Wäre Fantasie realistisch, wär' Realität fantastisch.

28 1 5
                                    



Ich stand am Rande einer Wiese und es fühlte sich so verzaubernd und befreiend an.
Es geschah nichts großartig. Die Laubkronen der Bäume wehten im Wind und alles war irgendwie magisch. Es war so sureal, aber zu dem Zeitpunkt nahm ich das gar nicht zur Kenntnis, sondern fand alles einfach nur schön und irgendwie auch echt. Die Sonne glitzerte golden am Himmel und tauchte den wundersamen Ort in ein weiches Licht. Unterbewusst war es mir klar, dass es die Waldwiese aus dem kleinen Städtchen sein musste, in dem ich zur Schule ging, auch wenn sie komplett anders aussah und nicht so ganz der eigentlichen Wiese entsprach. Aber das realisierte ich nicht ganz und dachte auch nicht weiter darüber nach. Plötzlich war ich nämlich ein wenig weiter mittig auf der Wiese und da war ein süßes, kleines, zierliches Reh vor mir. Es ließ sich von mir streicheln und verwöhnen und wir spielten miteinander, indem wir freudig umherhüpften. Bald tollten wir schon gemeinsam über die saftig grüne Wiese und dieser Moment, diese Zeit machte mich so unfassbar glücklich, denn es war einfach nur wundervoll und wunderschön. Es war zwar so unerreichbar, dieses Erlebnis, aber trotzdem so nah und so wirkungsvoll.
Es war einfach fantastisch.

~

Dann vergaß ich alles und war weg, eingeschlafen.
Ohne jeglichen fantastischen Traum mehr.

Als ich am Morgen meinen Wecker hörte, griff ich nach ihm auf dem Nachttisch und schaltete ihn mit geschlossenen Augen gekonnt aus, um daraufhin noch ein wenig liegen bleiben zu können. Jedoch merkte ich wie ich fast wieder einschlief, weil ich mich kaum bewegte, meine Augen nicht einmal kurz geöffnet habe und es draußen hinter dem Fenster eh noch stockdunkel um diese frühe Uhrzeit im Spätherbst war. Ich besann mich aber zum Glück und bewegte meine Beine und kreiste mit meinen Füßen, um nicht einzuschlafen. Die Augen öffnen wollte aber ich nicht, dazu war ich etwas zu faul.

Und als ich so dalag und mich kurz ins Bewusstsein rief, dass ich gleich Schule haben werde und deshalb nicht einschlafen dürfte sondern gleich aufstehen müsste, erinnerte ich mich an meinen wundervollen Traum. Er war gar nicht groß besonders.

Aber dieses Gefühl, die wunderschöne Handlung, die magische Atmosphäre und das unfassbare Glück, das ich während dem Traum verspürte, waren einfach nur fantastisch.
Es hatte sich so echt angefühlt, aber war trotzdem sehr unrealistisch. So waren aber Träume nunmal, einfach wunderschön, fantastisch und eben unrealistisch.

Wären diese Fantasien realistisch, wär die Welt ja auch irgendwie fantastisch.
Aber das ist sie nicht.
Leider.

Deshalb liebte ich Träume so sehr, auch Tagträume. Es waren einfach so wunderschöne Fantasien in denen alles so fantastisch und unrealistisch war.
Nicht so wie in der brutalen Realität.

Langsam streckte ich mich und nach einpaar weiteren Minuten, in denen ich abwägte einfach liegen zu bleiben, nahm ich meinen Kopf doch noch vom Kissen, kroch unter der Decke hervor und stand von meiner Schlafcouch auf.

Ich zog mich schnell um und betrachtete mein schlichtes Outfit, aus einer blauen Skinny Jeans und einem schwarzen Pulli mit dem silber glitzerndem Schriftzug „Follow your Dreams" bestehend, im Spiegel. Meine recht dicke, braune Haare standen mir wirr vom Kopf und ich bürstete sie schnell über, damit sie glatt über meinen Schultern lagen. Sie reichten auch nicht viel weiter als knapp über meine Schultern und waren leicht gewellt.

Dann verkroch ich mich kurz ins Badezimmer und machte mich schnell fertig, da mir nicht mehr wirklich viel Zeit blieb bis mein Bus kommen würde. Ich lief dann noch kurz in die Küche, begrüßte meine Mama freudig und aß nur einen Joghurt zum Frühstück.

Nachdem ich mir Jacke und Schuhe anzog und den gepackten Rucksack mitnahm, verließ ich dann die Wohnung und lief zur Bushaltestelle. Im Bus hörte ich Musik durch die Kopfhörer bis ich an der Schule ankam.

Der Schultag war recht langweilig und nicht besonders ereignisreich, dafür wollte ich aber unbedingt was ausprobieren. In einer Freistunde ging ich in den Wald hinter meiner Schule und dann auf die Waldwiese. Die aus meinem Traum, obwohl sie im Traum ganz anders ausgesehen hatte. Ich ging durch das knöchelhohe wilde Gras. Es war nicht so saftig grün, wie ich es geträumt habe.

Die Wiese sah nämlich recht unspektakulär aus, aber ich mochte sie trotzdem gerne. Die Bäume an ihrem Rande, hatten fast gar keine Blätter mehr und es sah ziemlich armselig hier aus an diesem windigen Herbsttag. Die Sonne hatte sich auch hinter einpaar Wolken verkrochen und beleuchtete die Wiese nicht so magisch, wie es in meiner Fantasie gewesen ist.

Jedoch wollte ich das Geschehen aus meinem Traum trotzdem nachspielen. Das tat ich ab und zu, wenn ich den Zugang zu den Orten aus meinen Träumen hatte und sie kannte, und wenn die Handlung darin einigermaßen realistisch war.

Also ging ich in die Mitte der Wiese, über das trockene dürre Gras, stellte mich dort hin und ließ mir den Wind um die Ohren wehen. Ich liebte es, in der Natur zu sein. Ich fühlte mich dann immer so frei. Tiere liebte ich auch, aber natürlich würde hier kein süßes kleines Reh einfach so auftauchen, um mit mir die Vorstellungen aus meiner Fantasie nachzuspielen.

Das war sehr unrealistisch und würde auch nicht passieren. Aber es ist so wunderbar gewesen. Nur leider war die Realität nicht so fantastisch wie die unrealistische Fantasie.

Und so stand ich dort, schloss die Augen, genoss das Gefühl der Freiheit und ließ mir mein Haar durch den Wind zerzausen... in dieser schlimmen Welt, ohne Platz für unrealistische, fantastische Geschehnisse aus der Fantasie.

(913 Wörter, also etwas über der Vorgabe der min. 600 Wörter)

Cleo_and_Sana

Schreibwettbewerb ~Kurzgeschichten zu SprüchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt