Die Begegnung

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(Der Link zu dem Bild ist in der Beschreibung, das Bild ist nicht von mir) 

Sie lief durch die Straßen von New York. Sie lief immer schneller. Irgendwas verfolgte sie. Die Straßen waren leer. Niemand war da, und doch hatte sie das Gefühl verfolgt zu werden.

Es war Montagmorgen und der Wecker auf ihrem Handy klingelte. Sie hatte ihn schon drei Mal auf versucht auszuschalten, aber er ging immer wieder an. Sie gab es schließlich auf und setzte sich auf. Noch eine halbe Stunde. Sie stand auf und zog sich um. Ihre langen braunen Haare steckte sie sich in einen Dutt hoch und ging runter um Frühstück zu holen. Ihre Mutter hatte es ihr wie immer auf dem Tisch stehen lassen. „Guten Appetit liebes" stand auf einem kleinen Zettel neben dem Teller und dem Glaß Orangensaft.

Zwei Jahre war es nun her seit ihre Schwester verstorben und ihr Vater sie verlassen hatte. Niki seufzte. Eigentlich hatte sie sich vorgenommen nicht mehr darüber nachzudenken. Doch es war nicht einfach das alles loszulassen. Manchmal hörte sie in ihren Träumen immer noch ihre Schwester Lillie lachen, wie die beiden fangen spielten als sie noch kleiner waren und immer wieder zusammen Blödsinn gemacht hatten. Die beiden waren unzertrennlich gewesen, immerhin waren sie Zwillinge gewesen.

Niki seufzte erneut und setzte sich an den Küchentisch, immer noch in Gedanken versunken.

Ihr Wecker klingelte, sie stellte sich immer einen 10 Minuten bevor der Bus kam.

Sie aß auf, ging zur Garderobe und zog sich Jacke und Schal an.

Sie zog sich noch Stiefel an und öffnete die Tür. Es war ende Januar und schneite leicht. Vor ihrer Tür lag noch Schnee den ihre Mutter nicht geschippt hatte und der Haufen mit geschipptem Schnee schien über Nacht gefroren zu sein.

Auf der Straße glitzerte es leicht und der Ententeich drüben im Park war anscheinend zugefroren.

Der Bus hielt gerade an und sie stieg ein. Der Schnee knackt im Profil ihrer Schuhe und sie war froh das sie im warmen Bus saß.

Von hinten hörte man Kinder brüllen und neben ihr saß eine junge Frau die Musik hörte. Niki packte ebenfalls ihre Kopfhörer aus ihrer Tasche und steckt sie in ihr Handy. Sie sah aus dem Fenster. Draußen rasten verschneite Bäume und Büsche vorbei. Sie sah ihre Reflektion in der Scheibe. Neben ihr tauchte eine zweite Reflektion auf. Lillie winkte ihr zu. Geschockt drehte sich Niki langsam um. Da stand wirklich Lillie vor ihr und winkte sie an.

Nicht heute. Definitiv nicht heute würde sie sich mit so was abgeben. Lillie war tot und das musste sie verkraften. Sie drehte sich wieder ans Fenster und versuchte die Reflektion zu ignorieren.

Sogar ihr Geruch hing in ihrer Nase. In der Scheibe sah man wie sich Lillie neben sie setzte und ebenfalls aus dem Fenster sah. Ihr fragender Blick war nicht zu übersehen. Niki guckte weiterhin nach draußen und stellte die Musik lauter.

Sie versuchte es zu ignorieren aber Lillie verfolgt sie durch den ganzen Schultag hindurch. Sie sprach Niki zwar nicht an aber das kam wahrscheinlich, weil das im Allgemeinen keiner tat. Selbst im Bus schaffte es Lillie wieder neben ihr zu sitzen.

Auch nach Hause liefen sie zusammen. Als sie dann aber beide in der Küche standen, ganz allein zuhause und mit Türen und Fenstern zu fragte Lillie dann in der gleichen Art wie sie es früher getan hatte:" Warum ignorierst du mich? Siehst du mich nicht?". Niki war sprachlos. Ihr klapptet im wahrsten Sinne des Wortes die Kinnlade herunter. Lillie fing an zu lachen und wieder holte ihre Frage aber Niki war zu perplex um zu antworten.

Endlich brachte sie ein stotterndes:" Wie... ich dachte... Lillie bist du real? Ist das echt?". „Natürlich bin ich real, was denkst du denn?", sie lachte auf und verzog das Gesicht. „Ich habe damals im Krankenhaus gebeten das sie mich separat platzieren, deshalb wusste die Ärztin nichts und hat mich überschnell für tot erklärt.".

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