Der Niemand

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Ein modrig, abgestandener, metallener und verrotteter Geruch wehte aus dem, mit Eisengittern beschlagenen, Fenster eines alten Schlosses. Es war bereits dunkel und am Himmel standen viele Leuchtende Sterne. Der Vollmond brachte zumindest ein wenig Licht mit, denn mit meiner Taschenlampe musste ich sparsam umgehen. Bevor ich in das Schloss ging sah ich mich um. Immer der Nase nach folgte ich dem seltsamen Geruch bis ich zu den Fenstern gelangte. Ich warf einen Blick hinein. Das Zimmer das ich sah war mit Blut beschmiert. In der Mitte stand ein großer Tisch, auf dem eine Leiche lag. Es war ein weiblicher Körper, dem man den Bauch aufgeschnitten hatte und deren Gedärme auf dem Boden lagen. Doch anstatt das ich mich unwohl fühlte verspürte ich die Lust das ebenfalls mit jemandem zu tun. Doch ich riss mich zusammen und sah mich weiter um. An der Wand hingen große Fleischermesser die, so schien es, vor kurzem benutzt wurden. Aufregung kochte in mir hoch. mein Kopf spielte verrückt, ich stellte mich mit diesen Messern in der Hand vor doch dann bewegte sich die vermeintliche Leiche kaum merklich. Ich betrachtete sie mich und bewegte ihren Mund. Es war kaum zu erkennen was sie sagen wollte aber kurz darauf sprang die Tür auf. Ein dicker Mann der kein Oberteil trug aber eine Blut verschmierte Hose und einem Fleischerbeil in der Hand, trat in den Raum. Laut grunzend gab er ein paar Geräusche von sich und beobachtete das Mädchen. Sie wendete ihren Blick nicht von mir ab. Der Mann bemerkte es spähte zum Fenster, entdeckte mich und brüllte laut ehe ich aus seinem Sichtfeld verschwinden konnte. Neugierig dachte ich nach und beschloss nun nur noch schneller das Schloss zu betreten.

