Kurzgeschichten

Verlust

Ein leises Knacken ging von dem kleinen Kamin aus, der in dem Raum, welcher sowohl Wohn- als auch Schlafzimmer war, als Hauptlichtquelle diente. Mit seinem offenem, in die Jahre gekommendem Backsteinbogen war er eine Art Highlight in dem  heruntergekommenem Raum, der neben einem Ohrensessel und einem Regal, auf dem neben drei Büchern noch eine dicke Staubschicht lag, ein altes, großes, mit Flicken und alten Handtüchern beschmücktes Sofa beherbergte, auf dem eine Frau lag und mit gerunzelter Stirn in die Leere starrte. Auch als sich knarzend die Tür öffnete und ihr benommen wankender Mann eintrat regte sie sich kein Stück. Erst als er Holz auflegt drehte sie sich zu ihm. Sie stand auf, ging zu ihrem Mann,  der mittlerweile aus der wenigen, gebliebenen Glut ein Feuer entfacht hatte und nahm ihm seinen schweren Mantel ab. Sie ließ ihre schmalen Finger durch seine durchnässten Haare gleiten und sah ihm in die Augen. Beide verharrten. Sahen sich einfach in die Augen. Nach einiger Zeit des stillen in die Augen schauen packte sie ihn sanft und führte ihn zum Sessel, auf dem er sich auch niederließ. Sie bückte sich und zog ihm langsam seine Schuhe aus. Mit seinen erschöpfen Augen verfolgte er ihre Bewegungen. Sah wie sie aufstand, Mantel und Schuhe nahm und in Richtung Tür ging. Ja, er sah auch, dass sie einmal tief durchatmete, bevor sie Mantel aufhing und Schuhe auf eine kleine dunkle Matte abstellte. Als sie zurückkam ließ sie sich wie ein kleines Kind auf seinen Schoß fallen und gab ihm liebevoll einen Kuss auf die Stirn. Sie sah ihrem Mann wieder in die vor Müdigkeit beinahe zufallenden Augen. Er wollte zum Reden ansetzen, doch sie gab ihm mit einer Handbewegung zu verstehen, dass er still bleiben sollte. Er schwieg. Die seine in ihre Hand schließend führte sie ihn zum Sofa. Als er an seinem Platz lag fielen ihm beinahe augenblicklich die Augen zu. Sie selbst lag noch lange wach. Sie hätte am liebsten losgeheult, doch gab ihr der friedliche Anblick ihres Mannes eine solche Entspanntheit, dass ihr Kopf mit jedem Atemzug leerer wurde. Sie war nicht bereit dafür, nicht bereit dafür zu realisieren, was passiert war.