John

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(Johns POV)

Warum musste es ausgerechnet hier sein, wieso dieser Laden? Hier hatten sie das erste Mal zusammen gegessen. Nun er hatte gegessen, während Sherlock ihm nur zugesehen hatte.
Dieser verdammte Idiot. Das alles war ihm noch immer ein Rätsel. Niemals hatte Sherlock das alles nur inszeniert, irgendetwas war auf diesen Dach vorgefallen. Er dachte seit Monaten darüber nach.. Erfolglos. Moriarty war echt gewesen, niemals hätte sich Sherlock so etwas ausgedacht aus dem banalen Grund Aufmerksamkeit zu bekommen. Das hatte er nicht nötig gehabt. Niemals hätte er sich in solche Gefahr gebracht. Niemals, nicht einmal aus Langweile. Aber warum war er so weit gegangen und warum sprang er von diesem Dach.
Ich wollte nicht weiter denken. So oft hatte ich schon darüber nachgedacht, hatte Nachts wach gelegen und nach dem Grund gesucht. Aber ich fand keine Lösung. Ich musste endlich vergessen. Selbst wenn jeder Mensch auf dieser Welt nach der Lösung suchen würde, könnte es mir meinen besten Freund nicht zurück bringen.
Also konzentrierte ich mich auf Lestrade. Am Telefon hatte es wichtig geklungen, aber nun saß Greg nur da und schaufelte sich seine Nudeln rein als hätte er Angst, dass jemand sie ihm wegreißen würde, wenn er zu langsam wäre. Wahrscheinlich versuchte er Zeit zu schinden. Was immer es war es schien Greg etwas unbehaglich zu sein, weshalb er lieber sein Essen in sich stopfte als auf den Punkt zu kommen. Ich selbst würde hier nichts runter bekommen. So viele Erinnerungen strömten auf mich ein, die ich nur mühsam zurückhalten konnte. Endlich schob Lestrade seinen Nudelteller beiseite und holte ohne ihn anzusehen ein Päckchen aus einer kleinen braunen Tasche.
Die Verpackung war zerknittert und eingedellt, wahrscheinlich war der Gegenstand darin aus Stoff. Ich würde neugierig als Greg sich räusperte und mir das Päckchen reicht. "Nun John, ich konnte die Chefabteilung überreden ihn freizugeben ...ich dachte du würdest ihn vielleicht gern haben." Ich sah ihm in die Augen. Ich konnte Mitleid und Trauer darin entdecken, was nicht üblich für ihn war. Mich beschlich plötzlich eine leise Ahnung, was sich in diesem bedeutsamen Päckchen verbarg. Meine Finger zitterten, als ich es etwas aufriss. Und tatsächlich, durch den Riss schimmerte dunkelblauer Stoff.
Ich schloss die Augen. Nein ... das war zu viel.
Nun überrollten mich die Erinnerungen. Sherlock, wie er auf dem Dach stand. Wie er mir sagte, dass das alles nur ein Trick sei.
Ich richtete mich auf und stürzte ohne auf Greg zu achten der mir hinterher rief aus dem Restaurant. Die Panik, die damals in mir aufstieg, die Angst das er sprang. Wie er vom Dach fiel. Sein Körper auf dem Fußweg, das Blut, die Menschen, die Hilflosigkeit, sein nicht vorhandener Puls. Ich rannte durch die Straßen, rempelte Leute an, stolperte es war mir egal. Ich musste weg. Ziellos flüchtete ich, bis ich mich in einer Seiten Gasse wiederfand. Ich lehnte mich an eine Wand und rang nach Atem, Tränen brannten in meinen Augen. Ich wischte sie mit meinem Ärmel weg und versuchte mich langsam zu beruhigen. Mein ganzer Körper zitterte und immer wieder schoss mir die Frage in den Kopf: Wieso hat er das getan ...
Als ich langsam zu Atem kam und meine Gedanken sich beruhigten, fiel mir das Paket in meiner Hand ein. Ich entfernte ganz langsam das Papier und tatsächlich, es war Sherlocks Schal. Ich rutschte an der Wand entlang zu Boden. Mein Blick klebte an dem Stoff.
Sein Schal. Das ist sein Schal.
Nichts anderes konnte ich mehr denken. Ich drückte ihn sacht an mein Gesicht und sog die Luft ein. Mein Herz pochte so laut, dass ich nichts anderes mehr hörte.
Er roch noch ein wenig nach ihm. Nur noch ein klein wenig. Ein Schatten des Geruches selbst.
Nun konnte ich sie nicht mehr zurückhalten, die Gefühle quollen über und ich schluchzte in den weichen Stoff. Warum musste das alles passieren? Ohne Sherlock kam ich mir so hilflos und verloren vor.
Die Zeit die ich mit ihm verbringen durfte, war die Beste, die ich je hatte. Und jetzt wo er Tod ist, kommt mir alles so unglaublich dunkel und trist vor. Sherlock war der wichtigste Mensch in meinem Leben gewesen und ihn zu verlieren, warf mich noch immer komplett aus der Bahn.

Der blaue SchalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt