Ein verlockendes Angebot

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(07.04.2016 – London, England)

Es war ein ruhiger Tag in der Baker Street, das knistern des Feuers und die Geräusche eines alten Hauses waren zuweilen das einzige was in dem Wohnzimmer zu vernehmen war das zur Straße hin zeigte. Das harsche Wetter der letzten Tage hatte die meisten Touristen und Anwohner in der trockenen Sicherheit ihrer Hotels beziehungsweise Häuser Zuflucht suchen lassen. Einzig wer nicht anders konnte traute sich vor die Tür.

Wie John Watson zum Beispiel, er hatte das Haus verlassen müssen um an jenem Morgen auf Arbeit zu gehen, sein Mitbewohner, Sherlock Holmes hatte dies nicht gerne gesehen, langweilige graue Tagen neigten dazu noch unerträglicher zu sein wenn der Arzt nicht da war um zur Not für etwas Unterhaltung zu Sorgen, sei es durch das spielen Gehirnzellentötender Brettspiele, das taktvolle Tippen seines kleinen Blogs oder Mails an seine wechselnden Freundinnen oder einfach nur damit Sherlock jemanden hatte mit dem er sich unterhalten könnte.

Er glaubte bereits das das aufregendste was passieren könnte wäre das Mrs Hudson sich entschloss heraufzukommen um ihn mit Tee und Gebäck zwangs zu ernähren als die Klingel an der Vordertür einen schrillen Ton durch die Stille schneiden ließ.

Blitzschnell stand der Detektiv auf, einen Blick durch das Fenster werfen wollend auf den nächsten Klienten welcher sich bei diesem Wetter zu ihm durchgekämpft hatte. Dies musste einfach bedeuten dass dies kein gewöhnlicher Fall von verlegtem Schmuck oder untreuen Ehegatten war. Es musste einfach etwas spannenderes sein, wenn nicht würde ihn die Langeweile noch die Wände hoch treiben.

Sherlock sehnte sich nach einer Aufgabe die seinen Verstand beanspruchte, die ihn einnahm und ihm alles abverlangte, einen Auftrag in dem er sich verlieren und durch sein Genie gerettet werden könnte.

Er hatte ja keine Ahnung in was er geraten würde.

*

Es war gefährlich gewesen nach London zu kommen aber auf der anderen Seite war jeder Tag ihres Lebens gefährlich gewesen. Noch nie war sie eine Straße entlang gegangen ohne sich zu vergewissern ob ihr jemand folgte beziehungsweise welche Gefahren einer Frau wie ihr entgegen kamen. Sie hatte sich dieses Leben nicht ausgesucht aber sie hatte sich abgewöhnt nach Normalität zu hungern.

Allein was ihr Großvater mit ihrer Mutter gemacht hatte... dieser Tag hatte sie gelehrt das es nichts gab was sie tun konnte um diesen Traum jemals leben zu können also hatte sie ihn tief in sich vergraben. Niemals würde er sie gehen lassen, Anu Padar, ihr einzig lebender Verwandter liebte sie nach eigener Aussage zu sehr als das er es jemals zulassen würde das jemand sie mitnahm, aus seinem Leben in ein anderes. Die Drohung, zwar nie ausgesprochen, war darin deutlich zu hören. Jemand schloss sie ein, sie würde ihm niemals entkommen.

Dennoch hatte seine perverse Art der Liebe nicht verhindert was er als nötige Wachstumsschmerzen in der unbarmherzigen Ausbildung für junge Frauen in ihrer Branche ansah. Jede Schwäche war ihr ausgetrieben worden, ersetzt mit einer Stärke oder zumindest mit einer gelernten Lektion. Wie die die ihre Mutter mit dem Leben bezahlt hatte.

In dunklen Gedanken vergraben ging sie an diesem stürmischen Tag auf das Haus des einzigen Mannes zu der ihr vielleicht helfen könnte.

Ihr Name war Suvi Padar.

*

Durch das Fenster hatte er sie nicht mehr sehen können da Mrs Hudson sie bereits herein gelassen hatte also wartete er geduldig in seinem Sessel sitzend auf die zierliche Frau. Er wusste das sie weiblich und nicht schwer war an der Art wie sie ging, ihre Schritte waren bedächtig gesetzt und beinah lautlos. Interessant.

Mrs. Hudsons Stimme, mal wieder ausgeblendet wusch über ihn hinweg als er die Fremde betrachtete die eben jener folgte.

Sie war klein, circa einen Meter und fünfundsechzig, ihre Figur war versteckt unter einem vom regendurchnässten Mantel. Dennoch wusste er das sie mindestens drei Waffen am Körper trug. Eine im hinteren Bund ihrer Jeans in einem entsprechenden Holster. Eine andere in der rechten Innentasche des bereits genannten Mantels und ein Messer versteckt zwischen dem Lammfellfutter und dem Leder ihres Stiefels.

Sherlock und die Tochter des WintersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt