Monajase: Die Eislöwin des westlichen Reiches

Aufbruch

Das Gasthaus war an diesem warmen Sommertag voller Leben. Dorfbewohner reihten sich dicht an dicht, fast schon Rücken an Rücken aneinander und sprachen ausgelassen über ihren Tag. Sie waren voller Freude über das vollbrachte Tagewerk,  für das sie auch den ein oder anderen tagelöhnenden Abenteurer angeheuert hatten. Es herrschte eine fabelhafte Stimmung, bei der der eine oder andere Dorfbewohner auch gerne einmal etwas über den Durst trank. Die Tauben - die als Posttauben Nachrichten von Dorf zu Dorf brachten - gurrten leise in ihrem Verschlag, der sich an der Straßenseite des Gasthauses befand.

Gerade traten zwei junge Abenteurer ein. Ein Mensch von stattlicher Statur in der Kluft eines Spähers und mit einem Bogen auf dem Rücken, sowie eine Elfe, die mit zierlichem Schritt hinter dem Menschen daher schritt, in der Kluft einer Magierin, den Stab sicher auf dem Rücken verstaut. Beide hatten den Tag im Dorf und auf den umliegenden Feldern verbracht, wo sie den Bauern bei der Arbeit mit ihrem Vieh halfen, oder auch Kinder von der in der Dorfmitte liegenden Schule nach Hause brachten. Es waren einfache Arbeiten, die kaum eine Silbermünze einbrachten, doch sie reichten aus um sich über Wasser zu halten und nach getanem Auftrag im Gasthaus zu sitzen und Bier zu trinken, welches die Elfe sogleich von der Schankmaid bestellte. Der Mensch tat es ihr gleich und stellte auch sicher, dass sie eine warme Mahlzeit im Bauch haben würden.

Als sie ihre Mahlzeiten genossen und sich die Elfe bereits das zweite Bier bestellte, hörten die Beiden plötzlich einen Knall, der es vermochte den Lärm des Gasthauses zu übertönen, zumindest für die feinen Ohren der Elfe. Sie sah sich um und entdeckte die Quelle des Geräusches: Der Taubenschlag.

Neugierig stand sie auf und begab sich zu den Tauben, wobei sie sich umsah und sicherstellte, dass sie niemand sah. Bei all den Leuten im Gasthaus, die sich unterhielten, stellte sie fest, dass niemand auch nur in ihre Richtung blickte. Beim Taubenschlag angekommen, sah sie eine der Tauben mit blutigem Flügel aufgeregt herumhüpfen. Ein weiteres Mal sah sie sich um und kaum dass sie sich sicher war, dass sie unbeobachtet war, öffnete sie den Verschlag und nahm der Taube die Nachricht vom Bein, ehe sie die Tür des Käfigs verschloss und sich zurück zum Tisch begab, wo sich ihr Menschenfreund befand, der noch mit seiner Mahlzeit beschäftigt war. Sie begann die Nachricht zu öffnen und las deren Inhalt:

Shankwert, ich schreibe dir diese Zeilen in tiefster Bestürzung. Es ist eine Katastrophe über uns gekommen und ich benötige dringend Hilfe. Vor allem ein Trank des Nachtmohns benötige ich von dem Zauberer Sparklus. Bitte sende Hilfe so schnell du kannst! Gezeichnet, Tühp.

"Was hast du da Senia?", fragte der Mensch die Elfe mit gerunzelter Stirn.

Die Elfe sah sich erneut um und bemerkte, dass der Wirt der Taverne kurz davor war sie zu entdecken, weswegen sie den Brief eilig in ihrem Rock versteckte. Dem Menschen antwortete sie dennoch: "Ein Brief, es scheint ein Hilferuf zu sein."

Ein paar Augenblicke darauf, stand der Wirt bei ihnen am Tisch, die Hand in die Hüften gestemmt und die Elfe fordernd ansehend: "Der Brief bitte verehrte Dame." Senia versuchte sich dumm zu stellen, doch der Wirt wusste ganz genau was er gesehen hatte, weswegen er wiederholte: "Den Brief, oder soll ich ihn mir selber holen?"

Widerwillig überreichte die Elfe den Brief an den Gastwirt, der sich nach erhalten zur Schanktheke begab und ihn selber erneut durchlas. Senia, die ihm hinterhergesehen hatte, sah wie die Miene des Wirts sich vor Besorgnis verdüsterte. Auch der Mensch, der ihr Gegenüber saß, bemerkte dies. Die beiden Gefährten nippten weiterhin an ihrem Bier und aßen ihre Mahlzeiten auf.

Kaum dass sie geendet hatten, kam der Wirt wieder an ihren Tisch und sah beide eindringlich an ehe er begann zu sprechen: "Nun, da ich annehme dass ihr den Brief gelesen habt, ist es wohl am besten wenn ich mich an euch wende. Könntet ihr diesen Auftrag für mich übernehmen?"