58 7 1
                                    

Blinzelnd öffnete ich meine Augen, doch schloss sie sofort wieder.

Zu hell.

Ich hielt meine Hand auf meine Augen und setzte mich langsam auf. Leise stöhnend versuchte ich, mich an das grelle Licht zu gewöhnen.

Es gelang nach mir nach ein paar Minuten. Ich schaute mich um.

Wo bin ich?

Ich blickte über das weite Feld, welches mit leuchtenden grünen Blumen und großen Pusteblumen verziert war. Es standen nur einzelne Bäume, der Himmel war hellblau-lila gemischt. Als wäre es Abend.

Ungewohnt und merkwürdig.

Trotzdem fühle ich mich so... als würde ich diesen Ort schon kennen.

Weit und breit war niemand zu sehen.

Ich stand auf und zischte sofort.

Mein Bein tut weh.

Ich begutachtete mein Bein und sah kleine blaue Flecke, die bei etwas stärkerer Berührung schmerzten. Ich konnte mich nicht erinnern, je blaue Flecke zugezogen zu haben. Ich bin normalerweise immer vorsichtig.

Langsam drehte ich mich um meine eigene Achse. Die Wiese ging unendlich lang so weiter.

"Gott sei Dank, dir geht es wieder gut!", rief plötzlich eine Stimme und ich zuckte zusammen. Ich drehte mich um und sah ein pinkhaariges Mädchen auf mich zu laufen. Sie hatte etwas in der Hand.

Woher kommt sie auf einmal her?

"Tut dir was weh?", fragte sie mich besorgt und musterte mein Gesicht.

"N-nein", sagte ich unwohl und trat einen Schritt zurück.

"Ist wirklich alles in Ordnung?", fragte das Mädchen und stellte dieses Etwas in ihrer Hand ab. Es war ein kleiner Arztkoffer.

"Wer bist du?", fragte ich. Die Augen des Mädchens weiteten sich.

Ich hatte keinen blassen Schimmer wer das war und wo ich überhaupt bin, aber zugegebenermaßen fühlte ich mich wohl.

Sie seufzte. "Dich hat es doch schlimm erwischt. Kannst du dich noch an was erinnern? Was passiert ist?" Sie senkte ihren Blick.

"Wer ich bin?"

Ich schüttelte mit dem Kopf. Das Mädchen nahm ihren Koffer, setzte sich vor mir hin und klopfte auf den Platz neben ihr.

Ich setzte mich hin.

"Es ist nur eine kleine Schramme", meinte sie und holte ein Pflaster aus dem Kopfer. Dabei fielen Bilder heraus, was sie jedoch nicht bemerkte. Sie klebte den Pflaster auf meine Wange und schaute mir direkt in die Augen.

Sie ist wunderschön.

"Ich bin Chaeyoung."

Ich schaute auf den Boden und meinte: "Ich bin Mina."

Chaeyoung kicherte. "Ich weiß doch wer du bist, Dummerchen." Meine Wangen erhitzen sich.

"Was ist passiert?", fragte ich, nachdem ich mich wieder beruhigt hatte.

"Du bist gestürzt und dann hast du dich nicht mehr bewegt. Ich habe sofort den Hilfekasten geholt", erzählte sie mir.

Chaeyoung schloss den Koffer und stand auf. "Warte, die Bilder", meinte ich und nahm sie.

Ich stockte.

Auf den Bildern waren wir beide zu sehen, auf einer Klippe. Wir lächelten und zogen Grimassen. Diese Bilder strahlten eine Art Wärme aus.

"Das war gestern", sagte Chaeyoung, als sie sah, wie ich die Bilder betrachtete. "Willst du wieder hin?"

Ich nickte.

Der Weg führte uns durch die doch nicht so weite Wiese. Nach einem Punkt hörte das Gras auf und es war nichts mehr als Erde zu sehen. Es war, als gingen wir in einer Wüste voller Nichts.

Nach einiger Zeit fing das Gras wieder zu wachsen an und es bildete sich ein üppiger Wald. Fast wie ein Regenwald. So ungewohnt.

Auf dem Weg sagte niemand was. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte oder ob ich überhaupt etwas sagen wollte.

"Wir sind da", meinte sie und hielt meinen Arm. "Wow", flüsterte ich.

Der Ausblick war wunderschön. Die Bäume, die Blumen und vorallem der Wasserfall.

Chaeyoung nahm meine Hand. Zu meiner Überraschung nahm ich sie jedoch nicht weg, wie ich es normalerweise tat. Bei ihr war es anders.

"Wir sind immer runtergesprungen", sagte sie, senkte ihren Kopf auf meiner Schulter und fuhr mir durch meine langen, schwarzen Haare. "Es hat Spaß gemacht, immer für ein paar Sekunden in der Luft zu sein."

Ich lugte nach unten.

Auf dem Grund war ein großer, glitzernder See.

"Wollen wir wieder?", frage ich ohne Nachzudenken. Eigentlich war ich nicht die Person, die gerne die Freizeit draußen verbrachte... aber gerade packte mich ein Gefühl der Lust, vorallem mit Chaeyoung.

"Ich dachte schon du fragst nie", grinste sid und drückte meine Hand. "Auf drei."

Wir gingen ein paar Meter zurück.

"Eins!", rief Chaeyoung und wir rannten nach vorne.

"Zwei!" Wir kamen der Klippe immer näher.

"Drei!", riefen wir gemeinsam und sprangen ab.

Es war eim Gefühl der Freiheit.

Diese kurzen Sekunden in der Luft. Hand in Hand mit Chaeyoung. Während des Falls nahm sie meine Hände und verschränkte ihre in meine.

Sie lächelte. Den kommenden Satz habe ich nicht erwartet.

"Ich liebe dich, Mina!"

Ich konnte nicht anders, als laut zu lachen. Lachen vor Freude. Ich weiß nicht wieso, doch ich habe das Bedürfnis, dieselben Worte ihr zu sagen. Mit Freudentränen in der Luft rief ich:

"Ich dich auch. Ich liebe dich auch, Chae!"

Gemeinsam planschten wir ins Wasser, mit noch immer verschränkten Händen. Blubberbläschen kribbelten auf meiner Haut 

Noch im Wasser drückte mir Chaeyoung einen Kuss auf die Lippen.

Ich war noch nie so glücklich wie jetzt. Ich erwiderte und lächelte in den Kuss hinein. Chaeyoung nahm mich sachte an der Hüfte.

Wir waren kurz davor, aufzutauchen, doch...

"Schnell, schnell, wir verlieren sie!"
"Wir brauchen den Defibrillator!"
"Was ist mit meiner Tochter?? Was ist passiert?"

Hektische Ärzte, verzweifelte Schreie einer Mutter und zwei Krankenschwestern, die versuchten, die besorgte Mutter zu beruhigen.

"Lassen Sie mich zu meiner Tochter!", schrie sie. "MINA!"

"Und los!"

Die Ärzte legten das Wiederbelebungsgerät auf die Brust des Patienten und schalteten es an. "Nochmal!"

Die Ärzte versuchten, das Herz wieder zum Pumpen zu bringen. "Noch einmal!"

Plötzlich wurde es still.

Man hörte nichts mehr.

Die Ärzte wurden leise, die Mutter verstummte.

Man hörte nichts mehr.

Außer das grelle und langgezogene Geräusch des Todes.

Illusion | Michaeng OSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt