Hier mal wieder eine neue Kurzgeschichte von mir.
Ich bin, mal wieder, im Alu. Doch diesmal sitze ich nicht auf dem Sofa hinter Karl, denn er hat einen Termin. Ich sitze auch nicht mit Ansgar und Fritz auf dem Teppich und mache mir Notizen zu Psychologie. Nein, ich sitze neben Laurenz auf seinem Bett. Wir reden, endlich. Gerade, als ich ihm von der heutigen Französisch-Stunde erzählen will, fällt er mir ins Wort. „Wann treffen wir uns eigentlich, um den zweiten Teil von Herr der Ringe zu schauen?" Ich überlege, gebe dann die Antwort: „Dieses Wochenende? Ich hätte Sonntag Zeit." Laurenz nickt. „Ja, das passt. Bei dir oder bei mir?" Wieder denke ich kurz nach. „Ist mir eigentlich egal." Doch daraufhin antwortet er: „Mir auch. Du entscheidest!" Ich zucke mit den Schultern. „Okay, dann komm ich zu dir?" Er nickt abermals. „Super, dann kommst du so gegen 14.30 Uhr?" „Ja, das passt." Ich drehe meinen Kopf zu ihm und unsere Blicke treffen sich, zum zweiten Mal an diesem Tag. Mir ist diese Situation irgendwie unangenehm, weshalb ich meinen Blick wieder auf den Boden richte.
Das entgeht Laurenz nicht, er fragt: „Was ist denn mit dir los? Du bist schon seit Mittwoch so.. komisch, schaust mich nur noch selten an, redest nicht mehr viel mit mir und manchmal ignorierst du mich einfach." Ich beiße mir auf die Lippe. Damit hat er recht. „Ist irgendwas passiert? Jacky?" Ich seufze und stütze meinen Kopf auf meine Hände, um die Tränen, die mir in die Augen steigen, vor Laurenz zu verstecken. Er legt seinen Arm um mich und fragt diesmal nichts, sondern wartet, bis ich anfange zu reden. Nach ein paar Minuten hebe ich meinen Kopf wieder an und schaue ihm direkt in die Augen. „Ich habe verkackt." Aus seinem Blick kann ich ableiten, dass er die Situation nicht ganz versteht, er lehnt behutsam seine Stirn an meine. So nah war er mir noch nie, ich schaue kurz auf seine Lippen, dann direkt wieder in seine strahlenden Augen. Als er seine Lippen leicht gegen meine stößt, wird es mir zu viel. Ich springe auf, laufe, ohne meine Sachen mitzunehmen, aus dem Zimmer, den Gang entlang, runter auf den Hof. Ich will einfach nur raus.
Dort angekommen stoße ich auf – niemanden, zum Glück. Ich renne alleine über den leeren Hof, um mich dann auf die kalten Steine zu setzen, wo das ganze vor vielen Wochen begann. Nur wenige Sekunden später sehe ich Laurenz aus dem Alu kommen. Er entdeckt mich, läuft schneller auf mich zu und setzt sich neben mich auf den kalten Grund. Einige Zeit herrscht Stille, doch dann: „Möchtest du mir erzählen, was los ist?" Seine Hand nähert sich meiner, ergreift sie, ich ziehe meine nicht weg, sondern lasse die Berührung zu. „Ich denke in letzter Zeit sehr viel nach...", gebe ich vorsichtig zu. Laurenz lacht kurz auf: „Das ist bei dir doch nichts Besonderes!" Doch ich schaue ihm nur nachdenklich in die Augen. „Worüber denkst du denn nach?", hakt er abermals nach, und schließlich gebe ich vollends nach. Endlich lasse ich die Fassade, die ich mir in den letzten Tagen errichtet habe, von mir abfallen und bin ehrlich zu der Person, die mir alles gibt, was ich brauche. „Ich bin mir irgendwie nicht mehr sicher, ob ich....noch in dich.....verliebt bin."
Aus Angst vor seiner Reaktion schaue ich daraufhin erstmal auf den Boden. Nach ein paar Augenblicken der nachdenklichen Stille höre ich seine Stimme: „Oha. Kann ich irgendwas machen, damit du dir wieder sicherer bist?" Ich seufze, denke kurz nach und antworte dann: „Ich weiß nicht..." Noch im selben Moment hebe ich meinen Kopf, treffe sofort auf seinen Blick, und lehne meine Stirn an seine. Vorhin, oben im Alu, hat sich das ganz seltsam angefühlt, aber jetzt, wo die Wahrheit ausgesprochen ist, fühle ich einfach nur das vertraute Kribbeln im Bauch. Mit dem Unterschied, dass es stärker geworden ist... Und genau deswegen schrecke ich dieses Mal auch nicht zurück, als ich seine Lippen an meinen spüre. Im Gegenteil, ich lasse es zu und in meinem Herzen eine Explosion frei. Der magische Moment ist bald wieder vorbei, ganz leise fragt Laurenz: „Und? Bist du dir jetzt sicher?" Ich nicke leicht. „Auf jeden Fall." Auf seinem Gesicht breitet sich mit einem Mal ein breites Lächeln aus. Mir ist gerade klar geworden, dass meine Gefühle für ihn nur eine kleine Pause gemacht haben, die jetzt vorbei ist. Ich will, ich möchte ihn nicht verlieren, ich lege meine Arme um ihn. Nach einigen Momenten der stillen Berührung sage ich: „Ich liebe dich." Darauf reagiert er, indem er die Umarmung beendet, mich mit seinen wunderschönen braunen Augen ansieht und erwidert: „Ich liebe dich auch." Wir legen unsere Arme wieder umeinander und gehen erst nach ein paar Minuten wieder hoch ins Alu.
Eine Stunde später, Laurenz ist bei Konfi und ich bin mit Karl, der in der Zwischenzeit gekommen ist, im Aluzimmer. Er spielt Eastshade, wie immer. Ich sitze auf dem Sofa hinter ihm, auch wie immer. Irgendwann bemerkt Karl: „Ist irgendwas passiert, als ich weg war?" Ich wundere mich über diese Frage und gebe zurück: „Wie kommst du drauf?" Er zuckt mit den Schultern, wobei er sich ein Lächeln nicht verkneifen kann. „Du siehst so...glücklich aus." Daraufhin strahle ich nur noch mehr, sodass Konrad schlussfolgert: „Mit Laurenz? Ich wusste es! Was genau ist passiert?" Auf diese Frage antworte ich nach ein paar Augenblicken: „Wir haben uns..." und Karl vollendet meinen Satz: „...geküsst?" Ich nicke. Er lacht und sagt: „Endlich. Und?" Ich frage: „Was und?" „Naja...kann er gut küssen?" Ich lache ebenfalls und überlege: „Ja, ich würd schon sagen." Genau in diesem Moment geht die Tür auf – Laurenz kommt herein. Er sieht den grinsenden Karl, stellt aber keine Fragen, sondern lächelt mich nur glücklich an.
Eine weitere Stunde später, ich packe meine Sachen und verabschiede mich bei Karl. Jetzt stehe ich unschlüssig an der Tür. Laurenz steht von seinem Bett auf, kommt zu mir und sagt: „Ich komm noch kurz mit raus, okay?" Ich nicke.
Die Tür fällt ins Schloss, wir beide stehen draußen und Laurenz meint: „Das vorhin....war echt schön. Ich meine, so richtig richtig schön. Ich hab's genossen." Ich lächele, nicke und erwidere: „Ich auch. Ich muss jetzt wirklich nach Hause. Bis morgen!" Als ich mich abwende, ergreift Laurenz meine Hand, zieht mich zurück, umarmt mich nochmals und verabschiedet mich mit den Worten: „Bis morgen! Ich freu mich auf dich!" Vom Ende des Ganges aus winke ich ihm zu und rufe: „Ich freu mich auch auf dich! Bis dann!" Er winkt mir ein letztes Mal, dann wende ich mich der Tür zu, verlasse das Gebäude und fahre mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht nach Hause.
Euch noch einen schönen Tag
Justme
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Kurzgeschichten
RomanceHier findet ihr ein paar Kurzgeschichten, die ich schreibe, wenn ich Bock drauf habe. Die Namen der handelnden Personen und die Handlungen sind frei erfunden. Have fun!