich mein Zeug wieder verräumt habe, blicke ich kurz auf mein Handy und sehe, dass ich mehrere Nachrichten aus einer Spam-Gruppe und eine relativ lange Sprachnachricht von einer meiner besten Freundinnen habe. Ich seufze. Später.
Ich kann einfach nicht aufhören, über das Telefonat nachzudenken. „Lass dir bitte helfen!" Felicitas' Stimme hallt in meinem Kopf nach und ich sehe Julias verzweifelt zustimmendes Nicken vor mir. Es ist ja nicht so, dass ich keine Hilfe brauchen würde. Wahrscheinlich habe ich sie bitter nötig. Nur... ich will sie einfach nicht. Ich habe keine Lust, mir helfen zu lassen und ich weiß, wie verdammt egoistisch das ist. Aber so war ich schon immer. Das heißt, in den letzten Jahren, als Kind eigentlich nicht. Was soll's, irgendwie muss ich Feli und Julia wieder ruhig stellen. Eigentlich bereue ich es, jemals mit ihnen über meine Probleme mit mir selbst geredet zu haben. Es wäre wahrscheinlich besser für alle Beteiligten, wenn ich es gelassen hätte.
Ich greife nach meinem Laptop, logge mich ein und öffne Google. In die Suchleiste gebe ich ein: „Selbsthilfegruppe". Wenn ich mich bei sowas in der Art anmelde, sind meine Freunde bestimmt erstmal zufrieden. Ich scrolle nach unten und klicke dann auf einen beliebigen Treffer. Auf den ersten Blick erscheint mir die Seite seltsam. Sie ist in dunklen Farben gestaltet und die Überschriften sind in großen, schwarzen Lettern geschrieben. Ich lese mir einen kurzen Informationstext durch:
Bist du es leid, dass andere sich nach deinem Wohlbefinden erkundigen und nicht merken, dass du sie anlügst?
Bist du es leid, alle deine Probleme, mögen sie noch so klein sein, alleine ertragen zu müssen?
Bist du es leid, von anderen oder dir selbst runtergemacht und beleidigt zu werden?
Egal, wer du bist und weshalb du hier bist – du bist nicht allein.
Wenn du es willst, begleiten wir dich auf dem letzten Schritt deines Weges.
Darunter befindet sich ein schwarzer Button mit der Aufschrift „Log in". Ich zögere. Das ist nicht, was ich hier eigentlich finden wollte, und falls meine Freunde davon erfahren, werden sie durchdrehen. Wirklich seriös sieht die Seite auch nicht aus. Und trotzdem... wenn ich genauer darüber nachdenke, ist diese sogenannte „Selbsthilfegruppe" genau das, wonach ICH eigentlich gesucht habe. Was ICH möchte. Ich sehe, dass die Beschreibung unter dem Button noch weiter geht, doch ich habe mich schon entschieden. Fest entschlossen klicke ich auf „Log in".
Ich gebe an, dass ich weiblich und 16 Jahre alt bin; die anderen Felder lasse ich frei, da ich weitesgehend anonym bleiben will. Als Benutzernamen gebe ich ein: „(Not)ObviouslyBroken07".
Ich atme noch einmal tief durch und drücke schließlich mit klopfendem Herzen auf „OK".
Die Seite lädt...
Soo, das war der Prolog. Ich hoffe, er hat euch gefallen und ich konnte das Ganze einigermaßen gut rüberbringen.
Ich würde mich freuen, wenn ihr mir Feedback in den Kommentaren da lasst 😊
Eure HerGinnyLu♡
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Die (sogenannte) Selbsthilfegruppe - die Geschichte einer Freundschaft
General Fiction"Du bist das Beste, was mir je passiert ist." - "Ich bin IMMER für dich da. Versprochen!" - "Ich weiß. Danke für alles." ACHTUNG!! Diese Geschichte enthält depressive Gedanken, Selbstverletzung und Suizid! Lina ist 16 Jahre alt und lebt ein normales...