Wie war es dazu gekommen, fragte ich mich während meine Augen über das knisternde Feuer wanderten, was in einem kleinen Kreis aus Steinen vor mir lag. Die Flammen waren hoch, und so beschloss ich, ein letztes Stück des trockenen Holzes neben mir in die Flammen zu legen. Es wurde recht schnell sehr warm um meine Hand, je näher ich dem Feuer kam, und so warf ich es fast schon etwas zu fest, als eigentlich gewollt, ehe ich meine Hand schnell zurück ziehe. Es knisterte einmal laut, einige Funken sprangen von den brennenden Holzstücken, die bereits im Feuer lagen auf, verschwanden jedoch recht schnell wieder im Wind. Die Hitze, die von dem Feuer jedoch ausging war angenehm, auch wenn der stählerne Helm auf meinem Kopf die Wärme etwas abdämpfte. Doch mir war auch nicht danach, diesen abzunehmen, und so beobachtete ich die tanzenden Flammen durch den kleinen Spalt, der sich auf der Höhe meiner Augen befand. Mir entfloh ein tiefes Seufzen, bevor ich meinen Blick einmal durch die Umgebung wandern ließ. Doch viel mehr als einige Bäume und dem moosigen Boden konnte ich nicht erkennen, denn alles was auch nur mehr als 7 Meter vom Feuer entfernt war, wurde von der pechschwarzen Finsternis verschlungen.
Plötzlich weiteten sich meine Augen, die Angst etwas verloren zu haben machte sich breit. Schnell streckte ich meinen rechten Arm zur Seite neben mir aus und tastete den Stein, auf welchen ich saß ab. Doch schon kurz darauf beruhigte ich mich wieder, denn meine Hand erfasste den Griff jener Klinge, die ich seit dem Ausritt aus der Hauptstadt bei mir führte. Mein Blick wanderte kurz zu jenem Schwert, ehe ich beruhigt ausatmete und für einen Augenblick die Augen schloss. Und in jenem Moment schossen mir Bilder in den Kopf. Eine Gruppe von 32 Leuten brach auf. Sie durchquerten die Hauptstraße der prächtigen, großen Hauptstadt, unter Jubel der Bürger. Die meisten von ihnen trugen Rüstungen, gar nicht unähnlich von jener, die ich ebenfalls trug. Ja, einige sahen sogar identisch aus. Ein blaues Gewand, lederne Handschuhe und feste Stiefel. Stählerne Schulterplatten und Beinschoner. Trotz einiger individueller Abweichungen, trugen sie doch alle die selbe Grunduniform, wie ich sie gerade trug. Und dennoch, jetzt saß sich alleine in einem finsteren Wald. Meine Hand löste sich nun wieder vom Griff des Schwertes, welches mir bisher immer treu beiseite stand. Zuverlässiger als die meisten Menschen, die mal an meiner Seite waren. Das Feuer knisterte weiterhin vor sich hin, knackte hin und wieder laut und ließ immer mal wieder einige Funken aufsteigen.
Wie konnte es soweit kommen? Wie lange war es her, seit dem wir aus der Hauptstadt aufgebrochen waren? Ich hatte es vergessen. Es könnten nur wenige Tage, aber auch schon Wochen gewesen sein. Warum waren wir losgezogen? Und wer waren diese Leute, mit denen ich aufbrach? Mit jeder Frage die ich mir stellte, kamen mehr neue Fragen hinzu. Doch so sehr ich auch darüber nachdachte, ergab sich mir kein passendes Bild, welches eine Antwort liefern würde. Diese Unwissenheit über die eigene, kürzliche Vergangenheit machte mich innerlich verrückt. Dabei saß ich nur mit angewinkelten Beinen vor dem Feuer. Erschöpft von den letzten Tagen. Wie konnte es sein, dass ich so viel vergessen habe, wenn diese Mission doch scheinbar so wichtig gewesen war? Ich erinnerte mich, dass jemand bei unserem Aufbruch verkündete, dass des Königs Ritter der Flamme loszogen, doch als die Person dann anfing darüber zu reden, zu welchem Zweck, da wurde seine Stimme ganz plötzlich dick und unklar, ehe sie weit entfernt klang. Erst als die Worte fielen, die die Ritter als die Elite des Königs beschrieben, als die besten der besten Ritter, die sich als würdig erwiesen haben, erst dann wurde seine Stimme wieder klarer zu hören. Ich gehörte also zu den Rittern der Flamme, des Königs Elite? Warum erinnere ich mich nicht daran? Doch, es kam noch schlimmer. Denn wie ich mit entsetzen feststellen musste, waren die wenigen Erinnerungen, die ich an jenen Tag des Aufbruchs hatte, die einzigen Erinnerungen, die ich überhaupt noch besaß, abseits von dem was ich die letzten Tage erlebt hatte. Um es besser zu sagen, sind jene unvollständigen, kuriosen Erinnerungen, die ältesten Erinnerungen, die ich habe. Alles was davor passiert war, schien wie gänzlich ausgelöscht zu sein. Ich erinnerte mich weder an meine Kindheit, noch an meine Eltern oder an Orte, an denen ich davor jemals gewesen sein musste. Nur an jene Orte, die wir seit dem Aufbruch bereist hatten. Dazu gehörten zwei kleinere Dörfer, ehe wir ein Gebirge durchwanderten. Dort stießen wir auch erstmals auf jene Kreaturen, die uns seither immer wieder angriffen. Untote Ritter und Bauern, die sich mit ihren Mistgabeln, Speeren und Schwertern auf uns stürzten. Ein grauenvoller Anblick. Es waren wandelnde Leichen. Sie hätten Tod sein müssen, und doch wandeln sie auf ihren dürren Beinen. Ihre blasse Haut hatte sich bereits über die Knochen gezogen, und doch waren sie erpicht darauf, uns unser Leben zu nehmen. War es das, was den anderen passierte? Hatten diese Kreaturen, diese Untoten sie alle erwischt? War er Ich letzte Überlebende? Wenn ja, warum? Ich erinnere mich nicht, was mit den anderen geschah, nur daran, dass ich in den letzten zwei Tagen vergeblich versuchte, mich irgendwie durchzuschlagen, und dabei in diesen Wald geriet. Dabei wollte ich lediglich an einen ruhigen Ort gelangen, von dem aus ich einen guten Überblick über das Gelände hatte. Doch stattdessen war ich nun hier, mitten in der Finsternis, an einem Feuer. Die einzige Licht und Geräuschquelle weit und breit. Und das war etwas, dass machte mir Angst. Und wie.
