Kapitel 06

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Nachdem sie gegangen waren, ging ich zurück ins Schlafzimmer und ließ die Eingangstür offen, um jene Leute hineinzulassen, die die Toilette benutzen mussten oder ein ruhigen Ort abseits der Party brauchten. Ich ließ meine Schlafzimmertür leicht angelehnt, um die Geräusche ankommender Gäste besser wahrnehmen zu können.

Ich blickte wieder auf meinen Monitor und  musste feststellen, dass ich keine Lust mehr hatte, meine E-Mails alle durchzugehen, ich scrollte also nach unten und suchte in den Betreffzeilen nach etwas, dem ich in meinem jetzigen Zustand gerecht werden konnte, und da entdeckte ich etwas Ungewöhnliches.

Stirnrunzelnd klickte ich auf eine E-Mail mit dem Betreff 'Dringend'. Meine Fantasie war so angeregt, dass ich dachte, es könnte sich um jemanden handeln, der verzweifelt Hilfe brauchte und vielleicht den Tod, Drogen oder Alkohol als Lösung in Betracht zog, wie so viele andere in der Vergangenheit. Stattdessen bekam ich den größten Schock meines Lebens.

Es war eine Mail vom Chefredakteur einer der am weitesten verbreiteten Zeitschriften, den SEN-Magazin. Ich konnte nicht glauben, was meine Augen da sahen. Ich musste die Mail noch dreimal lesen, bevor ich sicher sein konnte, dass sie echt war.

Als ich mich zum Schlafen gehen fertig gemacht hatte, hatte ich die ganze E-Mail bereits auswendig gelernt. Und natürlich hatte ich sie auch beantwortet.


Lieber Liebesguru,

Ich war sehr beeindruckt von den Ratschlägen, den Sie jeden gegeben haben, der Ihnen jemals geschrieben hat, obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass  Sie sehr überrascht sind, woher ich das weiß. 

Viele Briefe haben mich erreicht, in denen ihre Ratschläge und Ihre Website gelobt werden, so dass ich das Gefühl hatte, dass es meine Zeit wert wäre, einen Blick darauf zu werfen. Und ich bin sehr froh, dass ich es getan habe.

Ich muss zugeben, dass ich nicht erwartet hatte, jemanden zu finden, der so einfühlsam, verständnisvoll und mitfühlend ist wie Sie es sind. Ich würde mich gerne mit Ihnen treffen, und vielleicht können wir darüber sprechen Ihre Ratschläge über unser Magazin SEN, an mehr Menschen weiterzugeben. Ich bin mir sicher, Sie sind damit vertraut, wenn nicht mit der Zeitschrift selbst, so doch mit dem Namen. Es wäre uns eine große Freude, Sie bei uns zu haben. Bitte denken Sie darüber nach.

Noch ist dies nur eine informelle Anfrage, die jedoch nach der Verhandlung formalisiert werden würde. Wenn es Ihnen recht ist, würde ich gerne morgen beim Mittagessen im Pancake House in Magallanes mit Ihnen sprechen. Bitte antworten Sie so schnell wie möglich.

Ich danke Ihnen.

Mit freundlichen Grüßen

Ms. Amelia Tan Lim

Chefredakteurin

SEN-Magazin


Mit zittrigen Händen und einem Gefühl der Unruhe, hatte ich eine schnelle Antwort getippt.


Sehr geehrte Ms. Lim,

ich nehme Ihre Einladung gerne an und werde um 12 Uhr im Restaurant sein. Allerdings mache ich mir ein wenig Sorgen, da ich nicht weiß, wie ich Sie erkennen soll. Ich werde auf Ihre Antwort warten, und wenn ich sie nicht rechtzeitig lesen kann, werde ich trotzdem dort sein.

Ihr Liebesguru


Ich wachte gegen neun Uhr morgens auf und fühlte mich mehr als erholt. Obwohl die Nacht zuvor, so viele Überraschungen bereit gehalten hatte, hatte ich es trotzdem geschafft einen erholsamen Schlaf zu finden, und das war auch gut so. Ich streckte mich ausgiebig und stellte mir vor, dass ich einen Seidenpyjama trug, dessen glatte, kühle Oberfläche über meine nackte Haut strich. Es konnte nur ein wunderbarer Tag werden.

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