Das Tor stand sperrangelweit offen und lud zum erkunden ein. Behutsam betrat ich also den Flur und musste feststellen das als ich Hinter dem Tor stand dieses sich wie von allein schloss. Plötzlich war es Stockfinster und ich kramte nach meiner Taschenlampe, die ich dann auch gleich anschaltete. Das Licht der Taschenlampe hellte den Raum ein bisschen auf, dennoch war das Licht ziemlich schwach. Ein Gang erschloss sich mir. Während ich ihm folgte sah ich ab und zu ein Gemälde an den Wänden. Sie sahen alt aus und doch viel konnte man durch die Spinnennetze und den Zentimeter dicken Staub nicht erkennen. Nur das sie alle mit einer komischen rot-braunen Farbe gemalt wurden konnte ich erkennen. Bei einem der Bilder hielt ich an, um es genauer zu mustern. Vorsichtig entfernte ich die Spinnenweben und entfernte den Staub. Auf der Leinwand war nur ein Schriftzug zu erkennen allerdings verstand ich nicht was das bedeutete und hing es wieder auf. Ein paar Schritte weiter kamen die ersten Türen. Gleich ging ich zur ersten Tür links. Erwartungsvoll versuchte ich sie zu öffnen allerdings war sie zugeschlossen und ich versuchte mich an der zweiten Tür von links. So betrat ich eines der Schlafgemächer des Schlosses. Auf dem Himmelbett, das mitten im Raum stand, lag ein junger Mann, in Stricke gelegt und am Bett festgebunden. Neben dem Bett stand ein Tisch mit einem Zettel auf dem Stand:
„Du der es gewagt hat mein Gemach zu betreten stelle ich dich auf die Probe. Nur die die es wagen töricht oder mutig zu sein begeben sich an diesen Ort. Bringe diesen Mann um und ich lasse dich aus diesem Zimmer wieder gehen. Sonst bist du der nächste!"
Nun beobachtete ich den Mann genauer. Er hatte Striemen auf seinem Körper die andeuteten das er mit etwas geschlagen wurde. Seine Arme waren zerkratzt und voller Narben. Man hatte ihm eine Maske aufgesetzt und ein Stück Stoff in den Mund gesteckt. Vorsichtig berührte ich seinen Körper, doch er wehrte sich nicht. Es schien als sei er tot, doch er atmete noch. Behutsam zog ich das Stück Stoff aus seinem Mund. Der Mann schnappte nach Luft und versuchte sich auf zu setzen, doch es funktionierte nicht. Jetzt entfernte ich auch die Maske. Endlich sah ich sein Gesicht komplett. Seine Augen waren leer sie nahmen schon eine weißmilchige Farbe an. Erschrocken, verwirrt und ängstlich sah er mich an.
„W... wer bist d... du?", Fragte er schlotternd vor Angst.
„T... tötest du mich?", Stammelte er während er versuchte nach meiner Hand zu greifen. Diese Hilflosigkeit, diese Angst, diese Panik machte mir Freude. Schon seit Ewigkeiten hatte ich nicht mehr so viel Freude empfunden als in diesem Moment. Jedoch wollte ich diesen Moment auskosten und spielte die unschuldige.
„Nein ich kann dir doch nichts antun.", Flüsterte ich gespielt schüchtern, „Was ist passiert? Was hat man dir angetan?" Tränen liefen an den Wangen des Mannes herunter. -Widerlich- dachte ich nur und musste mir verkneifen eine Grimasse zu schneiden als seine Tränen auf meine Hand trafen.
„I... ich bin aus Neugier in dieses Sch... Schloss gegangen und in dieses Z... Zimmer. Ich bekam eine Aufgabe und k... konnte sie nicht erfüllen also hat m... m... mich der Schlachter hier eingesperrt und gefoltert..." Sein Atem stockte und er versuchte tief Luft zu holen. Mein Körper fühlte sich mit jedem seiner Wort was er versuchte aus seinem Mund zu pressen, besser an und löste ein Kribbeln aus. Dann sah er mich erwartungsvoll an als würde er auf eine Reaktion warten. Ich versuchte mein bestes und streichelte seinen Kopf.
„Ich befreie dich erst einmal von diesen Fesseln Ok?" Erklärte ich. Er nickte nur schwach und ich nahm das Messer was neben dem Brief lag. Bedacht schnitt ich seine Fesseln durch. Er erhob seine Arme langsam und sah diese an. Mit seinen, nun freien Armen stützte er sich auf dem Bett ab, um sich hinzusetzen. Ruckartig erhob er seine Hände und umklammerte mich. Angewidert erschrak ich mich aber ich musste so tun als wäre nichts gewesen. Nach einiger Zeit lies er mich wieder los. Seine Augen sahen mich mit wieder gefundener Hoffnung an während ich innerlich lachte, doch äußerlich freundlich lächelte. Ich tat einen Schritt zur Seite damit er aufstehen konnte. Auf dem Weg zur Tür hielt ich ihn allerdings auf. Achtsam hielt ich ihn an der Schulter fest weshalb er mich verwirrt anstarrte.
„Es tut mir leid aber meine Aufgabe habe ich noch nicht erledigt es fehlt noch etwas." Sagte ich emotionslos.
„Was denn?" Seine Stimme erstickte fast, doch ich zeigte nur auf die Notiz. Der Mann schlich zum Tisch während ich langsam das Messer zückte. Als er den Zettel nahm und ihn las erstarrte er. Ganz behutsam legte ich die Klinge an seinen Hals. Sein Atem verschnellerte sich, sein Herz raste und seine Knie schlotterten. Kein Wort kam aus seinem Mund. Sachte lies ich das Messer über seinen Oberkörper tanzen. Ab und zu hinterließ ich einen Schnitt in seiner Haut. Jedes Mal, wenn mein Messer seine Haut durchbohrte schrie er auf. Es war wie Musik in meinen Ohren. Als es für mich genug war schmiss ich ihn auf das Bett zurück und machte am Rücken weiter. Nur dort machte ich die Schnitte tiefer sodass man an einigen Stellen sogar seine Knochen herausschimmern sehen konnte. Seine schreie befreiten meinen Körper von Last und setzte mir ein kaltblütiges Lächeln in mein Gesicht. Unsanft drehe ich ihn wieder um und schaue ihm ins Gesicht. Doch er flüstert nur noch ein schwaches,
„Warum tust du mir das an? Ich dachte ich kann dir vertrauen..." Wie aus dem nichts fing ich an zu lachen wurde dann aber schnell wieder ernst und antwortete gehässig.
„Du bist dumm! Du vertraust einer Person, die du nicht kennst und noch nie gesehen hast blind? In deinem nächsten Leben solltest du deine Lebensweise überdenken sonst bist du schnell wieder tot!" Nichtdestotrotz konnte er nicht mehr reagieren so schnell steckte das Messer in seinem Hals. Das Blut spritzte aus seinem Hals auf mich und das Bett. Von dem jungen Mann kam nur noch ein leises stöhnen bevor sein Herz aufhörte zu schlagen. Langsam stand ich vom Bett auf und nahm den Zettel wieder in die Hand. Darauf stand nun:
„Es ist dir die Ehre zuteil geworden dich als Niemand bezeichnen zu lassen. Ohne Gefühle für andere und Erbarmungslosigkeit. Viel Glück beim Weiteren umsehen in meinem Heim."

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