Denn obgleich der Wald dunkel war oder nicht, niemals, zu keiner Zeit hätte er so ruhig sein dürfen. Ich kann mich zwar nicht erinnern, je zuvor bei Nacht in einem Wald gewesen zu sein, geschweige denn überhaupt einmal in einem Wald gewesen zu sein, außer auf der Durchreise vor einigen Tagen mal, aber aus irgendeinem Grund wusste ich, dass es falsch war, dass der Wald so ruhig war. Irgendwas hätte man hören müssen, abgesehen vom Knistern und Knacken des Feuers. Doch würde ich dieses löschen, dann würde ich wohl denken, dass ich taub geworden sei. Ja, diese unheilvolle Stille war beunruhigend und machte mir Angst. Doch zumindest hatte ich etwas Ruhe vor den Untoten, so schien es bisher jedenfalls. Doch bevor ich weiter darüber nachdachte, schoss mir ein weiterer Gedanke durch den Kopf, bei welchem sich jeder Muskel in meinem Körper anspannte und versteifte.
''Überprüf die Flamme!''
So rief mir eine Stimme im Geiste zu. Und sofort setzten sich meine Arme in Bewegung. Ich griff mir an einen der Beutel, welche an meinem Gürtel befestigt waren. Ich löste ihn von diesem und öffnete die Schnur, welche den kleinen Beutel verschlossen hatte. Dann nahm ich mit größter Vorsicht den Inhalt heraus. In meinen Händen hielt ich eine kleine, rundliches Fläschchen aus Glas, oben verschlossen mit einem Korken. In dieser Flasche war eine helle, breite Flamme. Als ich erkannte, dass sie Flamme hell und breit in der Flasche umher flackerte atmete ich erleichtert aus. Meine Muskeln entspannten sich wieder, und als sich meine steifen Gelenke lösten, ließ ich erschöpft meinen Kopf nach hinten fallen. Das Flämmchen in der Flasche noch immer fest und vorsichtig in den Händen. Ohne zu wissen warum überhaupt, war ich so erleichtert, dass mir nicht einmal auffiel, wie seltsam und unnatürlich es war. Nein! Das es gar nicht möglich sein sollte, dass ich eine Flamme in einer verschlossenen Flasche mit mir trug.
''Nun, Ritter. Achtet steht's auf diese Flamme. Jeder einzelne von euch wird eine bekommen, und sie schützen. Sie darf auf keinen Fall erlischen, versteht ihr? Sonst-..''
Diese Worte kamen in seinen Erinnerungen hoch, doch bevor die Folgen erklärt wurden, da wurde die Stimme wieder unverständlich. Leise und dumpf, bis sie gar nicht mehr zu hören war.
Wer war das, der ihnen diese Flamme gab? Und warum? Was war ihr Zweck? Was machte sie so wichtig? Warum war da eine Flamme in diese Flasche, seit Tagen? Oder doch seit Wochen? Wie konnte sie so lange ohne Zündstoff brennen, noch dazu ohne Sauerstoff? Sie hätte nicht existieren dürfen, dachte ich mir. Naja, zumindest eine normale Flamme hätte so nicht existieren dürfen. Es war also ganz offensichtlich keine normale Flamme. Doch was es auch mir der Flamme auf sich hatte, ich muss sie mit seinem Leben schützen. So viel war mir klar, auch wenn der Grund weshalb noch im Verborgenem lag.
Und so drehte ich die Flasche noch etwas umher, bevor ich sie sanft in den Beutel gleiten ließ, diesen zuband und wieder an meinem Gürtel befestigte. Müde und erschöpft lege ich meine Arme auf meinen Knien ab, ehe ich auch meinen Kopf senkte. Ein letzter Blick auf das Feuer und die Umgebung, ehe ich meine Augen schloss. Die Erschöpfung, die sich in den letzten Tagen angesammelt hatte, machte sich nun deutlich bemerkbar. Allerdings spürte ich keinerlei Müdigkeit. Ganz im Gegenteil, ich war bloß etwas ausgelaugt. Doch es war seltsam, mir kommt es so vor, als hätte seit Tagen nicht geschlafen. Und dennoch war ich kein bisschen müde. So vieles war seltsam, und so viele Fragen. Doch das alles, würde warten müssen. Denn jetzt kamen mir keinerlei neue Erinnerungen oder Gedanken. Und so würde ich nur noch die Zeit bis zum Morgen totschlagen müssen, um endlich weiter zu reisen, und herauszufinden, wo genau ich überhaupt bin.
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Von Klingen und Flammen
FantasyEine kleine Geschichte, dessen Kapitel kurz sind und unregelmäßig veröffentlicht werden. Stark inspiriert durch die Dark Souls Reihe, wird die Geschichte eines einsamen, namenlosen Ritters erzählt, dessen Erinnerungen verloren gingen. Auf der Reise...