my friends

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Als ich am nächsten Tag den Schulhof betrat, flogen mir aus allen Richtungen, besonders aus der, wo Lee-Annes "Freundinnen" standen, traurige, verängstigte, verwirrte aber auch wütende Blicke zu. Ohne die anderen anzusehen,  merkte ich, dass sie über mich tuschelten als ich vorbei ging. Nur Giulia strahlte mich freundlich an und begrüßte mich auf ihre typisch italienische, herzliche Art. Aber auch ihr merkte ich an, dass ihre Freundlichkeit nur aufgesetzt war. In ihren blauen Augen konnte ich erkennen, dass sie sich Sorgen machte. Etwa um mich? Sie plapperte drauf los wie ein Wasserfall, während sie mich zu Sahra, Laura und Scarlett führte. Die verbargen ihre Gefühle nicht ganz so gut wie Giulia. An ihren Gesichtern war abzulesen, dass sie nur zu gern gewusst hätten, was gestern los gewesen war. Aber ich ignorierte sie, und meinte nur: "Wollen wir nicht reingehen? Wir haben nur noch 7 Minuten." Alle murmelten zustimmend, doch ich bemerkte, wie Sahra, Scarlett hinter meinem Rücken mit hochgezogenen Augenbrauen einen fragenden Blick zuwarf, worauf diese mit ihren schmalen Schultern zuckte, und mir in das große Gebäude folgte. 

Die ersten beiden Stunden wurde ich von ihnen in Ruhe gelassen, was mir auch sehr recht war, denn so konnte ich meine Gedanken ein wenig ordnen und über die gestrigen Geschehnisse nachdenken. Wie hatte sie das nur geschafft? Wie hatte meine Religionslehrerin es nur geschafft, mich zum Reden zu bringen, nachdem ich beinahe ein ganzes Jahr erfolgreich geschwiegen hatte. Niemandem hatte ich davon erzählt. Naja...beinahe niemandem. Ich meine... Sahra, Scarlett, Laura und Giulia zählten wohl nicht. Sie waren immerhin meine besten Freunde. Und auch ihnen hatte ich es erst vor wenigen Tagen erzählt. Aber sie hatten es sehr seltsam aufgenommen. Sie löcherten mich mit Fragen, die ich nicht beantworten konnte und warfen sich immer wieder seltsame Blicke zu. Wahrscheinlich haben sie nacher noch über mich geredet. ich glaube das tun sie sehr oft. Also... über mich reden. Immerhin biete ich ihnen aus ihrer Sicht wohl eine ganze Menge Gesprächsstoff. Erst die Sache mit meinen Heulanfällen, dann mein Outing... tja. Ich habe eben ganz schön viel erlebt. Und sie haben sehr viel davon live mitbekommen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich Sahra, Scarlett und Laura wirklich zu meinen besten Freunden zählen kann. Ich meine, ja, wir reden sehr viel. Laura ist unheimlich witzig, Scarlett  total nett und Sahra... ist einfach Sahra. Aber na ja.

Nach Mathe ging es dann los. Laura winkte mich zu sich und raunte fragend: "Was war denn jetzt gestern genau los... So mit Lee-Anne und so?" Sahra, die neben ihr saß, beugte sich gespannt vor, um meine Antwort ja nicht zu verpassen. Aber ich schüttelte nur leicht den Kopf und murmelte: "Ich erzähls euch am Nachmittag.", dann drehte ich mich um, und ging zu meinem Platz in der letzten Reihe und setzte mich. Mein Tisch war der wohl einzige, auf dem etwas eingeritzt war. Es war ein Schmetterling, auf der Unterseite des Tisches, der gleiche Schmetterling, der auf meinem Arm aufgezeichnet war. Es war symbolisch, symbolisch für etwas, das mir heute wohl noch immer die Welt bedeutet.

Schon beim Anschauen der Spaghetti beim Mittagessen wurde übel. Ich mochte Spaghetti irrsinnig gerne, und daran lag es auch gar nicht. Es lag daran, dass es Nachmittag war. Bald würde ich ihnen davon erzählen müssen...

Eine Stunde später gingen wir über das Schulgelände spazieren und quatschten, als Laura plötzlich meinte: "Hey, Rose, was war denn jetzt gestern los? Sorry wenn wir neugierig wirken, aber... das sind wir." Laura und Sahra starrten mich gespannt an, während sie auf meine Antwort warteten. "Is auch ok, wenn dus nicht sagen willst", fügte Scarlett noch hinzu, aber an ihren Augen konnte ich ablesen, dass sie das nicht so meinte. Die Einzige außer mir, die sich unwohl zu fühlen schien, war Giulia. Immer wieder huschten ihre Augen sorgenvoll zu mir und ich konnte ihren durchdringenden Blick  fast wie Klingen, die meinen Körper durchdringen wollten spüren. Ich blickte ihr direkt in die Augen, und begann zu sprechen.

Anfangs fühlte es sich falsch an, aber ich wurde immer freier während ich weiter sprach. Irgendwann wurde ich sicherer und fester. Je länger ich erzählte, desdo unsicherer wurden die Gesichtsausdrücke meiner Freunde, und desdo lauter würde meine Stimme. Als ich am Ende der Geschichte angekommen war, schrie ich sie beinahe schon an. "Entschuldigung. Dass... wusste ich nicht", murmelte Scarlett schuldbewusst. " Ich auch nicht." ,fügte Sahra hinzu. Laura senkte den Blick zu Boden und nickte leicht. Giulia standen Tränen in den Augen. Eine Sekunde lang blickten wir uns an, dann richtete sie ihren Blick hinter mich.

broken heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt